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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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taub. Er kann noch immer kaum hören.«
    »Das tut mir leid. Möchtest du, dass ich ihn mir mal ansehe?«
    Sie bedachte ihn mit einem herablassenden Blick. »Wir haben unseren eigenen Arzt. Lass uns in die Bibliothek gehen, ja? Da ist es angenehmer.«
    Er folgte ihr durch eine schwere Eichentür in einen Raum, der Jake größer vorkam als die Lesesäle der meisten New Yorker Bibliotheksfilialen. Sie nahmen einander gegenüber in zwei großen Ohrensesseln Platz.
    »Hat dein Vater dir irgendwas erzählt, als du ihn kurz vor seinem Tod besucht hast?«, fragte Jake. »Irgendetwas, was du noch nicht von ihm wusstest?«
    Sie zögerte. »Nein. Wie kommst du darauf?«
    »Weil ich den Eindruck hatte, dass er mir etwas gestehen wollte.«
    »Was denn gestehen?«
    »Keine Ahnung. Deshalb frage ich dich.«
    »Er hat mir nur gesagt, dass er krebskrank war.«
    Ich wette, das war nicht alles.
    »Wusstest du, dass er als junger Arzt eine Frau sehr geliebt hat?«
    Ihre Augen waren stählern, misstrauisch. »Ja. Das hat er uns mal erzählt. Die Frau hieß Isabella. Sie war Krankenschwester in der Klinik, in der er damals arbeitete.«
    »In Turner.«
    »Genau. Sie ist an einer Lungenentzündung gestorben, hat Dad gesagt.«
    »Wusstest du, dass Pete und Isabella ein Kind hatten?«
    Ihr Kopf schnellte hoch. »Ein Kind?«
    »Ja, einen Jungen. Glückwunsch. Du hast einen Bruder – einen Halbbruder.«
    Ihr Gesichtsausdruck wurde ängstlich, wie Jake verwundert bemerkte. »Lebt der Junge noch?«
    »Der Mann lebt noch und ist bei bester Gesundheit.«
    »Weißt du das genau?«
    »Hundertprozentig. Er arbeitet für mich. Möchtest du ihn kennenlernen?«
    »Er – er arbeitet für dich?«
    »Ja. Er ist Arzt und heißt Dr. Walter Winnick – Winnick ist der Name seiner Adoptiveltern. Pete hat ihn mir empfohlen, und ich hab ihn eingestellt. Er ist zuverlässig und fleißig. Unersetzlich.«
    Sie biss sich fest auf die Unterlippe, die davon weiß wurde, hielt aber seinem Blick stand. »Ich würde ihn sehr gern kennenlernen. Vielleicht wenn der Monmouth-Fall abgeschlossen ist und nach der Wahl.«
    »Das wäre schön. Willst du wirklich für das Gouverneursamt kandidieren?«
    »Ich weiß nicht. Im Moment sondiere ich noch. Es ist eine Frage der finanziellen Mittel.«
    »Viel Glück, Elizabeth. Das meine ich ehrlich.«
    »Danke. War das alles, was du mir sagen wolltest?«
    »Vorläufig ja. Alles andere kann warten.«
    Sie erhob sich. »Dann –«
    In diesem Moment ging die Tür hinter ihnen auf. Elizabeth fuhr herum, das Gesicht plötzlich rot vor Zorn. »Jetzt nicht!«, schrie sie.
    Zu spät. Auch Jake hatte sich umgedreht. Daniel Markis tauchte kurz in der Tür auf, und Jake konnte ihn deutlich sehen. Sein Gesicht war unversehrt, seine Körperhaltung gerade. Er trug Freizeithose und Polohemd. Kann kaum gehen? Ich hab selten jemanden so flott verschwinden sehen. Markis ist nicht bettlägerig, aber vielleicht ist er taub; Elizabeth musste so laut schreien. Er sah sie an. Sie duckte sich. Also gut. Schluss mit der sanften Tour. Er packte ihren Arm.
    »Lass mich los!«, kreischte sie. »Was soll das?«
    »Ich will, dass du mir gut zuhörst. Wenn du deinen Halbbruder siehst, Elizabeth, dann wundere dich nicht. Er hat nämlich einen Klumpfuß. Wenn man einer Schwangeren Meskalin einflößt, sind Missbildungen am Fötus unausweichlich. Pete hat dir nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sie war keine Krankenschwester, sie war Patientin. Und sie ist nicht an Lungenentzündung gestorben. Sie starb an Meskalinvergiftung. Und dein Vater hat bei dem Testprogramm mitgewirkt, bei dem Menschen als Versuchskaninchen missbraucht wurden.«
    Ihr Schrei gellte durch den Raum. Jake hörte draußen eine Autotür zufallen, das Geräusch von Reifen auf Kies. Wenn hinter einem eine Claymore-Mine hochgeht, wird man zwar nicht von der zielgerichteten Sprengwirkung erfasst, aber der Knall kann den Gehörnerv schädigen. Und genau das ist Markis passiert! Er ließ Elizabeth los, stürmte an dem Butler vorbei, der gerade in der Tür erschien, und rannte nach draußen zu seinem Auto. Markis war die »Putzfrau«. Elizabeth hatte alles gewusst.

    Er rief vom Auto aus in Mannys Büro an.
    »Kanzlei Manfreda.«
    Mist. Kenneth. »Wo ist Manny?«
    »Sie war zwischendurch hier und ist vor einer halben Stunde wieder gegangen. Wollte noch ein bisschen shoppen – sie meint, ihre Sachen wären die reinsten Lumpen –, und dann will sie sich wie verabredet mit Ihnen treffen, in der Leichenhalle.
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