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Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land

Titel: Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Jessardin sah seinen Rücken an. Der Venusier spannte die Schultern.
    »Es liegt mir fern, eine solche Krise heraufbeschwören zu wollen«, sagte er gepreßt. »Ich mache lediglich von meinen verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch, die ...«
    »... die nicht das Recht beinhalten, die Venus aus der Föderation zu lösen«, fiel ihm der Präsident ins Wort. »Wenn Sie das tun, dann nur, weil Sie genau wissen, daß eine militärische Intervention für alle Verantwortlichen völlig undenkbar ist. Was ich beantwortet haben möchte, ist die Frage, ob Sie es tun werden. Ich muß es wissen, Conal.«
    »Und Sie glauben im Ernst, daß ich die Antwort darauf fix und fertig in der Tasche habe?«
    Simon Jessardin atmete tief durch und entspannte sich etwas.
    »Ich kann Ihnen nachfühlen, was das Problem für Sie bedeutet«, sagte er ruhig. »Ihre Tochter ist auf der Erde. Ich nehme als sicher an, daß sie ihren Entschluß inzwischen bereut und zur Venus zurückkehren möchte. Wir könnten ihr diese Möglichkeit verschaffen.«
    Conal Nord wandte sich abrupt um.
    »Weiter«, sagte er rauh.
    »Ich habe vorhin erklärt, ich könne nicht die Verantwortung dafür übernehmen, die Flüchtlinge aus der Mondstein-Welt auf der Erde in Ruhe zu lassen. Das gilt für die Terraner, weil sie Barbaren und als solche durch ihre bloße Existenz gefährlich sind. Es muß nicht notwendigerweise auch für die Merkur-Siedler gelten.«
    Der Venusier preßte die Lippen zusammen.
    »So ist das also«, sagte er tonlos. »Das Leben meiner Tochter und meines Bruders gegen mein Stillhalten.«
    Jessardins Kopf ruckte hoch.
    Langsam wich das Blut aus seinem Gesicht. »Sie wissen, daß ich es nicht so gemeint habe! Sie wissen, daß ich ohnehin jede vertretbare Rücksicht nehmen werde. Oder glauben Sie ernsthaft, ich bin hierhergekommen, um Ihnen zu drohen?«
    Ein paar Sekunden verstrichen.
    »Tut mir leid, Simon.« Conal Nord rieb sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich weiß, wie Sie es meinen. Aber es bleibt trotzdem ein Handel.«
    »Möglich. Aber er liegt im Interesse des Staates. Ich bin hierhergekommen, weil ich hoffte, daß es uns immer noch möglich ist, als Freunde miteinander zu reden, Conal. Ich kann Ihnen keine konkreten Versprechungen machen, und ich verlange keine konkreten Versprechungen auf Ihrer Seite. Ich möchte lediglich wissen, ob dieser Aspekt der Frage Ihre späteren Entscheidungen beeinflussen könnte.«
    Der Venusier wandte sich wieder dem Fenster zu.
    Sekundenlang schloß er die Augen. Er wußte nur zu genau, daß das Schicksal seiner Tochter und seines Bruders nichts an der prinzipiellen Frage änderte. Aber in seinem Weltbild gab es einen tiefen Riß. Er war schon zu oft im Namen von Prinzipien über das Schicksal von Menschen hinweggegangen.
    »Ja«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Ich glaube, daß es meine Entscheidung beeinflussen würde.«
    *
    Flammen prasselten.
    Über den glimmenden Feuergruben drehten sich Fleischstücke am Spieß, Fett troff in die Glut und ließ blaue Rauchwolken in den Abendhimmel steigen. Der Widerschein des Feuers mischte sich mit der Dämmerung zu einem ungewissen malvenfarbnen Zwielicht, das die Landschaft und den Dorfplatz wie mit einem besänftigenden Schleier überzog, die erregten Stimmen dämpfte und die Menschen zusammenzuschließen schien, als existiere nichts außerhalb ihres Kreises. Mädchen aus Yarsols Volk füllten Muschelschalen mit einem prickelnd-herben Getränk und reichten Fruchtscheiben auf kühlen Blättern herum. Lara Nord kauerte zwischen ihren Folienbeuteln, halb lächelnd, halb resignierend und ziemlich erschöpft. Sie hatte den ganzen Tag über Medikamente und Ratschläge verteilt. Das Fest, das hier gefeiert wurde, mußte für jeden, der seit längerer Zeit ausschließlich an marsianisches Nahrungskonzentrat gewöhnt war, eine organische Umstellungskrise heraufbeschwören. Aber heute stießen alle guten Ratschläge auf taube Ohren. Und besonders nachdrücklich waren Laras Warnungen ohnehin nicht gewesen. Selbst sie, die Medizinerin, spürte den Wunsch, wenigstens an diesem einen Tag endlich einmal alle Bedenken und Befürchtungen zu vergessen und sich nicht darum zu kümmern, was morgen sein würde.
    Sie hatte dafür gesorgt, daß keine wirkliche Gefahr entstehen konnte, jetzt zögerte sie nicht, ebenfalls zu einer der weißen Muschelschalen zu greifen und zu trinken.
    Charru, Camelo und Gerinth saßen neben Yarsol auf einfachen, aus Stein gehauenen Sitzen. Jarlon war
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