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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt
Autoren: Johan Theorin
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abgelehnt hat. Er will den Kopf schütteln, aber sein Nacken fühlt sich steif an.
    Nicht den » Luchs«, hofft er. Ruf gern die anderen an, aber nicht den »Luchs«.
    Schließlich nickt er doch. »Natürlich, gern«, sagte er, »doch leider habe ich die Telefonnummern nicht hier.«
    Â»Kein Problem, die finden wir im Netz.« Högsmed wirft einen letzten Blick auf die alten Arbeitgeber von Jan und tippt dann ein paar Buchstaben in den Rechner. Den Namen einer der ehemaligen Tagesstätten. Doch von welcher? Von welcher?
    Von seinem Stuhl aus kann Jan keinen Blick auf den Bildschirm erhaschen, und er möchte sich nicht auffällig nach vorn beugen, um herauszufinden, ob Högsmed den »Luchs« anruft.
    Warum hat er das Haus überhaupt in seinem Lebenslauf angegeben?
    Neun Jahre ist das her! Ein einziger Fehler mit einem einzigen Kind, und das vor neun Jahren. Muss Högsmed jetzt genau darauf kommen?
    Jan atmet ruhig und lässt die Fingerspitzen leicht auf den Oberschenkeln ruhen. Nur Verrückte fangen an, mit den Händen zu fuchteln, wenn sie unter Druck stehen.
    Â»Gut, hier haben wir eine Nummer«, murmelt Högsmed und blinzelt in Richtung Bildschirm. »Dann werde ich da mal rasch anrufen ...«
    Er greift zum Hörer, tippt ein halbes Dutzend Ziffern ins Telefon und wirft einen Blick auf Jan.
    Jan versucht zu lächeln, hält aber den Atem an. Wessen Nummer hat der Doktor gewählt?
    Ist da beim »Luchs« noch jemand aus seiner Zeit, jemand, der sich an ihn erinnern würde? An das, was im Wald geschehen ist?

3
    Â»Hallo?«
    Der Oberarzt hat jemanden erreicht, jetzt beugt er sich ein wenig über den Tisch.
    Â»Ja, Patrik Högsmed hier. Ich würde gern jemanden sprechen, der bei Ihnen mit Jan Hauger zusammenge­arbeitet hat. Genau, H-A-U-G-E-R. Er war vor acht oder neun Jahren als Vertretung bei Ihnen.«
    Vor acht oder neun Jahren . Jan senkt den Kopf, als er die Worte hört. Dann hat der Doktor also tatsächlich eine der Tagesstätten in Nordbro angerufen. Entweder den »Sonnenstern« oder den »Luchs«. Danach hatte Jan seine Heimatstadt verlassen.
    Â»Das war vor Ihrer Zeit, Julia? Natürlich, aber gibt es vielleicht jemand anderen, der ... Gut, dann verbinden Sie mich mit der Leiterin. Ich bleibe dran.«
    Es wird wieder still im Raum, so still, dass Jan hört, wie irgendwo draußen im Flur eine Tür geschlossen wird.
    Nina . Plötzlich erinnert er sich, dass die Leiterin vom »Luchs« Nina Gundotter hieß. Seltsamer Name. Es ist viele Jahre her, dass er zuletzt an Nina gedacht hat – er hat alle Erinnerungen an den »Luchs« in eine Flasche gestopft und vergraben.
    Die weiße Uhr an der Wand tickt, jetzt ist es Viertel nach zwei.
    Â»Hallo?«
    Der Oberarzt hat wieder jemanden in der Leitung, und Jan bohrt die Fingerspitzen in die Oberschenkel. Er hält die Luft an, während Högsmed sich erneut vorstellt und sein Anliegen vorbringt, ehe er verstummt und zuhört.
    Â»Sie erinnern sich also an Jan Hauger? Wie gut. Was können Sie berichten?«, fragt er dann.
    Stille. Der Oberarzt wirft Jan einen raschen Blick zu und lauscht.
    Â»Danke«, sagte er nach einer halben Minute, »dann weiß ich Bescheid. Ja, ich werde ihn grüßen. Danke, vielen Dank.«
    Er legt den Hörer auf und lehnt sich wieder zurück. »Noch ein gutes Zeugnis.« Er nickt Jan zu. »Das war Lena Zetterberg von der Tagesstätte ›Sonnenstern‹ in Nordbro, und sie hatte nur Gutes von Ihnen zu berichten. Jan Hauger war eine positive Erscheinung, verantwortungsbewusst, bei Eltern und Kindern beliebt. Bestnoten.«
    Jan kann wieder lächeln. »Ich erinnere mich an Lena«, sagt er. »Wir kamen prima miteinander aus.«
    Â»Nun gut.« Der Oberarzt steht auf und nimmt eine Plastikmappe vom Schreibtisch. »Dann werden wir mal zu unserer eigenen hübschen Vorschule gehen. Sie wissen doch wohl, dass es jetzt Vorschule heißt, oder?«
    Â»Natürlich.«
    Der Doktor hält Jan die Tür auf. »Der Begriff Tagesstätte ist ebenso unmodern geworden wie Kindergarten oder Spielgruppe«, erläutert er und fügt hinzu: »Und genauso verhält es sich natürlich mit psychiatrischen Begriffen. Wörter wie Hysteriker, Verrückter und Psychopath sind nicht mehr akzeptabel. Wir in Sankt Patricia sprechen nicht einmal mehr von kranken oder gesunden
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