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Sommer, Sonne, Ferienglück

Sommer, Sonne, Ferienglück

Titel: Sommer, Sonne, Ferienglück
Autoren: Peter Heim
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geschossen, auf dem Arm ein Tablett mit einer Ladung schmutzigen Geschirrs.
    »Wo ist denn die Pasta?«
    »Mensch, hast du keine Augen? Steht schon auf der Anrichte. – Auch noch Wunder? Was denn noch?« Giulietta warf Theo einen Blick zu, und der bekam wieder knallrote Ohren.
    »Also mir kommt's so vor … Schließlich: Die Wunder von heute haben alle irgend was mit Geld zu tun, stimmt's?«
    »Mit was?«
    Carlo klapperte derartig herum, daß man sein eigenes Wort nicht verstand.
    »Mit Geld!« schrie Theo. »Soldi! Und das haben wir jetzt: Soldi! Giulietta, Kohle, Kröten!«
    Als er sah, wie Carlo jäh die Ohren aufstellte, verstummte er und wartete, bis Carlo mit seiner Ladung draußen war, um den Restbestand der ›Caruso‹-Gäste zu bedienen. »Ich erzähl' dir alles später, Giulietta. Ich seh' du bist viel zu nervös. Nur eines, Giulietta … Ach, meine Giulietta!«
    Nicht einmal auf das ›meine‹ reagierte sie. Auch nicht auf den zärtlichen Blick, mit dem er sie eingedenk von Hedwig Paulis Prädikat – ›ein Goldstück‹ – bedachte. »Eines steht fest: Wir machen weiter! Und ganz groß. Und du, du wirst dabei, na, so 'ne Art Chefin.«
    Doch Giulietta tranchierte völlig unbeeindruckt ob der Neuigkeiten das Fleisch.
    »Nervös soll ich sein, Theo? – Und ob ich nervös bin! Der Trottel von Zafirelli. Hat er nicht angerufen? Ich hab' ihm doch gesagt, er soll sich melden!«
    Wieder wurde es Theo warm ums Herz: Diese Giulietta! Ach, meine Giulietta … Wie sie mitdenkt! Wie loyal sie doch jede Möglichkeit ins Auge faßt, wie sie seine Probleme zu ihren gemacht hat. Ein Goldstück! In Brillanten gefaßt!
    Dann fiel auch ihm etwas ein.
    »Christa meldet sich auch nicht. Die wollte gleichfalls anrufen. Sie ist doch in Venedig bei dieser … dieser Fiorella. Dabei ist die ganze Reise jetzt überflüssig. Sie wollte nämlich …«
    »Weiß schon, was sie wollte. Aber was du hier in der Küche willst, das weiß ich nicht. Los, raus! Und bete zur Madonna oder sonst wem, daß diese Speckburg von Roberto nicht in der nächsten halben Stunde mit dem Bus voll hungriger Mägen aufkreuzt. Denn dann, dann weiß auch ich nicht weiter …«
    ***
    EinSchrei schnitt durch die Nacht. So hoch, so gellend, daß er allen einen Schauer über den Rücken jagte.
    Dabei war's bisher so schön gewesen: Pappeln und Holunder, nächtliche Ruhe am Ziehbrunnen, Frieden im Hof des alten, verlassenen Bauernhauses. Die Silhouetten der Stallungen. Und dieser angenehme Duft nach getrocknetem Pferdemist und wildem Salbei.
    Ein Feuer hatten sie sich gemacht, saßen im Kreis herum, ihre Plastikbecher in der Hand bis zum Rand voll Wein. Roter, angenehmer Bardolino, was sonst?
    Und in der Luft hing außer Salbei- und Pferdemist-Duft auch der angenehme Geruch von getoastetem Brot. Auf die Idee war Otto Bolte gekommen: »Wir werden die Sandwiches einfach übers Feuer halten. Dann schmeckt das prima.«
    Es schmeckte. Selbst die Gurken waren geschält, die Zwiebeln geschnitten, ein Tomatensalat hergerichtet, Salami verteilt, Käse herumgereicht.
    Die Mägen waren gefüllt, die Herzen ruhig. Zusammengewachsen war man, eine Gemeinschaft. Theo Schmidles Saat war aufgegangen, genauso, wie er es sich ausgemalt hatte: Sie dachten an vergangene Pfadfinder-Abenteuer, der Studiendirektor sogar an HJ-Fahrten. Zu was so eine Buspanne alles gut sein kann! Nicht nur Kultur, sogar ein Abenteuer hatte ihnen der Tag beschert. Das war was anderes, als untätig im Hotel rumzuhängen und die Speisekarte zu studieren.
    Es ist indes leider häufig so: Wenn's am schönsten ist, passiert etwas Unangenehmes. Da waren sie nun alle so entspannt gewesen – und dann dieser Schrei!
    Der Schrei eines Menschen in höchster Not.
    Otto Bolte saß kerzengerade: »Das ist die Leni! Das ist meine Frau!«
    Studiendirektor Kienzle, der sich stets und in jeder Situation für alle verantwortlich fühlte, weil man als Beamter im höheren Schuldienst auf ein solches Gefühl gewissermaßen konditioniert wird, Kienzle rannte als erster. Und stolperte über herumliegende Dachziegel.
    Leni Bolte aber schrie zum zweiten Mal. Und noch fürchterlicher, als zuvor.
    »Otto! Otto!« schrie sie.
    Auch die anderen hatten sich erhoben.
    »Ja, was ist denn?«
    Ja, was war? Nach ihrem Unfallsprung vom Bus in den Straßengraben bekam Leni Bolte Schwierigkeiten mit dem Knöchel. Er tat ja auch so verdammt weh. Doch die anderen hatten das Wasser aus dem Ziehbrunnen zunächst dazu benutzt, die
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