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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst
Autoren: Antje Szillat
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davon.
    »Stimmt das? Hast du damit angefangen?«, rief Frau Schlüter ihm hinterher.
    Doch Konstantin versicherte ihr: »Sehen Sie, jetzt haut er einfach ab. So ist das immer mit dem. Wenn’s brenzlig wird, macht er sich aus dem Staub.«
    Jérôme war bereits um die Ecke gebogen und konnte deshalb nicht mehr hören, was Frau Schlüter darauf erwiderte. Er beschloss, den Rest des Wegs zu laufen. Denn als Feigling abgestempelt zu werden, war ihm allemal lieber, als sich mit diesen Trotteln zu prügeln.
    Kurz vorm Hof fiel ihm in der Ferne eine Gestalt auf einem Pferd auf. Jemand kam im gestreckten Galopp quer über die Wiese auf ihn zugeritten.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er erkannte, dass es sich bei der Reiterin um Anna handelte. Hektisch schauteer sich nach den drei Typen um. Aber sie waren ihm Gott sei Dank nicht gefolgt.
    »Hi, Jérôme!«, rief Anna atemlos.
    Sie strahlte ihn an, mit gerötetem Gesicht und Schweißperlen auf der Stirn, die sie sich im nächsten Moment mit dem Handrücken wegwischte. »Wow, was für ein Ausritt«, schwärmte sie.
    Jérôme konnte nichts darauf erwidern. Er konnte sie einfach nur anstarren, während ihm abwechselnd heiß und kalt wurde. – Heiß, weil es jedes Mal, wenn er sie ansah, so schien, als ob eine gewaltige Explosion in seinem Herzen losginge. Kalt, weil ihm Konstantins Drohungen noch in den Ohren nachklangen.
    »Du fragst dich sicher, warum ich nicht in der Schule war, oder?«, redete Anna fröhlich weiter.
    Jérôme nickte mechanisch.
    Sie musterte ihn skeptisch. »Ist was mit dir? Du guckst so komisch.«
    »Alles okay«, murmelte er und merkte, wie sein Hals ganz trocken wurde und seine Handinnenflächen zu schwitzen begannen.
    »Hm …«, machte sie. »Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?«
    Jérôme nickte. »Es ist nichts. Wirklich«, beeilte er sich, ihr zu versichern.
    Sie lächelte und Jérômes Gesichtszüge entspannten sich ein wenig.
    »Und warum warst du nicht in der Schule?«, fragte er.
    Mit einem Schlag war die Fröhlichkeit aus Annas Gesicht verschwunden. »Bei uns wurde heute Nacht im Pferdestall eingebrochen.« Sie atmete tief durch. »Ich habe den Einbrecherüberrascht und dadurch höchstwahrscheinlich in die Flucht geschlagen.«
    »Was?« Jérôme riss entsetzt die Augen auf. »Bei euch wurde eingebrochen?«, rief er. »Ist dir was passiert … I-ich meine, ähm …« Er brach ab und Anna konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Nö«, murmelte sie verschmitzt, »alles noch da. Und ich auch, wie du siehst.«
    Jérôme fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Hast du den Einbrecher erkannt?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Nein. Es ging alles so schnell und ich habe mich so entsetzlich erschrocken und wie verrückt losgeschrien. Dann war der Typ auch schon weg und meine Eltern standen neben mir.«
    »Der Typ? Also hast du doch was erkannt?«
    Erneut schüttelte Anna den Kopf. »Ich habe wirklich nur einen Schatten gesehen. Aber irgendwie hat der mich an jemanden erinnert, und deshalb gehe ich davon aus, dass der Einbrecher männlich war.«
    »Und die Polizei?«, wollte Jérôme wissen. »Habt ihr die verständigt?«
    »Na klar.« Anna rollte mit den Augen. »Deswegen bin ich ja heute nicht zur Schule. Die haben mich ewig lange befragt und anschließend unseren kompletten Stall auf den Kopf gestellt. Als die endlich weg waren, war ich so erledigt, da war Schule einfach nicht mehr drin.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Der eine Polizist, Jansen oder so ähnlich, meinte übrigens, dass es vielleicht der Pferderipper war«, erzählte Anna weiter.
    »Aber im Stall?«, dachte Jérôme laut nach. »Bislang hat dieser Psycho doch immer auf der Weide zugeschlagen.«
    Angewidert verzog Anna das Gesicht. Dann klopfte sie ihrem Pferd zärtlich den Hals. »Was es doch für abartig kranke Typen gibt. Sich an wehrlosen Tieren zu vergreifen. Boah, wenn ich mir vorstelle, der hätte unseren Pferden etwas angetan …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende und zog fröstelnd die Schultern hoch.
    »Ist dir kalt?«, fragte Jérôme sofort. »Soll ich reinlaufen und dir eine Jacke holen?«
    Anna schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein danke, es geht schon. Langsam, aber sicher macht sich wohl die Müdigkeit bei mir bemerkbar.«
    »Hast du denn gar nicht mehr geschlafen?«
    »Ich war viel zu aufgedreht.«
    Jérôme wusste genau, was sie meinte. Schließlich hatte auch er die halbe Nacht wach gelegen. Wenn auch aus ganz anderen
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