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Snow Crash

Titel: Snow Crash
Autoren: Stephenson Neal
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Windschutzscheibe abgebildet wird, damit der Fahrer nicht einmal nach unten sehen muß.
    Sollte die Frist von dreißig Minuten verstreichen, wird die Nachricht von dieser Katastrophe an das Cosa Nostra Pizzahauptquartier gemeldet und von dort persönlich weitergeleitet an Onkel Enzo – den sizilianischen Colonel Sanders, den Andy Griffith von Bensonhurst, die rasiermesserschwingende Ausgeburt manch eines Auslieferatoralptraums, Capo und Galionsfigur von Cosa Nostra Pizza Incorporated – der innerhalb von fünf Minuten bei dem Kunden anruft und sich tausendmal entschuldigt. Am nächsten Tag landet Onkel Enzo mit einem Jethelikopter im Garten des Kunden und entschuldigt sich nochmals und überreicht ihm eine kostenlose Reise nach Italien – er muß nur ein paar Verträge unterschreiben, die ihn zur öffentlichen Figur und zum Sprecher von Cosa Nostra Pizza machen und im Grunde genommen seinem Privatleben, wie er es kennt, ein Ende bereiten. Er wird, wenn die ganze Aktion vorbei ist, den Eindruck haben, daß er der Mafia einen Gefallen schuldet.
    Der Auslieferator weiß nicht genau, was in so einem Fall mit dem Fahrer passiert, aber er hat Gerüchte gehört. Die meisten Pizzalieferungen finden in den Abendstunden statt, die Onkel Enzo als seine Freizeit betrachtet. Und wie wäre Ihnen zumute, wenn Sie das Abendessen mit Ihrer Familie unterbrechen müßten, um einen ungebärdigen Trottel in einer Burbklave anzurufen und Kratzfüße wegen einer verspäteten Scheißpizza zu machen? Onkel Enzo hat nicht fünfzig Jahre lang seiner Familie
und seinem Land gedient, damit er in einem Alter, in dem die meisten Golf spielen oder ihre Enkeltöchter auf den Knien wiegen, tropfnaß aus der Badewanne steigen und sich hinknien und die Füße eines sechzehnjährigen Skatepunks küssen muß, dessen Peperonipizza erst nach einunddreißig Minuten zugestellt wurde. O Gott. Der Auslieferator atmet ein bißchen flacher, wenn er nur daran denkt.
    Aber wenn es anders wäre, würde er gar nicht für Cosa Nostra Pizza fahren. Wissen Sie warum? Weil es etwas hat, wenn man sein Leben aufs Spiel setzt. Es ist, als wäre man ein Kamikazepilot. Das Denken ist klar. Andere Menschen – Verkäufer, Burgerbrater, Softwareingenieure, die ganze Palette sinnloser Jobs, die das Leben in Amerika ausmachen -, andere Menschen verlassen sich einfach auf die gute alte Konkurrenz. Lieber die Burger schneller wenden und die Programmabläufe schneller korrigieren, als dein Klassenkamerad von der High School zwei Blocks weiter die Straße runter sie wendet oder korrigiert, weil diese Typen unsere Konkurrenz sind, und die Leute achten auf so was.
    Was ist das doch für eine Scheißtretmühle. Cosa Nostra Pizza hat keine Konkurrenz. Konkurrenz verstößt gegen die Ethik der Mafia. Man arbeitet nicht schwerer, weil man gegen einen identischen Laden weiter unten an der Straße konkurriert. Man arbeitet schwerer, weil alles auf dem Spiel steht. Der Name, Ehre, Familie, das Leben. Diese Burgerbrater haben vielleicht eine höhere Lebenserwartung- aber man muß sich natürlich fragen, was das überhaupt für ein Leben ist. Darum kann niemand, nicht einmal die Japaner, Pizzas schneller ausliefern als die Cosa Nostra. Der Auslieferator ist stolz darauf, daß er die Uniform trägt, stolz darauf, daß er das Auto fährt, stolz darauf, daß er auf den Gehwegen zahlloser Burbklavenhäuser spazierengehen darf, eine grimmige Vision in Ninjaschwarz, eine Pizza auf der Schulter, deren rote LED-Anzeige stolz Ziffern in die Nacht strahlt: 12:32 oder 15:15 oder gelegentlich auch einmal 20:43.
    Der Auslieferator ist Cosa Nostra Pizza # 3569 im Valley zugeteilt. Südkalifornien weiß nicht, ob es geschäftig sein oder sich auf der Stelle erwürgen soll. Nicht genügend Straßen für die
vielen Menschen. Fairlanes Inc. baut ständig neue. Dazu müssen sie eine Menge Stadtviertel plattwalzen, aber diese Baugebiete aus den siebziger und achtziger Jahren existieren ja nur, um plattgewalzt zu werden, richtig? Keine Bürgersteige, keine Schulen, kein gar nichts. Haben keine eigene Polizeitruppe, keine Einwanderungskontrolle – unerwünschte Elemente können einfach reinspazieren, ohne kontrolliert oder auch nur angesprochen zu werden. Eine Burbklave dagegen, da kann man leben. Ein Stadtstaat mit eigener Verfassung, einer Grenze, Gesetzen,
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