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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Wenn ich zurück bin, wirst du ausgebrütet haben. (Bin gespannt, ob es wirklich das letzte Mal sein wird!) Es umarmt Dich Deine Feda.«
    Dank Alberts hervorragenden Beziehungen und Feodoras sofortigem Einverständnis, eine beträchtliche Summe für einen wohltätigen Zweck zu spenden, war die Gerichtsverhandlung nach ein paar Minuten beendet – zum großen Ärger einiger Marktweiber, die sich für dieses Ereignis extra frei genommen und den Gerichtssaal bevölkert hatten. Man hatte sich einen unterhaltsamen Vormittag versprochen, und nun das! »Das ist doch keene Strafe nich für die«, rief eineaufgebracht, und eine andere schrie: »Die hat doch mehr Jeld als wie unsereins Flöhe.«
    Aber der Richter ließ seinen Hammer niedersausen, und als er zum dritten Mal rief: »Die Verhandlung ist geschlossen«, räumte man unter lautem Schimpfen den Saal.
    »Siehst du, Albertchen, ich wusste es doch. Die Einzigen, die von der ganzen Aufregung profitieren, sind die alte Merz mit ihrem Heim für Obdachlose und du mit deinem Honorar«, sagte Feodora.
    »Das brauche ich auch«, erwiderte Albert. »Wo ich jetzt ein Maul mehr stopfen muss. Vorhin hat mich eine Depesche erreicht. Wir haben heute Morgen eine Tochter bekommen. Willst du nicht mitkommen nach Insterburg und sie dir ansehen? Ida wäre selig.«
    »Herzlichen Glückwunsch euch beiden.« Feodora drückte seinen Arm. »Aber das geht nicht. Leider! Mein Gepäck ist schon am Bahnhof. Ich reise mit dem nächsten Zug. Doch sobald ich wieder hier bin, ich denke, es wird wohl Ostern sein, komme ich nach Insterburg, um euren Neuzugang zu begutachten. Wie soll sie denn heißen?«
    »Wir werden sie Martha nennen«, sagte Albert.
    Die nächsten Wochen verbrachte Feodora bei Freunden in Potsdam und der Mark Brandenburg, und zum Abschluss fuhr sie noch einige Tage nach Berlin. In der Hartungschen Zeitung war vor einiger Zeit ein Artikel über ihren Freund Corinth erschienen. »Ein Sohn unserer Stadt, Lovis Corinth, hat in Berlin mit seinem neuesten Werk, der Salome , seinen künstlerischen Durchbruch geschafft. Mit seinen Akten und den Schlachthausszenen hat er schon länger für Aufsehen gesorgt, aber mit der Salome scheint ihm nun ein Meisterwerk gelungen zu sein. Er wird in der Hauptstadt als großerKünstler gefeiert.« Feodora wollte sich dieses neue Werk unbedingt ansehen.
    Die Wochen vergingen wie im Flug. Vor allem Berlin war aufregend. Georg sah sie kaum. Er ging in seiner Rolle als Jünger seines Meisters Stefan George vollends auf.
    Umso öfter traf sie Corinth. Über Nacht war er durch seine Salome tatsächlich ein gefeierter Künstler geworden. »Stell dir vor, Feda, in Wahnmoching, ausgerechnet in diesem Sündenpfuhl … ha!« Er schlug sich wütend auf die Schenkel. »… da hat man meine Salome als vulgär abgetan, kannst du das verstehen?«
    Feodora konnte! Auch für sie sah diese Frau auf dem Gemälde wie ein Halbweltflittchen aus, aber sie hütete sich, das auszusprechen. Im Gegenteil. »Ich freue mich für dich, Lovis«, sagte sie. »Das Bild ist wunderbar. München ist eben Provinz und Berlin eine Weltstadt.«
    »Du sagst es.« Feodora sprach Corinth aus der Seele. »Hier in Berlin versteht man mich!« Sein grobes Gesicht wurde ganz weich. »Ich habe Porträtaufträge!«, sagte er, als könne er es selbst kaum glauben. »Der Rubel rollt, Feda!«
    Corinth hatte, seitdem Feodora ihn zuletzt gesehen hatte, eine wundersame Veränderung durchgemacht. War er in München noch ein rüpelhafter Lüstling gewesen, nachlässig gekleidet und bekannt für seine derben Scherze, so hatte ihn der Erfolg in der Hauptstadt in einen Salonlöwen in Frack und Lackschuhen verwandelt, aber ohne seine hinterwäldlerischen Manieren abgelegt zu haben. Er soff und fraß wie ein Scheunendrescher, hielt laute, flammende Reden und tanzte wild und ausgelassen. Er war eine Kuriosität, der neue Liebling der Berliner Gesellschaft – zügellos und amüsant, ein gern gesehener Gast in allen Salons der Stadt. Aber auchbei den zahlreichen Künstlern ging er ein und aus. Feodora schaffte es kaum, Luft zu holen – er schleppte sie überall mit hin. Kein Tag verging ohne eine oder mehrere Einladungen.
    »Ich muss für Idas Töchterchen ein Taufkleid kaufen. Würdest du mich bitte zu Gerson begleiten«, bat sie Corinth zwischen einem Mittag- und einem Abendessen. »Ohne dieses Kleid kann ich die Stadt nicht verlassen.« Ihre Ida liebte solchen Firlefanz, wie Albert das nannte.
    Manchmal fuhren sie
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