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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise
Autoren: Gary Shteyngart
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trotz aller Enttäuschungen, die ich ihm in den letzten 20 Jahren bereitet hatte, für immer zusammengehörten.
     
     
    Als ich aus dem Bann des Essens erwachte, fiel mir auf, dass sich die demographische Zusammensetzung der Menschen auf dem Steg der Laichenden Lachse verändert hatte. Eine Gruppe junger Angestellter in blauen Blazern war erschienen, angeführt von einem Clown mit Fliege, der den Animateur gab, die Angestellten in Gruppen aufteilte, ihnen Angelruten in die schwachen Händchen drückte und dann einen Chor mit ihnen anstimmte: »Fi-hisch! Fi-hisch!« Was war denn hier los? War dies das erste Zeichen für das Entstehen einer russischen Mittelklasse? Arbeiteten diese Idioten für eine deutsche Bank? Vielleicht waren sie alle BWL er mit amerikanischem Collegeabschluss.
    Inzwischen starrte alles auf eine beeindruckende ältere Dame in einer bodenlangen weißen Robe, geschmückt mit schwarzen Mikimoto-Perlen, die am künstlichen See ihre Angel auswarf. Sie war einejener geheimnisvollen eleganten Frauen, die wirkten wie geradewegs aus dem Jahr 1913 hereinspaziert, als hätten all die roten Pionierschals und Bauernblusen aus unseren vertrottelten Sowjettagen sich nie auf ihren Schultern niedergelassen.
    Ich muss schon sagen, dass ich für solche Leute wenig übrig habe. Kann man denn ganz außerhalb der Geschichte leben? Darf man denn Immunität beantragen und sich dabei nur auf Schönheit und Herkunft berufen? Aber eines tröstete mich: Weder diese bezaubernde Kreatur noch die jungen Angestellten der Deutschen Bank, die nun im Chor »La-hachs! La-hachs!« riefen, würden heute etwas Schmackhaftes fangen. Mein Geliebter Herr Papa und ich haben eine Abmachung mit dem »Russischen Fischerheim« – wann immer ein Vainberg zur Angel greift, springt der Neffe des Besitzers in seinen Taucheranzug, schwimmt unter die Stege und hängt uns die besten Fische an die Haken. Zarin Schwarzperle würde für all ihre Mühen also höchstens mit einem faden, kranken Lachs belohnt werden.
    Die Geschichte schlägt immer zurück.
     
     
    Am fraglichen Abend wurden Aljoscha-Bob und ich von drei lieblichen weiblichen Wesen begleitet: Rouenna, der Liebe meines Lebens, für drei Wochen zu Besuch aus der Bronx, New York; Swetlana, Aljoscha-Bobs dunkeläugiger Tartarenschönheit, der jungen PR -Managerin einer örtlichen Parfümkette; und Ljuba, des Geliebten Herrn Papas 21-jähriger Gattin vom Lande.
    Es machte mich wirklich sehr nervös, sie alle auf einem Haufen zu sehen (zumal ich generell Angst vor Frauen habe). Swetlana und Rouenna sind von Natur aus aggressiv; Ljuba und Rouenna sind einfacher Herkunft und gelegentlich unfein; Swetlana und Ljuba zeigen als Russinnen Symptome leichter, auf frühe Kindheitstraumata zurückgehender Depressionen (vgl. Papadapolis, Spiro: »Das sind
meine
Piroggen: Transgenerationelle Konflikte in der post-sowjetischen Familie«;
Annalen der post-lacanianischen Psychiatrie
, Boulder/Paris, Bd. 23, Nr. 8, 1997). Ein Teil von mir fürchtete Unstimmigkeiten zwischen den Frauen, also das, was die Amerikaner
fireworks
nennen – Rabatz. Einanderer Teil von mir wollte einfach sehen, wie diese versnobte Schlampe Swetlana voll eine reinkriegte.
    Während Aljoscha-Bob und ich am Rappen waren, hatte Ljubas Dienerin die Mädchen in einer der Umkleidehütten des Fischerheims mit Haargel und Lippenstift aufgebrezelt, und als sie auf dem Steg zu uns stießen, stanken sie nach frischer Zitrone (mit einem Hauch von echtem Schweiß). Die Mittsommernacht ließ ihre Lippen sanft erglühen, und eine interessante Konversation über das gefeierte finnische Warenhaus Stockmann am Newskij Prospekt, St. Leninburgs großer Prachtstraße, brachte ihre kleinen Stimmchen zum Summen. Sie besprachen ein Sommersonderangebot – zwei handgekettelte finnische Handtücher für 20 US -Dollar – beide Handtücher geadelt durch ihre höchst unrussische, schockierend westliche Farbe: Orange.
    Als ich so der Mär von den orangenen Handtüchern lauschte, bemerkte ich weiter unten in der Abteilung des beschnittenen purpurfarbenen halb-
chuj
eine leichte Schwellung. Unsere Frauen waren so niedlich! Na ja, außer meiner Stiefmutter Ljuba natürlich, die elf Jahre jünger ist als ich und ihre Nächte offenbar gern verlogen stöhnend unter dem baumstammartigen Rumpf meines Geliebten Herrn Papa verbrachte, mit seinem beeindruckenden Schildkröt-
chuj
. (Gern erinnere ich mich daran, wie er in der Badewanne umherbaumelte und ich versuchte, ihn
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