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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
Autoren: Susan Wiggs
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jemals von der Affäre erfahren, würde sie ausflippen.
    Oder vielleicht auch nicht. Sie hatte eine Schwäche für Dramen und sagte gerne: „Ich habe immer einen Plan B.“
    Wie sich herausstellen sollte, war Clarissa diejenige, die einen Plan B benötigte. Mit siebzehn war ihr alles genommen worden, was sie ausmachte – inklusive ihres Namens, ihrer Vergangenheit, der wenigen Verbindungen, die sie zu anderen Menschen hatte, einfach alles.
    Sie wagte es nicht, sich zu beschweren. Denn immerhin lebte sie noch.
    Mario und Jo-Jo, ihre beiden Pflegebrüder, hatten nicht so viel Glück. Sie entdeckten, dass Vance Beweise verschwinden ließ und Drogengeld unterschlug. Offensichtlich war das sein Plan, um sich von seiner Frau freizukaufen. Clarissa war entsetzt, auch wenn sie wusste, dass Korruption unter Polizisten gang und gäbe war. Es schien ihr nur so ein Bruch des öffentlichen Vertrauens zu sein. Sie und die Jungs wandten sich an Teresa, und sie war genauso schockiert. „Ich kann nicht meinen eigenen Mann verraten“, sagte sie mit trauriger Miene. „Aber tut, was ihr tun müsst.“
    Sie gab ihnen die Adresse eines kleinen Polizeireviers im Stadtteil South Ward und sagte ihnen, dass sie dort auf einen Beamten der Abteilung für interne Ermittlungen warten sollten, der ihnen helfen würde, das Richtige zu tun. Clarissa verpasste den Bus und rief die Jungs an, um ihnen zu sagen, dass sie verspätet zu dem Treffen käme. Als sie endlich ankam, war es schon beinahe dunkel. Verrammelte Häuser, abweisend aussehende Backsteingebäude und Garagentore aus Stahl, die mit Stacheldraht gesichert waren, dominierten die Nachbarschaft. Zuerst hatte sie gedacht, sie hätte das Treffen verpasst. Dann sah sie drei Typen ungefähr einen halben Block entfernt. Sie wollte sich gerade durch Rufen bemerkbar machen, als ihr auffiel, dass irgendetwas nicht stimmte. Vance Jordan trieb die Jungen in eine nahegelegene Seitenstraße. Er schrie sie an, und sie wirkten total verängstigt. Dann hörte sie, wie Vance fragte: „Wo ist Clarissa?“
    „Sie weiß nichts davon“, sagte Mario. „Ich schwöre bei Gott!“
    Sie erstarrte und drückte sich in die Schatten, während das Brüllen weiterging. Sie fand eine rostige Feuerleiter und zog sich auf die erste Ebene hinauf, wo sie sich hinkauerte und die Seitengasse überblicken konnte. Sie hatte keine Ahnung, was sie als Nächstes tun sollte, also machte sie sich so klein wie möglich und gab keinen Ton von sich. Es gab einen Blitz und ein ploppendes Geräusch, dann fiel Jo-Jo auf den feuchten, ölverschmierten Asphalt.
    Das Problem daran, zwei Menschen umzubringen, war, dass man einen zuerst umbringen musste. Mario wehrte sich. Er hatte ein Messer, vielleicht ein Taschenmesser. Aber es nützte nichts. Innerhalb weniger Sekunden war er so still wie sein Bruder. Clarissa wäre beinahe ohnmächtig geworden bei dem Versuch, ruhig zu bleiben. Tausend Schreie und Schluchzer steckten in ihrer Brust und kämpften darum, herausgelassen zu werden. Er hatte die Jungs erschossen – erst den einen, dann den anderen – und dabei nicht mehr Emotionen gezeigt, als würde er eine Fliege erschlagen. Die Jungs hatten Vance geliebt. Er war ihr Idol gewesen, sie hatten davon geträumt, eines Tages auch zur Polizei zu gehen.
    Vance Jordan säuberte die Umgebung und verwischte jede Spur von sich.
    Schau nicht nach oben, betete sie. Schau nicht nach oben!
    Jordans Hand blutete. Vielleicht war er im Kampf von dem Messer verletzt worden. Er wickelte ein Taschentuch um seine Hand, doch das löste sich immer wieder. Mit abgehackten Bewegungen drehte er die Jungs auf den Rücken und leerte ihre Taschen. Vielleicht wollte er es nach einem Raubüberfall aussehen lassen. Er nutzte etwas, um die Tasche von Marios Jeans abzuschneiden. Natürlich tat er das. Ein Polizeibeamter wusste genau, nach welchen Beweisen man am Schauplatz eines Mordes Ausschau halten musste und welche man besser entfernte.
    Clarissa merkte, dass er Spuren seines eigenen Bluts verschwinden ließ. Dann machte er sich auf den Weg zu seinem Auto. Etwas löste sich aus seinem Bündel und flatterte unbemerkt zu Boden. Er sprang in den Wagen und raste davon. Clarissa stieß eine Reihe panischer Schluchzer aus. Sie stand immer noch unter Schock und konnte kaum klar denken. Halb sprang sie, halb fiel sie von der Feuerleiter. An der Ecke der Gasse, wo die Leichen lagen, schlang sie die Arme um sich und ging zitternd auf und ab.
    Ein oder zwei Autos fuhren
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