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Socken mit Honig

Socken mit Honig

Titel: Socken mit Honig
Autoren: Gabriele Kowitz
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mir grundsätzlich Einzelgängersocken zurück. Ob diese Socken jemals ihren
ursprünglichen Kompagnon wieder finden, steht in den Sternen. Solange sie es
cool findet, zwei unterschiedliche Socken zu tragen, soll mich dieser Umstand
nicht belasten.  
    Das ist so, man klagt nicht, das muss man hinnehmen.
    Schwieriger sind da schon mein Mann und mein Sohn. Sie
tragen ihre Socken immer als Paar. Na ja, meistens. Ich gebe zu, dass es
vorkommen kann, dass als Paar zusammengerollt ist, was kein Paar ist. Was daran
liegt, dass die Socken alle ähnlich aussehen, farblich gibt es da keine großen
Unterschiede, auch das Design ist eher schlicht bis kaum vorhanden, so dass die
eine oder andere Verwechslung beim Zusammenlegen vorkommen kann. Ein Versehen,
das ich zugebe, das allerdings keine Begründung für die etlichen männlichen
Einzelsocken darstellt.
    Das ist so, man klagt nicht, das muss man hinnehmen.
    Ein Grund mag meine mangelnde Toleranz sein, wie mein Sohn
mir neulich klar zu machen versuchte: Er saß am Esstisch und las. Sein Essen
hatte er aufgegessen, sein Geschirr stand noch da. Unter dem Tisch lagen seine
Socken, die er sich während des Essens von den Füssen gestreift hatte. Ich forderte
ihn auf, die Socken wegzuräumen und stieß auf taube Ohren. Nach meiner dritten
Ermahnung hob er immerhin schon den Kopf, sah mich erstaunt an und fragte,
warum ich schon wieder so aggressiv wäre. Es käme nicht in Frage, dass er sich
durch mich unter Druck setzen ließe und ich möchte mich freundlicherweise
wieder beruhigen. Als ich ihm vor Augen führen wollte, dass ich nicht dazu
geboren wurde, ihn zu bedienen, hielt er mir entgegen, dass er nicht verlangt
hätte, dass ich ihm die Socken hinterher räume. Mein Argument, dass mich seine
schmutzigen Socken unter dem Tisch stören, schmetterte er mit dem Vorwurf
fehlender Toleranz meinerseits ab. Er wollte erst mal duschen, um
Nebensächlichkeiten könnte man sich später kümmern. Nebensächlichkeiten! Ich
ging ins Wohnzimmer und begann meinerseits zu lesen. Wenn mein Sohn heimlich
darauf spekulierte, dass ich die Nerven verlöre und seine Socken wegräumte,
dann sollte er mich noch kennenlernen! Nach einer Weile hörte ich meinen Sohn,
der frisch geduscht war und sich wieder anziehen wollte. Lautstark beschwerte
er sich über seine leere Sockenschublade! Das fand ich cool. Leider wusste sich
mein Sohn zu helfen und ging zur Sockenschublade meines Mannes, der zum einen
seine gebrauchten Socken immer in den Korb mit der Schmutzwäsche wirft und mir
damit Gelegenheit gibt, die Sockenschublade bei Zeiten wieder aufzufüllen, und
zum anderen tolerant genug ist, seine Socken mit seinem Sohn zu teilen.  Schade
eigentlich. Ich hätte zu gerne gewusst, ob mein Sohn sich irgendwo irgendwelche
ungewaschenen Socken gesucht und angezogen hätte oder ob er lieber kalte Füße
gebucht hätte. Zudem war meine Taktik des Aussitzens des Sockenproblems zum
Teufel, denn leider fühle ich mich von schmutzigen Socken im Esszimmer
wesentlich mehr gestört als mein Sohn. An dieser Stelle ist es wohl unnötig
auszusprechen, wer unter den Tisch gekrabbelt ist.
    Das ist so, man klagt nicht, das muss man hinnehmen.

Beruf?
    „Mama?“
    Warum fängt sie immer mit „Mama“ an, wenn sie etwas möchte?
Wir sind alleine zu Hause, niemand anderes könnte angesprochen sein außer mir.
Wo bleibt denn da die Logik? Wahrscheinlich war Julia, ebenso wie ihre
Lehrerin, shoppen, als der liebe Gott die Logik verteilt hat. Nicht, dass Sie
glauben, ich hätte etwas gegen die Lehrerin, nein, ganz im Gegenteil. Sie
selbst hat sich einmal mit dieser Aussage beschrieben.
    „Mama!“
    Erwartet meine Tochter von mir, dass ich augenblicklich das,
was ich gerade mache, unterbreche, zu ihr eile und „ja“ sage?
    „Maamaa!“
    Julia sitzt über ihren Hausaufgaben und steht nicht auf. Sie
ruft. Bin ich neugierig genug, um wissen zu wollen, was sie von mir möchte, um
zu ihr zu gehen? Ist meine Beschäftigung unwichtig genug, um unterbrochen zu
werden? Hat sie vielleicht Schwierigkeiten bei den Aufgaben und braucht meine
Hilfe? Schweift sie vom Thema ab und braucht eine Aufmunterung? Oder bin ich
nur mal wieder die Blöde?
    „Ja, Julia?“ – „Arbeitest du eigentlich?“ Was ist denn das
für eine Frage? Arbeite ich eigentlich – jetzt, gerade, im Augenblick, überhaupt,
jemals?
    „Ja, ich sortiere gerade Wäsche. Danach müsste ich kurz den
Staubsauger holen.“ Julia widerspricht vehement: „Nein, das ist
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