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Some like it heiß

Some like it heiß

Titel: Some like it heiß
Autoren: Gayle Tufts
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aufgehört zu rauchen – mit achtzig, was ich tapfer, aber sinnlos fand. Nach über sechzig Jahren als Raucherin hatte sie ein Lungenemphysem und bekam dadurch eine Klarheit und Entschlossenheit, die wir vorher nie erlebt hatten. Sie wechselte ihren Vornamen zu Cate – wie Cate Blanchett, die Schauspielerin. Wir hatten Ma bisher immer Kay genannt. Meine Cousinen sagten Auntie Kay, mein Vater Kaysie, Cutie oder Cutes. Sie war Cathy als junges Mädchen. Aber jetzt wollte sie Cate sein – kurz, knapp, klar.
    Und Cate wollte ins Meer. Deswegen standen wir drei klitschnass und weinend auf glitschigen Felsbrocken und ließen los, Handvoll um Handvoll.
    Aus purer Angst, ein weiteres Familienmitglied an die stürmische Brandung zu verlieren, stützten wir einander ab – mein Bruder hinter meinem Rücken, unsere Arme um unsere Schwester gelegt. Wir waren wacklig – körperlichund seelisch – und brauchten einander, um den Halt nicht zu verlieren. Wie seltsam, diese erzwungene Intimität, diese Wiedervereinigung der Geschwisterkörper – wie damals im Autokino mit Flanellpyjama und Popcorn bei »Viva Las Vegas« 1964.
    Unsere Eltern hatten uns auf einen Haufen Decken, Kopfkissen und Kuscheltiere hinten in den Geländewagen geworfen, um Elvis’ Sommerkinohit anzuschauen, auf einer Riesenleinwand auf einem Parkplatz in der Nähe von Pleasant Beach. Mein Vater freute sich über die Musik und ein kaltes Bier, meine Mutter über einen Abend ohne Kochen. Mary Ann war elf und wollte mit den Jungs im Auto nebenan flirten, Ralph war sieben und wollte draußen spielen, und ich war vier, erschöpft von einem langen Strandtag, total überdreht vom Konzept Autokino, eingeklemmt zwischen meinen Geschwistern und tief schlafend, lange bevor der Film anfing, eingekuschelt in Geborgenheit und Popcornreste.
    Jetzt waren wir noch einmal zusammengequetscht – und ich fand Trost bei diesen vertrauten, fremden, fast vergessenen Körpern. Wir waren zusammen, aber trotzdem irgendwie allein. Wir mussten Abschied nehmen, und unsereAbschiede waren so unterschiedlich wie unsere Beziehungen zu Ma.
    »Fuck!«, schrie Ralph, als er eine Aschewolke von seinem Mund wegpustete. Der Wind blies immer stärker Richtung Strand, und egal wie kräftig mein Bruder warf, Ma kehrte wieder zurück. Er sah aus wie ein erschöpfter Schornsteinfeger beim Baseballspiel. Er konnte sie einfach nicht loslassen, oder sie wollte ihn nicht verlassen. Mutter-Sohn-Beziehungen sind immer etwas Besonderes, aber die beiden waren unzertrennlich.
    Mein Bruder wohnte bei meiner Mutter, bis er fünfunddreißig war. 1978, als mein Vater starb, waren wir drei eigentlich ausgezogen. Meine Schwester wohnte längst in einer Post-Hippie-Wohngemeinschaft nicht weit von Pleasant Beach, ich war unterwegs nach New York City, um zu studieren, und Ralph wollte nach Oregon, in den Wilden Westen, ein großer Umzug nach einer unerwartet abgebrochenen Verlobung und einem gebrochenen Herzen. Aber aufgrund von Treue, Pflichtgefühl und einer immer stärkeren Kokainabhängigkeit blieb mein Bruder zu Hause. He helped her with her widowhood, she helped him bei seiner durch Kokain verursachtenGehirnblutung. Zehn Jahre lang wohnten die beiden in einer Art WG, ein seltsames Paar mit zueinander passenden Fernsehsesseln.
    Jetzt stand ein zweiundfünfzigjähriger Mann, Gatte und Familienvater neben mir und kämpfte gegen Wind, Tränen und mit einem verdammt kleinen Samtbeutelchen. Er wurde langsam wütend, und plötzlich sah ich Ralph mit zwölf. Er stand knöcheltief im Wasser mit einem Kabeljau in der Hose! Der Fisch hatte sich während seiner mittäglichen Schwimmrunde zufällig in seine Badeshorts gedrängelt. Es war Ralph megapeinlich, aber er wollte nicht vor allen seine Shorts ausziehen – das wäre für einen pubertierenden American Boy fast schlimmer gewesen als die Todesstrafe – aber er wollte auch nicht seinen gerade erst entdeckten Penis als Fischfutter verlieren. Blitzschnell rannte Ma in die Wellen, und mit dem gleichen flinken Griff, mit dem sie Tausende von Windeln gewechselt hatte, riss sie mit einer Hand die Hose unter, schnappte mit der anderen den zappelnden Fisch und warf ihn zurück ins Wasser. Ich schrie lauthals auf, und mein Bruder schmiss sich auf den Boden, als mehrere Strandnachbarn applaudierten. Meine Mutter schwang ein großes Badetuch überRalphs nackten Po und sagte einfach: »What was I gonna do? Grill it?«
    Die wiederkehrende Asche sprenkelte Ralphs Gesicht wie die
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