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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch
Autoren: Lisa Papademetriou
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Wenn hier so ’ne Gang ihr Unwesen treibt …«
    »Mann, Angus, als ob es hier um irgendwelche Jugendbanden ginge.« Will goss einen Becher Wasser ein und reichte ihn Kirk, der ihn gierig leerte. »Das hier ist Shelter Bay. Hier gibt es Kühe. Kirk ist einfach nur total erledigt, weil er sich von einem Ende der Insel zum anderen geschleppt hat.«
    »Danke«, sagte Kirk, nachdem er ausgetrunken hatte, und reichte Will den leeren Becher.
    »Führst du jetzt das Interview oder ich?«, fragte Angus.
    »Was ist eigentlich hier los?«, wollte Kirk wissen. Ihn so klar reden zu hören, war seltsam ungewohnt – ganz als hätten die Tabletten ihre Wirkung getan und er wäre endlich wieder er selbst. Seine Stimme klang dünn, beinahe wie die eines Kindes, und Will spürte, dass sich in ihm so etwas wie ein Beschützerinstinkt regte.
    »Ach nichts. Bloß … nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest«, sagte Will. »Angus, lass ihn in Ruhe.«
    »Jetzt hör mal, ich mache hier nur meinen Job«, entgegnete Angus. »Was ist denn so falsch daran, einer Sache auf den Grund gehen zu wollen?«
    »Eigentlich haben die Ärzte gesagt, mit mir sei alles in Ordnung«, warf Kirk ein. Er sah an sich hinunter. Er trug ein blau-weißes Krankenhaushemd. »Sie meinten –« Er wurde mitten im Satz unterbrochen, als seine Schwester eintrat. »Adelaide?«
    »Die Ärzte sagen, außer Schürfwunden an den Füßen und Glassplittern im Arm fehlt dir nichts«, verkündete Kirks Schwester. »Sie sagen, ich kann dich mit nach Hause nehmen.« Diese Aussicht schien sie nicht gerade in Begeisterung zu versetzen. Sie warf saubere Jeans sowie ein zusammengefaltetes T-Shirt auf das Fußende des Krankenhausbettes. »Zieh das hier an und dann lass uns verschwinden.« Jetzt erst bemerkte sie Angus. »Was zum Teufel machst du denn hier?«
    Angus setzte eine beleidigte Miene auf. »Wieso muss ich mir heute eigentlich von jedem diese Frage anhören?«
    »Jetzt pass mal auf, Angus, mein Bruder wird nicht mit dir sprechen.«
    »Und was, wenn er mir etwas erzählen möchte?«, fragte Angus.
    »Möchte er aber nicht.« Adelaide warf Kirk einen mahnenden Blick zu und er schien ein wenig in sich zusammenzusacken, wie eine Schildkröte, die sich unter ihren sicheren Panzer zurückzieht.
    »Jetzt komm schon, Angus, lass uns von hier verschwinden.« Will zog seinen Freund am Ärmel und Angus warf Adelaide noch einen letzten Blick zu, bevor er Will nach draußen folgte.
    Keiner von ihnen sprach ein Wort, als sie in das grelle Licht der Parkplatzbeleuchtung hinaustraten. Will spürte Zorn in sich auflodern wie ein Stück Papier, das Feuer fängt und im nächsten Augenblick zu Asche zerfällt. Angus drückte einen Knopf an seinem Schlüsselanhänger, woraufhin ein schwarzer BMW seinen Standort signalisierte.
    »Wieso bist du nicht mit deinem Auto hier?«, fragte Will.
    »Mein Dad schläft noch«, antwortete Angus. »Ich habe mal angenommen, dass er nichts dagegen hat.«
    »Nichts bemerken würde, meinst du wohl eher.«
    »Na, sag ich doch.« Angus grinste über beide Ohren.
    »Wie auch immer.« Will beschloss, dass es wenig Sinn machte, sich auf eine Diskussion mit Angus einzulassen. »Bis dann«, sagte er, als Angus bei dem Wagen ankam.
    Er riss die Fahrertür auf und lehnte sich darauf. »Hey, Will!«, rief er.
    Will blickte sich um. »Was denn?«
    »Hat er dir gegenüber irgendeine Andeutung gemacht?«, fragte Angus. »Als du ihn dort gefunden hast?«
    »Nein, nichts«, erwiderte Will.
    Angus nickte. »Armes Kerlchen. Ich frage mich, ob wir jemals hinter die ganze Geschichte von Mr Alexander Newkirk Worstler kommen werden. Abgesehen davon, dass er natürlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Na ja …«
    »Warte mal, was hast du da gerade gesagt?« In Wills Kopf gerieten die Gedanken ins Schlingern wie Reifen auf schmelzendem Eis.
    »Ich sagte, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hat.«
    »Nein – das davor … wie hast du ihn genannt?«
    Angus zuckte verwundert mit den Schultern. »Newkirk? Der heißt so. Irgendein Familienname, schätze ich.« Er rollte belustigt mit den Augen. »Na, kein Wunder, dass er verrückt ist – bei dem Namen.«
    Will wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Familienname …« Newkirk. Wie James Newkirk. War es möglich, dass Kirk mit dem Kapitän aus Asias Erzählung verwandt war? Allerdings hatte sie doch gesagt, dass James kein zweites Mal geheiratet hatte. Da fiel es Will mit einem Mal wieder ein. Er hatte einen Sohn.
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