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Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Sommer in Maine: Roman (German Edition)

Titel: Sommer in Maine: Roman (German Edition)
Autoren: J. Courtney Sullivan
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verdanken war. In Maggies Generation standen auch einem Mädchen alle Türen offen. Das war in Kathleens Generation weiß Gott anders gewesen, geschweige denn in Alices. Die Welt, die Kathleen ihrer Enkelin hinterlassen würde, würde so viel besser sein. Plötzlich empfand sie eine Vorfreude, die sie selbst überraschte.
    Am Abend zuvor hatte sie Maggie nach dem Abendessen widerwillig zum Feuerwerk nach Portsmouth begleitet. Kaum waren sie angekommen, musste Maggie auf die Toilette, also suchten sie sich vor den Dixi-Klos die kürzeste Schlange. Sie sprachen kaum ein Wort. Im Restaurant hatte Kathleen abermals ihren Plan vorgestellt, und Maggie hatte wieder abgelehnt. Diesmal auf nicht besonders nette Weise, worin Kathleen zunächst Alices schlechten Einfluss gesehen hatte. Aber dann brachte sie sich in Erinnerung, dass gerade alle möglichen Hormone im Körper ihrer süßen kleinen Tochter herumschwirrten.
    »Ihr wohnt in einem Saustall«, hatte Maggie gesagt, während Kathleen bezahlte. »Das muss der mit Abstand schlechteste Ort für ein krabbelndes Baby sein.«
    »Also normalerweise krabbeln Babys nicht gleich nach der Geburt«, sagte Kathleen.
    »Meinetwegen: Dann ist es der schlechteste Ort für ein Kind, ob es krabbelt oder nicht. Verdammt, Gabe hat sich fast nicht getraut, da auch nur zu übernachten.«
    Dann entschuldigte Maggie sich, aber es war schon zu spät.
    So schlimm konnte es doch bei ihnen nicht sein. Oder doch?
    »Es tut mir wirklich leid, sollte mein Dreck den armen Gabe irritiert haben.«
    Während der Autofahrt nach Portsmouth sagte keiner ein Wort. Erst in der Schlange vor den Toiletten brach Kathleen das Schweigen: »Mein Bruder und ein paar Kumpels wurden mal von der Uni suspendiert, weil sie so ein Ding umgekippt haben. Mit einem Freund drin.«
    »Wie widerlich«, sagte Maggie.
    »Kann man wohl sagen. Pat war ein ziemlich schlimmer Junge, bis Ann Marie daherkam und alles, was an ihm witzig war, aus ihm rausgekocht hat.«
    »Also ich würde das nicht unbedingt witzig nennen«, sagte Maggie.
    »Stimmt auch wieder.«
    »Chris wäre auch ein Kandidat für so eine Aktion«, sagte Maggie.
    »Oh Gott, das ist wahr. Bei dem Gedanken wird einem Angst und Bange, aber recht hast du.« Sie legte den Arm um Maggie.
    Maggie nickte, und sie blieben so stehen, bis sie an der Reihe war.
    »Wehe, du kippst meine Kabine um«, sagte sie über die Schulter und ging furchtlos auf die stinkende Plastikbox zu.
    »Tja, du hättest eben nicht sagen sollen, dass ich in einem Saustall lebe«, sagte Kathleen und streckte ihrer Tochter die Zunge raus.
    Dann stand sie eine gefühlte Ewigkeit da und guckte in die Menge. Hier küsste sich ein junges Paar, da ging eine schnatternde Mädchenschar. Dort jagten junge Eltern ihren Nachwuchs den Weg entlang, und da lagen ältere lesend auf einer Decke im Gras und aßen Pizza und alufolienverpackte Sandwiches, während ihre Kinder mit ihren Handys herumfummelten. Sie sah eine Gruppe Jugendlicher, die darum wetteiferten, wer sich die meisten Leuchtstäbe in den Mund schieben konnte. Reizende Kinderlein.
    Kathleen blickte zu dem Dixi-Klo rüber, in dem Maggie verschwunden war. Warum dauerte das so lange? Hoffentlich war alles in Ordnung. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie hinter der dünnen Tür ein brutaler Killer seine behandschuhte Linke auf Maggies Mund drückte.
    Sie verjagte die Vorstellung.
    Als Chris und Maggie noch klein waren, hatte sie mindestens einmal pro Woche eine kleine Panikattacke gehabt, weil sie dachte, eines der Kinder sei entführt worden. Wenn sie im Supermarkt Chris nicht mehr sehen konnte, fing ihr Herz zu rasen an, und sie malte sich augenblicklich die scheußlichsten Szenarien aus. Einen Augenblick später stand er dann meist freudestrahlend mit einer Packung Kekse im Arm vor ihr, die sie ihm dann bereitwillig überließ. Sozusagen als Belohnung dafür, dass er sich nicht hatte kidnappen lassen und so nicht nur sein, sondern auch ihr Leben gerettet hatte.
    Kathleen warf einen Blick auf die Uhr. Als sie wieder aufsah, entdeckte sie zwei Schlangen weiter den Freund ihres Bruders, Steve Brewer, und hoffte, dass er sie nicht bemerken würde. Sie hatte überhaupt kein Interesse sich mit einem Mann zu unterhalten, der freiwillig Zeit mit ihrem Bruder und ihrer Schwägerin verbrachte.
    Wenn man vom Teufel sprach: Da drängte Ann Marie sich ja schon durch die Menge. Sie wankte und sah betrunken aus. Nicht beschwipst oder als hätte sie ein bisschen zu tief ins
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