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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition)
Autoren: J. Courtney Sullivan
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steht hier. Was soll das denn sein?«
    Maggie blickte so verlegen drein, dass Kathleen in der Kiste schon irgendein abgedrehtes Sexspielzeug vermutete.
    Aber dann sagte Maggie: »Ein Geschenk von Tante Ann Marie.«
    »Sie hat dir doch nicht etwa ein Puppenhaus gekauft.«
    »Nein! Es ist ein Kinderwagen.«
    »Ein Kinderwagen.«
    »Ja, und zwar ein ziemlich schickes Teil, wie’s scheint. Der hat sie sechshundert Dollar gekostet.«
    »Aha. Das ist ja mal ein praktisches Geschenk. Und wie nett von ihr, dir auch gleich zu sagen, wie viel sie dafür bezahlt hat.«
    »Sie hat es mir nicht gesagt. Ist hab’s in der Annonce gelesen.«
    Kathleen spürte ihr Wohlwollen gegenüber Ann Marie ein wenig schrumpften. Vielleicht würde sie doch noch Clare von dem Kuss erzählen. Aber sonst wirklich niemandem. Und Clare würde es auch höchstens Joe erzählen.
    Plötzlich hörten sie hinter sich jemanden die Treppe hochkommen, und ein bildhübsches junges Ding mit kilometerlangen Beinen begrüßte sie.
    »Maggie!«, rief sie. »Endlich bist du wieder da!«
    Kathleen erinnerte sich daran, wie zufrieden und beruhigt sie gewesen war, als sie bei ihrem ersten Besuch bei Maggie nach ihrem Umzug ins College festgestellt hatte, dass Maggie sich schon einen neuen Freundeskreis aufgebaut hatte und sich mit Leuten umgab, die Kathleen gar nicht kannte. Jetzt hatte Maggie es in New York wieder geschafft. Ihre Tochter kam allein gut zurecht. Sie schien in der Unabhängigkeit sogar am besten zu gedeihen. Ganz wie Kathleen selbst.
    »Hey Rhiannon! Das ist meine Mutter. Mama, das ist Rhiannon. Sie wohnt gleich nebenan. Rhiannon hat mich nach Maine gefahren.«
    »Ach so«, sagte Kathleen. »Schön, Sie kennenzulernen.«
    »Ebenso«, sagte das Mädchen. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«
    Kathleen wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    »Und? Was ist hier los gewesen?«, fragte Maggie.
    »Hier ist alles beim Alten. Aber gestern war ich zum ersten Mal auf Governors Island.«
    »Cool«, sagte Maggie. »Du, ich hätte dich längst anrufen sollen, aber du kannst dir ja denken, dass ich ziemlich viel im Kopf gehabt habe.«
    Seltsam, wie leicht ihr diese Worte über die Lippen gingen, wenn sie im Treppenhaus mit einer Bekannten sprach. Kathleen hatte sie das noch nicht gesagt.
    »Ich wollte mich für meine Reaktion entschuldigen, als du –«
    Rhiannon unterbrach sie: »Nein, nein, ich muss mich entschuldigen. Ich hätte dir das nicht erzählen sollen. Ich war ein bisschen betrunken und hatte das nicht richtig durchdacht.«
    »Aber du hast mich dadurch wahrscheinlich davor bewahrt ihn anzuflehen, zu mir zurückzukommen«, sagte Maggie.
    Wovon redeten die?
    Jetzt umarmten sich die beiden, und Rhiannon legte Maggie die Hand auf den Bauch.
    »Hallo, kleiner Nachbar«, sagte sie.
    Also hatte Maggie es ihr zuerst erzählt. Kathleen versuchte, sich davon nicht stören zu lassen.
    Als sie in der Wohnung waren, fragte sie: »Worum ging’s denn da?«
    Maggie stöhnte: »Rhiannon arbeitet in einem Restaurant, und Gabe und ich haben sie da mal besucht. Und während ich auf der Toilette war, soll er sie begrapscht haben und versucht haben, sie zu küssen.«
    Kathleen nickte. Jetzt wünschte sie sich, sie würde noch trinken. Dann würde sie jetzt nämlich eine halbe Flasche Gin kippen, zu diesem kleinen Arschloch rüberfahren und sein Auto in Altmetall verwandeln oder ihn ganz ruhig bitten, mit ihr auf die Straße herunterzukommen und ihn dann mit ihrer Handtasche grün und blau schlagen. Ach, die guten alten Zeiten.
    »Er ist einfach ein Idiot«, sagte Maggie.
    »Das kann man wohl sagen.«
    Sie war erleichtert, dass Maggie klug genug war, nicht zu ihm zurück zu wollen. Aber ihre Tochter tat ihr auch leid. Durch das Kind würde sie für den Rest ihres Lebens mit Gabe verbunden sein. Es gab zwischen den beiden so viel zu klären, aber wahrscheinlich würden sie erst wissen, was die wichtigsten Probleme waren, wenn sie schon mitten drin saßen. Von den Lösungen ganz zu schweigen.
    »Kann ich dich was fragen?« Kathleen wartete die Antwort nicht ab: »War es ein Unfall oder bist du absichtlich schwanger geworden?«
    »Ein bisschen von beidem«, sagte Maggie. »Man könnte sagen, dass ich das Schicksal herausgefordert habe. Ich hatte irgendwie das Gefühl, festzustecken und brauchte einen Anstoß. Egal, in welche Richtung. Das muss ziemlich verrückt klingen.«
    »Du schaffst das schon«, sagte Kathleen vielleicht mehr zu sich selbst als zu ihrer
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