Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise
Autoren: Gary Shteyngart
Vom Netzwerk:
mit meinen neugierigen Babyhänden einzufangen.)
    Und Swetlana machte mich auch nicht an, denn trotz ihrer modischen, mongolisch hohen Backenknochen, ihres eng anliegenden italienischen Pullovers und der sorgfältig kalkulierten Reserviertheit, dieser angeblich aufreizenden Pose der gebildeten russischen Frau, trotz alledem weigerte ich mich wirklich ganz und gar, mit einer Mitrussin zu schlafen. Gott weiß, wo die sich rumgetrieben hatten!
    Womit nun alles an Rouenna Sales hing (ausgesprochen
Sah
-lez, auf spanische Art), meinem Schatzischatz aus der South Bronx, meiner grobknochigen Preziose, meiner riesigen Multikulti-Schnecke mit ihrem krausen Haar, das sie brutal in ein rotes Tuch bindet, und ihrer glänzenden, birnenförmigen braunen Nase, die ständig nach Küssen und Hautcreme verlangt.
    »Ich denke«, sagte meine Stiefmama Ljuba auf Englisch, Rouennazuliebe, »ich denkte«, fügte sie hinzu. Sie hatte Probleme mit den Zeitformen. »Ich denke, ich denkte … Ich finde, ich fande …«
    Ich denke, ich denkte … Ich finde, ich fande …
    »Was
denktest
du denn, Schätzchen?«, fragte Swetlana und ruckte ungeduldig an der Angel.
    Aber Ljuba ließ sich nicht so leicht entmutigen. Nach zwei Jahren Ehe mit dem 1.238streichsten Manne Russlands entdeckte die liebe Frau endlich ihren wahren Wert, und nun wollte sie sich in einer strahlenden neuen Sprache zum Ausdruck bringen. Erst kürzlich war ein Arzt aus Milano damit beauftragt worden, ihr die bösen orangenen Sommersprossen rund um den derben Riechkolben wegzubrennen, während ein Chirurg aus Bilbao schon dabei war, ihr das Babyfett aus den vollen Teenagerwangen zu meißeln. (Eigentlich sah sie mit dem Fett netter aus, wie ein gefallenes Bauernmädchen, das gerade die Adoleszenz hinter sich hatte.)
    »Ich finde, ich fande«, sagte Ljuba, »orangenes Handtuch so hässlich. Für Mädchen ist schön blasslila, für Jungen wie mein Mann Boris hellblau, für Dienstboten schwarz, weil ihre Hand schon schmutzig.«
    »Scheiße, Baby«, sagte Rouenna. »Du bist echt hardcore.«
    »Was das, ›Hartko‹?«
    »Scheiße über die Dienstboten erzählen. Von wegen schmutzige Hände und so.«
    »Ich
fande
…« Peinlich berührt, sah sie auf ihre schwieligen Bauernhände herab. Auf Russisch flüsterte sie mir zu: »Mischa, sag ihr, dass ich auch im Unglück lebte, bevor ich deinen Papa getroffen habe.«
    »1998 war Ljuba noch sehr arm«, erklärte ich Rouenna auf Englisch. »Dann hat mein Papa sie geheiratet.«
    »Stimmt das,
sister
?«, sagte Rouenna.
    »Du nennst mich
sister
?«, hauchte Ljuba, und ihre liebe russische Seele erzitterte. Sie legte die Angel nieder und breitete die Arme aus. »Dann will ich auch deine Schwester sein, Rouennatschka!«
    »Das sagt man unter Afroamerikanern nur so«, sagte ich ihr.
    »Ganz genau«, sagte Rouenna und trat zu Ljuba, um sie fest zu drücken, was das zurückhaltende Mädchen tränenreich erwiderte. »Weil, so wie ich das sehe, seid ihr ganzen Russen auch bloß totale
niggaz

    »Was soll heißen?«, sagte Swetlana.
    »Versteh das nicht falsch«, sagte Rouenna. »War als Kompliment gemeint.«
    »Das kein Kompliment!«, bellte Swetlana. »Also was soll das?«
    »Immer locker bleiben, Schätzchen«, sagte Rouenna. »Was ich sagen will ist … Eure Männer haben keine Arbeit, wenn einem was nicht passt, ballert man wild in der Gegend rum, die Kinder haben Asthma, und ihr wohnt alle in Mietskasernen.«
    »Mischa wohnt nicht in einer Mietskaserne«, sagte Swetlana. »Ich wohne nicht in einer Mietskaserne.«
    »Aber ihr seid ja auch nicht wie die anderen Typen. Ihr seid echt V.G.s«, sagte Rouenna und machte mit ihrem Arm eine Ghetto-Geste.
    »Was sind wir?«
    »Volle Gangster«, erklärte Aljoscha-Bob.
    »Mischa zum Beispiel«, sagte Rouenna. »Sein Vater hat für irgendeinen Scheiß einen amerikanischen Geschäftsmann umgelegt, und jetzt kriegt er kein US -Visum mehr. Das ist doch echt hardcore.«
    »Das ist nicht nur wegen Papa …«, flüsterte ich. »Das liegt am amerikanischen Konsulat. Am Außenministerium. Die hassen mich.«
    »Was ist nun ›Hartko‹?«, fragte Ljuba, die nicht mehr wusste, was aus dieser Unterhaltung werden sollte und ob Rouenna und sie noch »Schwestern« waren.
    Swetlana stützte beide Hände in die kaum vorhandenen Hüften und nahm sich Aljoscha-Bob und mich vor. »Das ist eure Schuld«, zischte sie auf Russisch. »Ihr mit eurem blöden Gerappe. Diesem idiotischen
ghetto tech
. Kein Wunder, dass die Menschen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher