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Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)

Titel: Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
Autoren: Fran Rubin
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Ihren Rock hielt sie an beiden Enden hoch, als diene ihr dieser Teil ihres Kleides als Behältnis.
    Als sie an Skiria vorbei rannte, stießen ihre Ellbogen gegen das Mädchen, das ihr scheinbar im Weg stand. Dabei glitt der Stoff aus ihren Fingern, sodass der Inhalt ihres Rockschoßes auf die Straße kullerte.
    „So bleib doch stehen!“, rief Skiria ihr nach, „Deine Äpfel!“
    Aber die Frau reagierte nicht. Stattdessen bog sie flugs in eine Seitengasse ab und ließ Skiria inmitten der am Boden liegenden Äpfel stehen. Kopfschüttelnd sah sie ihr nach, bevor sie sich bückte, um das Obst aufzuheben, das sich, abgesehen von einigen angeschlagenen Stellen, in hervorragendem Zustand befand. Es wäre eine Schande gewesen, es einfach liegen zu lassen. Konzentriert sammelte sie die Früchte ein und merkte dabei nicht, dass Nestor Gamm seinen Marktstand verlassen hatte und auf Skiria zueilte. Erst als er keuchend vor ihr stand, blickte sie überrascht auf.
    „Was“, hechelte er, „was machst du mit meiner Ware?“
    Verwirrt sah sie auf.
    „Verzeihung, ich wusste nicht, dass es deine sind. Hier, nimm sie dir ruhig“, entschuldigte sich Skiria rasch, denn sie wollte diesen im Dorf äußerst angesehenen Mann keinesfalls verärgern. Doch als sie ihm einen der Äpfel reichen wollte, packte Nestor grob zu.
    „So leicht kommst du mir nicht davon!“, polterte er.
    Seine Gesichtsfarbe erinnerte dabei an Beerenmus und die winzigen Äuglein wirkten, als lugten darin gerade noch zwei faulige Früchte hervor. Wie Fesseln hielten seine grobschlächtigen Hände Skirias Unterarm umklammert.
    „Du hast nicht dafür bezahlt, stimmt’s?“, fragte er sie drohend.
    „Aber nein, es ist anders, als du denkst. Die Frau...“
    „Kleines Miststück!“, unterbrach Gamm sie barsch. „So zu lügen. Das werde ich dir austreiben!“
    „Das ist ein Missverständnis“, versuchte Skiria ihn aufzuklären. Der Schreck und die Empörung über die Anschuldigung ließen Tränen in ihre Augen treten. Nestor Gamm schien das zu freuen. Sein dickes Gesicht beugte sich über ihres, versucht, die Nase in ihrem duftenden Haar zu vergraben.
    „Na, mein Fräulein, wer wird denn gleich weinen“, säuselte er und blies dabei muffigen Atem in ihr Antlitz. „Du kannst dich ganz einfach revanchieren, dann vergessen wir diesen kleinen Vorfall.“
    „Wie?“, erkundigte sich Skiria Hoffnung schöpfend. Nestor grinste dreckig.
    „Komm heute Abend in mein Gemach. Es dauert auch nicht lange.“
    Die junge, schlanke Skiria stellte eine willkommene Abwechslung für Nestor dar, dessen Frau den Taillenumfang eines hundertjährigen Eichenstammes besaß. Wie jeden Abend bediente die stämmige Matrone auch heute in der örtlichen Dorfschenke, sodass sie ungestört sein würden. Erwartungsvoll blickte Gamm auf die vermeintliche Diebin, die sich in seinem Griff wand. Er wähnte sich bereits sicher, dass Skiria zu ihm käme, denn jeder wusste von seinem guten Verhältnis zu den wichtigsten Personen des Dorfes. Gewiss interessierte den hiesigen Wachmann, dass eine Diebin in Runa ihr Unwesen trieb. Schon zog er Skiria mit sich, doch das Mädchen beendete seine Vorfreude jäh und spie ihm mitten ins Gesicht.
    „Niemals würde ich das tun“, schleuderte sie ihm entgegen.
    Für einen Moment fassungslos, begriff Nestor nur langsam diese ungeheure Frechheit, während etwas Nasses unterhalb seines rechten Auges hinab lief. Als Gamm sich mit dem Ärmel über seine feiste Wange wischte, nutzte Skiria die Gelegenheit, um sich loszureißen. Geschwind lief sie davon und bog in die nächste Gasse ein, begleitet von Nestors donnernden Flüchen, die zwischen den Häuserwänden widerhallten.
     
    Er schien sie nicht zu verfolgen. Immer wieder blickte sich Skiria um, doch von der untersetzten Gestalt war nichts zu sehen. Sicher wusste Nestor, dass ihr schlanker Körper zu flink für ihn war. Trotzdem lief Skiria erst langsamer, als das kleine Haus zu sehen war, das sie zusammen mit Janus bewohnte. Die Tür knallte hinter ihr zu. Keuchend legte sie die Hände auf ihre Oberschenkel und wartete, bis ihr Atem sich beruhigte. Es war töricht von ihr gewesen, einen so wichtigen Mann zu bespucken. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Wenn wenigstens ihr Bruder hier gewesen wäre, doch Janus arbeitete noch auf dem Feld.
     

    Ein wenig später beschloss Skiria, das Abendessen vorzubereiten und ging zu dem Schrank, in dem einige Vorräte lagerten. Als sie an dem kleinen Fenster vorbeikam,
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