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Slant

Slant

Titel: Slant
Autoren: Greg Bear
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Schönheiten zu Garben zu bündeln. Dann lagern sie dich und alle anderen Dinge, die sie haben wollen, in ihren Häusern, bis sie dich auf einem großen Scheiterhaufen verbrennen.«
    Jetzt ist Mary verdutzt. »Wie?« Sie reibt sich die Augen und ruft dann »Autsch«, weil sie sich eine wunde Stelle am Augenlid aufgerissen hat. Alice tupft die Verletzung vorsichtig mit dem Ärmel ihres Nachthemds ab.
    »Nur etwas, das mir gerade durch den Kopf geschossen ist«, sagt Alice. »Eine Lektion, die ich niemals gelernt habe.«
    »Trotzdem bist du schön«, sagt Mary. »Wirklich schön. Das sollte dich und die Menschen in deiner Nähe glücklich machen.«
    Sie betrachten sich gegenseitig mit ernsten Mienen, dann müssen sie plötzlich prustend lachen, in gemeinsamer Erleichterung, sie fallen sich in die Arme und lachen, bis ihnen die Tränen kommen. Sie weinen eine Weile, dann sagt Mary: »Ich glaube, es geht mir jetzt besser.«
    »Gut«, sagt Alice.
    »Du siehst jetzt so stark aus«, sagt Mary zu ihr.
    Alice lauscht auf ihre innere Stimme und hört nur eine ferne Kakophonie aus Missbilligung und Unsicherheit, aber nichts vom Teufelchen der Perversion. »Ich fühle mich nicht großartig, einfach nur okay«, sagt sie. »Ich schätze, dass ist eine Steigerung. Und du?«
    »Ich werde allmählich erwachsen«, sagt Mary. »Niemand kann kleine Maschinen bauen, die mir dabei helfen können.«
    »Aber werde nicht zu erwachsen«, sagt Alice.
    »Warum nicht?«
    »Werde nicht wie sie.«
    »Niemals!«, verspricht Mary.
    Marys PD-Pad meldet sich. Es ist ein direkter Anruf, der nicht über den Hausmonitor geht. Mary greift instinktiv neben die Couch, wo ihre Tasche mit dem Pad steht.
    »Warte«, sagt Alice und legt eine Hand auf ihre Schulter. »Bist du sicher, dass du damit zurechtkommst?«
    Nach reiflicher Überlegung antwortet Mary. »Ja. Danke.«
    Sie öffnet das Pad und nimmt den Anruf entgegen. Es ist Nussbaum.
    »Wie verläuft die Genesung?«, fragt er. »Bitte sagen Sie, dass es Ihnen besser geht.«
    Mary verzieht das Gesicht. »Ich bin immer noch hässlich«, sagt sie trotzig.
    »Das ist mir egal«, erwidert Nussbaum. »Himmel und Hölle wartet darauf, die Sachen packen und abdüsen zu können. Wir brauchen Sie.«
    »Geben Sie mir noch ein paar Tage«, sagt Mary.
    »Sie sind sehr stark, Choy.«
    »Ich habe doch gesagt, dass ich hässlich bin.«
    »Und ich habe gesagt, dass es mich einen Scheißdreck interessiert«, entgegnet Nussbaum, dann: »Wie geht es Ihren Füßen?«
    »Gut«, sagt Mary.
    »Ausgezeichnet«, sagt Nussbaum. »Die PD hat jede Menge Arbeit für Sie. Die Bösen erlauben sich keine Ruhepause.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, verspricht Mary.
    »Bitte tun Sie das. Jeder macht sich Sorgen um Sie, Choy. Mary. Ich flehe Sie an. Setzen Sie Ihre hübschen Füße in Bewegung und kommen Sie bald.«
    »Sie sind ein Arschloch, Sir.«
    Nussbaum grinst. Mary unterbricht die Verbindung und stopft das Pad zurück in die Tasche. Dann atmet sie tief durch.
    »Magst ihn?«, fragt Alice.
    »Warum sollte ich ihn nicht mögen?«, fragt Mary zurück.
    »Ich meine, es ist ein Uhr morgens«, gibt Alice zu bedenken.
    »Er will mir nur zeigen, dass er sich Sorgen um mich macht«, sagt Mary und steht auf. Sie nimmt Alices Hand. »Kommst du klar, wenn ich gehe?«
    »Francis sagt, ich werde die ganz große Attraktion sein. Eine Berühmtheit in allen Nachrichten. Er will mich nach ganz vorn bringen, nicht mehr nur im Mentalhintergrund.« Alice hebt die Arme, verschränkt die Hände über dem Kopf und hebt die Augenbrauen.
    »Das ist wunderbar!«, sagt Mary. »Wann hat er es dir gesagt?«
    »Vor etwa fünf Stunden. Du hast geschlafen. Er will ein konventionelles Vid aus dem Alexandria-Quartett machen. Für Disney Classics.«
    »Was ist das?«, fragt Mary.
    »Irgendein altes Buch, von einem gewissen Durrell«, sagt Alice. »Francis sagt, es sei etwas für Kinder. Ich habe nie davon gehört.«
    »Wir werden überleben«, sagt Mary, halb zuversichtlich, halb verwundert.
    »Ja«, bestätigt Alice mit strahlendem Lächeln.
    Nachdem Mary sich angezogen hat und gegangen ist, steht Alice am Fenster, um in die Nacht hinauszuschauen und auf den Wind zu lauschen. Wieder muss sie an Minstrel denken, wie gut sie in Francis’ Vid zusammen gespielt hätten.
    Der Wind hat eine Stimme, aber er gibt keine Antwort.

 
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    Ayesha steht neben Nathan im großen Raum mit der niedrigen Decke und dem weißen Würfel genau in der Mitte. Die aktiven
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