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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Insterburger noch nie gesehen hatten. Und Ida war mit ihrem fünften Kind schwanger. »Möchtest du nicht doch Patin von meinem hoffentlich letzten Kind werden?«, hatte sie Feodora gefragt.
    »Nein, wirklich nicht! Und da es, wie du meinst, ja wohl dein letztes sein wird, wirst du mich wohl auch Gott sei Dank nicht mehr darum bitten müssen.« Waren ihre Worte womöglich ein wenig zu scharf gewesen? »Sei mir nicht böse, Idachen«, hatte sie in versöhnlichem Ton gesagt. »Du kennst mich doch nun lange genug. Ich wäre wirklich nicht die geeignete Person, die sich um ein Kind kümmern könnte, wenn etwas passiert!«
    Ida war konsterniert gewesen. Was sollte denn passieren? Es war nun schon das zweite Mal, dass Feodora so etwas sagte. Als Ida das am Abend mit Albert besprach, tröstete er sie. »Du weißt doch, wie Feda ist. Sie will keinen Mann, kein Kind, keine Familie und erst recht keine Verantwortung. Du solltest das akzeptieren. Nimm sie, wie sie ist, als eine verrückte Nudel.«
    Feodora war gleich am Neujahrsmorgen mit dem Zehn-Uhr-Zug nach Königsberg abgereist. »Die Dohnas geben am Abend einen Neujahrsball«, erklärte sie Ida. »Ich habe dem Granzoff versprochen, mit ihm dort zu erscheinen. Er ist Leutnant bei den Ulanen, ein Leckerbissen, der Junge, kann ich dir sagen.«
    »Du bist unverbesserlich, Feda«, hatte Ida lachend gesagt. »Lass dich bald wieder mal bei uns blicken. Und übertreib es nicht.«
    Granzoff war verlobt mit einer Berliner Kaufmannstochter, was Feodora überhaupt nicht störte, war sie doch an längeren Beziehungen nicht interessiert. Am Abend holte er sie in der Münzstraße ab. Er pfiff anerkennend durch die Zähne. »Du siehst ja umwerfend aus«, sagte er bewundernd. »Du wirst die Königin des Abends sein.«
    »Das will ich hoffen. Das Kleid hat ein Vermögen gekostet. Ich habe es mir in Paris bei Poiret anfertigen lassen.«
    »Aha.« Granzoff hatte keine Ahnung, wer dieser Poiret war.
    »Er ist der aufsteigende Stern am Pariser Modehimmel, du Dummchen«, klärte Feodora ihn auf. »Mit solchen Kenntnissen kannst du bei den Damen punkten.«
    Er grinste. »Tausend Dank. Ich werde später davon Gebrauch machen und es in meine Konversation einfließen lassen.«
    Feodora war wirklich die Schönste des Abends. Das Tannengrün ihres tief dekolletierten Samtkleides bildete einen effektvollen Kontrast zu ihrer alabasterfarbenen Haut und den roten, von Erna zu einer kunstvollen Hochfrisur aufgetürmten Haaren. Um den Hals und an den Ohren trug sie Heinrichs Hochzeitsgeschenk, die taubeneigroßen Smaragde.Als sie den Saal betraten, richteten sich alle Augen auf sie.
    »Siehst du, habe ich es dir nicht gesagt?«, flüsterte Granzoff. »Da sehen einige der Damen aber ganz schön blass aus.«
    Bei dem Empfang – später gab es ein gesetztes Essen mit Tanz – war Feodora umringt von Herren, die versuchten, ihr den Hof zu machen und sich in ihre Tanzkarte einzutragen. Auch Hasso von Revenau konnte es nicht lassen. Kaum sah er sie, ließ er Frau und Tochter stehen und kam, um ihr die Hand zu küssen. »Wann wirst du mich endlich erhören, meine Schöne?«, sagte er. »Du weißt, ich verzehre mich nach dir.«
    »Vergiss es, Hasso. Kümmer dich lieber um deine Frau«, sagte Feodora nur und wandte sich ihrem Gastgeber zu.
    Kurz vor dem Diner ereignete sich ein Eklat, der weitreichende Folgen haben sollte. Feodora und Granzoff hatten bereits Platz genommen, als ein Diener das Ehepaar Revenau und ihre Tochter an ihren Tisch führte. Die stark kurzsichtige Marion erkannte Feodora erst, als sie sich ihr Lorgnon vor die Augen hielt. Sie erstarrte. Dann schrie sie, unüberhörbar für alle Umsitzenden, mit schriller Stimme: »Ich weigere mich, mit dieser Person an einem Tisch zu sitzen.«
    »Kein Mensch zwingt dich dazu«, sagte Feodora ruhig und schob sich mit ihrem Fächer lässig eine Locke aus der Stirn. Sie blickte zu Hasso. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst deiner Frau endlich Manieren beibringen? Aber da sieht man mal wieder, was herauskommt, wenn man unter seinem Stand heiratet.« Dann drehte sie ihnen den Rücken zu und plauderte mit ihrem Begleiter, als sei nichts geschehen.
    »Was für ein Auftritt«, sagte Granzoff wenig später begeistert. »Man hat ihnen einen Katzentisch zugewiesen, direkt am Ausgang. Da sitzen sie nun völlig allein. Du warst fabelhaft, Feda.«
    »So, findest du?«, sagte sie ruhig. »In Wahnmoching nennt man das enorm.«
    »Was … wo …?«
    »Ach vergiss es, ein
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