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SMS für dich

Titel: SMS für dich
Autoren: Sofie Cramer
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sicherer Entfernung dabei zusehen. Wie er sein
     Fahrrad anschließt, von dem er schon so viel erzählt hat, als wäre es sein bester Kumpel. Oder wie er sich mit den Fingern
     vielleicht noch einmal durch seine wuscheligen Haare fährt. Zu gern würde Clara auch beobachten, wie sein Gang eigentlich
     wirkt. Sie kann sich gar nicht mehr recht erinnern. Seit der ersten Begegnung am Bahnhof waren sie immer Seite an Seite und
     auf dem Weg in ihre Wohnung sogar Arm in Arm gegangen.
    Mittlerweile ist es bereits fünf vor drei, sodass Clara unmöglich rechtzeitig am verabredeten Treffpunkt sein kann. Und obwohl
     sie den Weg durch den Freihafen und die HafenCity wählt, um mögliche rote Ampeln zu umgehen, schafft sie es in der Tat erst
     zehn Minuten nach drei in die Nähe der Kehrwiederspitze. Das Auto muss sie in eine winzige Parklücke bugsieren und braucht
     dafür mehrere Anläufe. Aber schließlich will sie sich auf keinen Fall vor Sven blamieren, falls er sie nachher zum Auto begleitet
     oder gar mit einsteigt.
    Eiligen Schrittes nähert sich Clara nun dem glitzernden Wasser. Die Sonne scheint, und offenbar sind sie nicht die Einzigen,
     die sich für einen Spaziergang am Hafen verabredet haben. Bestimmt ist er nun derjenige, der wartend den Heimvorteil auf der
     Bank auskostet. Und sosehr Clara sich auch bemüht, ihn irgendwo zu erspähen, es will ihr einfach nicht gelingen.
    Nervös schaut sie noch einmal an sich herunter und fährt sich mit der Zunge über die Zähne, damit ja kein Lippenstift ihr
     Lächeln trüben kann. Am liebsten würde sie zum Auto zurücklaufen, um etwas von dem Mundspray |237| zu benutzen, das sie stets im Handschuhfach aufbewahrt.
    Als Clara auch nach zehn Minuten weit und breit keinen Sven ausfindig machen kann, schaut sie vorsichtshalber nochmal auf
     ihr Handy. Womöglich hat er seine Verspätung angekündigt. Und gerade, als sie ihr Klapptelefon öffnen will, erscheint «Anruf
     Sven» im Display.
    Clara ist jetzt sehr froh darüber, dass sie nach anfänglichem Zögern doch noch den Schritt gewagt und den Namen Ben durch
     Sven in ihrem Telefonbuch ersetzt hat.
    «Wo bist du?», fragt Clara und blickt sich weiter suchend um.
    «Schöne Bluse, die du anhast.» Svens Stimme klingt selbstbewusst und siegessicher.
    «Oh, wie fies   … Wo steckst du?»
    «Gut, dass du nicht dieselben Schuhe trägst wie vorgestern. Die waren zwar echt sexy, aber mit den Absätzen wären wir heute
     keinen Kilometer weit gekommen   …»
    «Wo bist du denn bloß?» Claras verzweifelte Sehnsucht wird immer größer.
    «Also, ich war pünktlich!»
    «Und ich nicht. Tut mir leid. Aber du kannst die Bestrafungsaktion jetzt abbrechen und dich endlich zeigen.»
    «Einmal um 360   Grad rechtsrum und dann um 180   Grad linksrum.»
    «Ha, ha. Sehr witzig.»
    «War nur ein Test. Na ja, einparken kannst du ja auch nicht   …»
    «Oh, du hinterhältiger Hund! Dir gefällt es wohl, junge Frauen auszuspähen, was?»
    «O ja. Vor allem, wenn sie so hübsch sind wie du!»
    |238| Endlich treffen sich ihre Blicke. Clara seufzt und winkt Sven auf der anderen Straßenseite zu. Er steht direkt gegenüber von
     ihrer Parklücke, die von ihrem Standort aus auf einmal riesengroß aussieht.
    Noch während Sven auf sie zukommt, stecken beide ihre Handys weg, um die Hände frei zu haben für eine feste, sehr lange Umarmung.
     Und bei der Berührung kann Clara nicht anders als ein paar Tränen zu verdrücken, obwohl oder gerade weil ihr plötzlich ganz
     warm ums Herz ist.
    ***
    Als sie nach vielen Worten und Schritten entlang der Elbe an eine Stelle gelangen, an der nur noch vereinzelt andere Spaziergänger
     und Jogger anzutreffen sind, schlägt Sven vor, allmählich umzukehren.
    «Du scheinst heute noch mehr mit mir vorzuhaben», erklärt Clara und schafft es, endlich wieder zu lächeln.
    «Allerdings», antwortet Sven leise und streichelt ihr sanft übers Gesicht.
    «Aber eins kapiere ich immer noch nicht. Werden Handynummern denn heutzutage so schnell neu vergeben?»
    «Ja, ich hab mich schlau gemacht.»
    «Verstehe. Investigativer Journalismus, was?»
    «Genau. Aber bis zur ganzen Wahrheit bin ich trotzdem nicht vorgedrungen   …»
    Clara schaut Sven fragend an.
    «Na ja», sagt er, «ein bisschen komisch ist das schon. Denn eigentlich werden Nummern frühestens nach einer Sperrfrist von
     einem halben Jahr nach Vertragsschluss neu |239| vergeben. Womöglich hat uns also einfach ein technischer Fehler
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