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Soldner

Soldner

Titel: Soldner
Autoren: Howell Morgan
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Brandzeichen beweist, dass du gelogen hast.«
    »Ja, ich habe gelogen«, erwiderte der Murdant. »Aber jetzt, da du gebrandmarkt bist, gibt es keinen Grund mehr dafür.«
    »Wir sind hier fertig«, sagte der Tolum. »Kettet sie an die andere Frau, und dann Abmarsch. Morgen müssen wir zurück sein.«
    Ein Söldner trat an den Baum, an dem die Frau lehnte, und zog sie auf die Beine. Nun erst sah Dar, dass die Unterschenkel und Handgelenke der Fremden gefesselt waren. Ein Eisenring schlang sich um ihren Hals. An dem Ring war eine schwere Kette mit mehreren Glöckchen befestigt. Der Söldner nahm der Frau zwar die Fesseln ab, doch nicht den Ring. Er zog sie an der Kette zu Dar hin. Am anderen Ende der Kette befand sich ein zweiter Ring, den er um Dars Hals legte und verschloss. »Das hier trägst du, bis du bei deiner Einheit bist.«

    Die Kette war zwar nicht allzu schwer, doch Dar begriff, dass sie jede Flucht erschwerte. Die Glöckchen waren laut. Wenn man davonlief, würden sie viel Lärm machen. Sie näherte sich der Fremden am anderen Ende. Sie schien mehrere Jahre jünger zu sein. Ihre Mitgefangene war nach Hochlandmaßstäben gut gekleidet; ihre Sachen waren sauber und fast neu. Außerdem trug sie Schuhe. Die junge Frau erwiderte Dars Blick. Ihre Augen waren unter dem entzündeten Brandzeichen auf der Stirn vom Weinen rot und geschwollen.
    Dar versuchte trotz ihrer Schmerzen ein Lächeln. »Ich heiße Dar.«
    »Leela«, erwiderte die junge Frau fast lautlos.
    »Abmarsch«, befahl der schon wieder auf seinem Pferd sitzende Tolum. Er gab seinem Ross die Sporen und legte ein flottes Tempo vor, mit dem seine Leute und die Frauen mithalten mussten.
    Dar hob die Kette an, damit sich niemand verhedderte und sie neben Leela gehen konnte. Beim Laufen sah sie, dass Leelas Wangen tränenüberströmt waren.
    »Es wird schon wieder«, sagte Dar.
    Leela schenkte ihr einen leeren Blick. Dar streichelte sanft über den Arm der jungen Frau, doch die zeigte keine Reaktion. Ihr Gesicht offenbarte nur Trauer, und diese Trostlosigkeit ließ Dar sich fragen, auf welche Weise Leela wohl von ihrer Familie Abschied genommen hatte. Das Bündel, das Thess ihr gereicht hatte, war ein Hinweis. Dar hatte es zur Mittagsstunde untersucht. Der abgetragene Umhang umhüllte ein zweites Unterkleid und ein Hemdkleid, das noch verschlissener war als das, was sie am Leibe trug. Ihre Schuhe und ihr gutes Hemdkleid gehörten nicht dazu, ebenso wenig die Perlen, die sie von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. Leelas Kleider sprachen hingegen von einem liebevollen Abschied –
von einem Abschied, der in Dar sowohl Neid als auch Mitleid hervorrief.
    Bald ließ das Tempo, das der Tolum vorlegte, Dar keuchen, sodass sie erst gar keine Unterhaltung in Angriff nahm. Sie trottete vorwärts, in Gedanken bei ihrem eigenen Unglück und nur damit beschäftigt, mit den anderen Schritt zu halten.

2

    DIE SONNE STAND NIEDRIG, als der Tolum den Halt für die Nacht befahl. Während die Söldner das Lager aufschlugen, durften Leela und Dar sich ausruhen. Man zündete ein Feuer an. In einem kleinen Topf wurden Körner zu Haferbrei zerkocht. Dies war das Abendessen für alle, außer für den Tolum, der Wein und Käse bekam. Die Söldner aßen zuerst, dann reichten sie Dar und Leela den Topf, und sie holten sich mit den Fingern heraus, was übrig geblieben war. Als ein Soldat kam, um den Topf zurückzuholen, sagte er zu Dar: »Geht in die Büsche, bevor ich euch für die Nacht ankette.«
    Nachdem Dar sich ins Unterholz gehockt hatte, legte der Mann eine Fessel um ihren Unterschenkel, zog eine Kette um einen dicken Baumstamm und verband beide Enden mit der Fessel. Da Leela schon an Dar gekettet war, brauchte er sie nicht weiter anzubinden. Nach getaner Arbeit kehrte er zu seinen Kameraden ans Lagerfeuer zurück.
    Dar legte sich auf den Boden. »Komm mit unter meinen Umhang. Dann haben wir es wärmer.«
    Leela kam näher, legte sich aber nicht hin. »Morgen übergibt
uns der Tolum den Orks«, sagte mit ängstlicher Stimme. »Den Orks !«
    »Vielleicht sind sie gar nicht so schlimm, wie die Geschichten behaupten«, sagte Dar.
    »Sie sind Dämonen, keine Menschen.«
    »Ein schlechter Ruf ist im Kampf ein Vorteil. Vielleicht setzt der König sie nur ein, weil sie seinen Widersachern Angst machen. «
    »Sie haben sich ihren Ruf verdient«, hauchte Leela. »Weil sie Menschenfleisch essen.«
    »Wer sagt denn so etwas?«
    »Mein Vetter hat einen Freund. Dessen Bruder hat es
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