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So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond
Autoren: Nora Roberts
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das ich mit ihr in dieser Angelegenheit führte, hat sie gesagt, dass ich mich irren würde, wenn ich dächte, Sie hätten es getan. Sie hat gesagt, Katherine Powell würde sie eigentlich nicht einmal den Diebstahl einer Büroklammer zutrauen.«
    »Ich verstehe. Und dabei habe ich immer gedacht, sie könnte mich nicht ausstehen.«
    »Ob sie Sie mag oder nicht, sei dahingestellt, aber auf alle Fälle respektiert sie Sie.«
    »Laden Sie Roger jetzt zum Verhör?«
    »Das habe ich bereits getan. Ich musste ziemlich schnell handeln, nachdem ich erfahren hatte, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen Ihnen beiden gekommen war. Also habe ich ihn gestern abend kurzerhand besucht. Er hatte bereits seine Koffer gepackt und ein Taxi zum Flughafen bestellt.«
    »Sie machen Spaß.«
    »Nein, Ma’am. Er hatte ein Ticket nach Rio reserviert. Seit er wusste, dass der Verdacht gegen Sie fallengelassen worden war, befand er sich auf dem Sprung. Was auch immer Sie gestern im Büro zu ihm gesagt haben, hat ihm offenbar den Rest gegeben. Er hat sofort mit seinem Anwalt telefoniert; aber ich denke, spätestens Ende des heutigen Tages haben wir einen Deal mit ihm. Das, was er verbrochen hat, wird normalerweise Verbrechen ohne Opfer genannt. Obgleich mir die Bezeichnung in diesem Fall ziemlich unangemessen erscheint.«
    »Auch wenn ich nicht weiß, wie ich mich fühle – wie ein Opfer fühle ich mich nicht«, murmelte Kate.
    »Ich an Ihrer Stelle wäre zumindest einigermaßen wütend, wenn ich das so sagen darf. Aber …« Er sah sie schulterzuckend an. »Seine Karriere ist gelaufen, er wird lange an seinem Bußgeld und den Anwaltskosten zahlen, nehme ich an, und außerdem wird er eine Zeitlang Gast des Staates sein.«
    »Er kommt ins Gefängnis?« Wie ihr Vater ins Gefängnis gekommen wäre, dachte sie, wegen eines Fehlers, eines falschen Urteils, eines Augenblicks der Gier.
    »Wie gesagt, wir haben ihm einen Deal angeboten – umfassendes Geständnis gegen Strafmilderung –, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er ganz ohne Denkzettel davonkommen wird. Wissen Sie, so wie die Dinge heutzutage laufen, könnten auch Sie ihn noch verklagen wegen Rufschädigung, emotionaler Schmerzen, persönlichen Leids und einigem anderen. Ihr Anwalt kennt sich in diesen Sachen sicher aus.«
    »Ich habe kein Interesse daran, Roger zu verklagen. Mir ist es lieber, wenn dieses Kapitel meines Lebens endlich abgeschlossen ist.«
    »Das habe ich mir bereits gedacht.« Wieder lächelte er sie an. »Sie sind eine nette Person, Ms. Powell. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, selbst unter diesen eher unglücklichen Umständen.«
    Sie sah ihn nachdenklich an. »Ich glaube, ich muss von Ihnen das gleiche sagen, Detective Kusack, trotz dieser eher unglücklichen Umstände.«
    Er wandte sich zum Gehen und blieb dann noch einmal stehen. »Sie machen gleich auf, nicht wahr?«
    Sie sah auf ihre Uhr. »Das stimmt.«
    »Ich frage mich …« Er zupfte abermals an seinem Ohr. »Meine Frau hat bald Geburtstag. Um genau zu sein, morgen schon.«
    »Detective Kusack.« Kate sah ihn strahlend an. »Da sind Sie exakt am richtigen Ort!«
    Kate sagte sich, sie fühle sich wunderbar, belebt. All ihre Probleme lagen hinter ihr. Nun fing die nächste Phase ihres Lebens an.
    Warum sollte sie wegen der Fahrt zu Byrons Haus nervös sein? Es war hellichter Tag – in der Tat Mittag –, und er wäre sicherlich nicht da. Sie würde einfach, wie er sie aufgefordert hatte, ihre Sachen packen, und damit wäre das Kapitel sauber abgeschlossen.
    Ohne jedes Bedauern, hoffte sie. Es war nett gewesen, solange es gedauert hatte, aber nichts hielt ewig, und vor allem gute Dinge waren irgendwann einmal vorbei.
    Sie bog in seine Einfahrt ein. Den Haustürschlüssel hatte sie bereits von ihrem Schlüsselbund entfernt und lose eingesteckt. Als sie jedoch nach ihm griff, hielt sie statt dessen plötzlich Seraphinas Münze in der Hand. Verwundert starrte sie sie an. Sie hätte geschworen, dass die Dublone im obersten Fach ihres Schmuckkastens zu Hause lag.
    Langsam drehte sie sie in ihrer Hand herum. Es war die Helligkeit der Münze, die in der Sonne schimmerte, was ihr mit einem Male die Tränen in die Augen trieb, sagte sie sich. Das strahlend helle Gold, das sie, da sie die Sonnenbrille abgenommen hatte, blendete. Bestimmt weinte sie nicht, weil sie plötzlich eine schmerzliche Nähe zu der jungen Frau empfand, die, bereit, ihr Leben fortzuwerfen, vom Rand der Klippen gesprungen
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