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Some like it heiß

Some like it heiß

Titel: Some like it heiß
Autoren: Gayle Tufts
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dass Luft
die
deutsche Antwort ist – auf alles: »Komm, wir lüften fünf Minuten, dann wird alles wieder besser! Komm, wir schnappen ein bisschen frische Luft!«
    Luftschnappen ist ein Tu-Wort – ein total fremdes Konzept für Amerikaner. Wir verstehen nicht, warum ihr zehn Minuten zum Strand gehen wollt, wenn man in zwei Minuten mit dem Auto dort ist. Ihr seid Weltmeister im Spazierengehen. Spazierengehen als Freizeitbeschäftigung – unglaublich! Sonntagnachmittags geht ganz Deutschland spazieren – egal wo, egal welches Wetter. Ich habe letzten Sommer an der Nordsee ganze Familien gesehen – von Kopf bis Fuß in Jack-Wolfskin-Sympatex-Klamotten gekleidet – durch strömenden Regen gehend, um Luft zu schnappen: Wir haben bezahlt für diesen Scheißurlaub, wir schnappen jetzt ein bisschen frische Luft!
    Das kennen wir überhaupt nicht in Amerika. Das erste Mal, als jemand das Wort Stoßlüftenbenutzte, war ich schockiert, weil es
noch
obszöner klingt als Fingerfood oder Aftershowparty.
    Manchmal glaube ich, dass ich nach Deutschland gekommen bin, so that meine Seele could schnapp ein bisschen frische Luft. Und dann stelle ich mir vor, wie ich früh morgens an der Tür meiner Schwester klingle, wir holen unsere Mutter ab und machen gemeinsam mit Auntie Margaret eine Power-Walking-Runde um die Krumme Lanke. Es würde unseren Seelen guttun.

14. EVERYBODY’S SHOWGIRL
    Hey Dichter! Hey Denker! Hey Deutschland, here I come!
    Now I am your Showgirl, und you are my Publikum!
    Zusammen sind wir stärker, as we’d ever be allein.
    I’m Everybody’s Showgirl, so let’s have a real good time!
    Es war Februar und fast so weit. Wir waren mitten in der Generalprobe von »Everybody’s Showgirl« im Admiralspalast in Berlin und übten »Gayle: das Musical«. Ich hatte mit dem Komponisten Thomas Zaufke eine ironische, aber liebevolle siebeneinhalbminütige musikalische Zusammenfassungmeines bisherigen Lebens geschrieben, um Deutschland zu zeigen, who the fuck I am.
    Es war ein richtiges Musical, eine Mini-Showin-Show in fünf rasanten Akten. Meine Regisseurin und Choreographin Melissa King inszenierte es als einen Wirbel voller Humor und Glamour, voller Kostümwechsel und Requisitenchaos. Es gab ein tanzendes Empire State Building aus Sperrholz – unter dem nur die hübschen Beine meiner Regieassistentin, einer australischen Ballerina, zu sehen waren – und am Ende, über mir, meinen Namen in Lichtern.
    Melissa ist eine Ex-Bob-Fosse-Tänzerin und eine Absolventin der Yale University. Sie ist eine sexy und zärtliche Perfektionistin und erwartet, selbst hundertprozentig konzentriert, vollen Einsatz und höchste Präzision von ihren Darstellern. Alles sollte fließend und einfach erscheinen, war aber kompliziert und ineinander verzahnt. Eine falsche Bewegung würde einen dramatischen Dominoeffekt verursachen. Ich war extrem nervös und dachte an Carol Thomas und The Brockton High School Drama Club. Es war Jahrzehnte her, dass ich auf der Schulbühne gestanden hatte, aber ich fühlte mich genau wie damals: Ich wollte kein Klumpen sein.
    Damit das nicht passierte, hatte ich mir einen Sicherheitsgurt um die Show genäht. Weil ich so vergesslich bin, habe ich einfach offen über meine Vergesslichkeit gesprochen. Manchmal war das nur gespielt, und das Vergessen diente als Überleitung zum nächsten Thema, manchmal aber war es echt. Dann holte ich meine zweiundzwanzigjährige Praktikantin auf die Bühne, als Souffleuse und seelische Unterstützung.
    Als sich der Premierenabend näherte, fragte ich mich, warum ich mir das alles antat. Ich war endgültig fertig mit den Nerven.
Ich
sollte ein Showgirl sein?
Wie
? Mein Körper tat von Kopf bis Fuß weh. In meiner Hormonhölle, zwischen transatlantischen Flügen, Lampenfieber, der Totenwache für meine Mutter, Produktionsproblemen und genereller Versagensangst war ich ein Wrack. Ich fand Trost bei einem gefährlichen Cocktail aus Kohlenhydraten und Krankenhausserien. Jeden Abend nach den Proben saß ich vor dem Fernseher mit einem Riesenteller Pasta und glotzte staffelweise »Grey’s Anatomy«. Wenn die dauerüberforderte und etwas depressive Kindweib-Chirurgin Merideth Grey im perfekt beleuchteten OP-Saal eine Bombe im Körper eines Terroristen entschärfen konnte undgleichzeitig einen Heiratsantrag von McDreamy bekam, konnte ich es vielleicht auch schaffen.
    Mein Couch-Kartoffel-Körper gefiel meiner innersten Babuschka überhaupt nicht. Ich war dicker als je zuvor, und sie
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