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Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)
Autoren: Thorsten Bonsch
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besitzt, ist das in etwa so verwirrend, wie den Papst bei einer Polka zu erwischen. Von Physikern abgesehen, denken wir normalerweise in vier Dimensionen, drei räumlichen und einer zeitlichen Dimension. Da wir Menschen uns in der Regel den größten Teil unseres Lebens auf Land und nicht im Wasser oder in der Luft bewegen, tendieren wir sogar dazu, hauptsächlich zwei der drei räumlichen Dimensionen zu berücksichtigen.  
    Mein Plan war also gewesen, das mehrdimensionale Denken zu schulen, daher hatte ich mein dreidimensionales Schachspiel konstruiert, in dem ich einen alten Globus mit einhundertvierundsechzig hellen und dunklen Feldern versehen sowie 52 Figuren mit selbsthaftender Unterseite geschnitzt hatte.  
    Die Bibliothek schien mir damals der rechte Platz für das Schachspiel zu sein, denn obgleich ich vollkommen allein in der Villa lebte – von Dina mal abgesehen – strahlte dieser hohe Saal die Aura und Ruhe einer Kirche aus. Dennoch schaltete ich das kleine Radio an, das Alain und mich so oft begleitet hatte und lauschte Only the Lonely von Roy Orbison, während ich die Figuren aufstellte. Alle Hauptfiguren starteten vom Äquator aus, die hellen auf einer Seite der Kugel, die dunklen auf der gegenüberliegenden. Ich spielte nach den üblichen Regeln, der Unterschied war eben, dass das Schachbrett durch seine Kugelform weder Anfang noch Ende besaß und aus demselben Grund nicht ohne Weiteres überschaubar war. Menschen, die Schach als einen Sport betrachten, kamen hier auf ihre Kosten: Als Spieler musste man in ständiger Bewegung bleiben, da man grundsätzlich immer nur eine Hälfte des Spielfeldes im Auge behalten konnte.  
    Somit geriet ich während meiner dritten Partie ordentlich ins Schwitzen, nach der fünften Partie – ich hatte bis dahin jedes Spiel gewonnen, haha – zog ich mein nasses Hemd aus und legte es auf den nutzlosen bordeauxroten Ledersessel neben dem Schachtisch.
    Der Nachmittag brachte alle Hitze auf, die unsere Sonne abzugeben vermochte, und hoch aufgetürmte gelbliche Wolken änderten die Lichtverhältnisse in der Bibliothek. Während im Radio gerade Garry Lewis Count me in sang und ich über die Möglichkeit eines Patts nachdachte, hörte ich ein Geräusch hinter mir. Ich dachte an Dina und sagte: „Na, Lust auf eine Schmusestunde bekommen?“  
    „Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass dieses Haus bewohnt ist.“
     
     

Dienstag, 17. Juni 1997 – 18:54 Uhr
    Cape Orchid
    Manipulierte Raumzeit -  
    „Das hast du zu ihm gesagt, ohne dich vorher umzudrehen? Lust auf eine Schmusestunde?“
    „Ich bin davon ausgegangen, dass es Dina war“, antwortete ich verzweifelt. Vergebens. Alain bekam einen erneuten Lachanfall, durch den er beinahe von dem alten Ledersofa gefallen wäre. Frustriert zündete ich mir eine Benson & Hedges an.  
    „Schmusestunde!“, gröhlte er.
    „Das ist überhaupt nicht komisch!“
    „Doch, das ist es.“
    Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf den Schwarz-Weiß-Fernseher, der gerade Nachrichten aus der Vergangenheit brachte.
    „Es tut mir leid, Julian“, sagte Alain versöhnlich, aber noch immer lachend. „Da hast du ja bei – wie heißt er noch mal?“
    „Sinh.“
    „Da hast du ja bei Sinh gleich den richtigen Eindruck hinterlassen.“  
    Ich seufzte. „Vielleicht war es doch keine gute Idee, dich zu besuchen.“  
    Nach der ersten Begegnung mit Sinh war ich so durcheinander gewesen, dass ich letztendlich doch beschlossen hatte, einen Trip in die Vergangenheit zu machen und Alain von den Ereignissen zu berichten. Weil es mir sinnvoll erschienen war, hatte ich den Zeitpunkt unserer ersten Begegnung gewählt. Ich war noch keine Minute hier gewesen, als Alain bereits gemerkt hatte, dass ich nicht ich war, sondern mein für ihn zukünftiges Ich. Kein Wunder, denn ich war noch aufgewühlter als damals, im realen Juni 1997.  
    „Ach Quatsch“, sagte Alain. „Das war genau richtig. Aber du musst mir versprechen, wenn wir uns nach deinem Verlassen der Villa in der Zukunft wiedersehen, meinem späteren Ich diese Geschichte ebenfalls zu erzählen.“  
    „Das kannst du vergessen. Ich weiß ja jetzt, wie du darauf reagierst.“  
    „Och bitte. Ich verspreche dir auch, dass ich dann ernst bleiben werde.“  
    „Das kannst du gar nicht. Hältst du mich für dumm? Der für mich zukünftige Alain weiß nichts von deinem Versprechen, weil dieser Zeitstrang für ihn nicht existiert. Nicht einmal für dich, wenn ich wieder in meine Zeit
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