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Sina auf heißer Spur

Sina auf heißer Spur

Titel: Sina auf heißer Spur
Autoren: Luzie Bosch
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Tor gefahren war, blieb sie einen Moment lang unbehaglich stehen. Büro und Wohnhaus waren dunkel, auch der Stall lag wie eine schwarze Mauer vor ihr. Nur hinten in der Kammer, in der früher der Stallbursche gewohnt hatte, brannte noch Licht. Sina atmete erleichtert auf. Wenigstens war Mike da.
    Kurz überlegte sie, ob sie zu ihm gehen sollte. Ich könnte ihm von Roberts Mails erzählen, dachte sie. Dann könnte Mike entscheiden, wie wir vorgehen.
    Sie war schon ein paar Schritte in Richtung Kammer gegangen, als sie wieder innehielt. Nein, das war nicht der richtige Weg. Sie musste zuerst mit Sue sprechen. Danach konnten sie gemeinsam entscheiden, wie sie weitermachten. Heute Nacht würde nichts mehr geschehen. Nach dem Angriff auf die Vögel würde Robert zuerst einmal eine neue Mail schreiben, bevor er wieder zuschlug.
    Sina änderte die Richtung und ging zum Stall.
    Wo steckt eigentlich Washington?, fragte sie sich, als sie in der Dunkelheit versehentlich gegen einen Plastikeimer trat, der leise kollernd wegrollte. Sue hatte den Neufundländer damals als Wachhund gekauft. „Es ist ja doch ziemlich einsam da draußen“, hatte sie gesagt. „Gut, wenn einer aufpasst.“
    Aber in dieser Beziehung war Washington die totale Niete. Fremde begrüßte er grundsätzlich mit freundlichem Schwanzwedeln. Und jedem Einbrecher, der ihn mit einem Stück Wurst bestach, hätte er vermutlich dankbar die Hände geleckt.
    Dass er jetzt nicht begeistert bellend auf Sina zugerannt kam, war allerdings ungewöhnlich. Vielleicht hatte Sue ihn mit ins Haus genommen und er schlief dort genauso tief wie sie.
    Sina schob die Stalltür auf. Sofort fielen die Unruhe und die Nervosität von ihr ab. Dieser warme, gute Geruch nach Pferden, Heu und Gras. Und diese Geräusche, das leise Stampfen, das Malmen, Wiehern und Schnauben. Das alles war ihr so unendlich vertraut, dass sie sich wie zu Hause fühlte.
    Sina machte kein Licht an, um die Pferde nicht zu erschrecken. Durch die Oberlichter über den Boxen schien der Vollmond, und ihre Augen hatten sich inzwischen so an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie genug erkennen konnte.
    Sie standen alle in ihren Verschlägen, Dakota, Harlekin, Maxim, Acapulco, Camilla, Nike, Tibor, Saphir und Janko. Neugierig streckten sie Sina die großen Köpfe entgegen, als sie durch die Stallgasse zu Jankos Box ging. Warmer Pferdeatem streichelte sie, weiche Nüstern berührten ihr Haar. Da war ja auch die Tasche, stellte Sina fest. Bevor sie sie vom Türknauf zog, streichelte sie Jankos Stirn und kraulte ihn zwischen den Ohren. „Schlaf gut, alter Junge“, flüsterte sie. „Morgen reiten wir wieder zusammen aus.“
    In der letzten Box vor dem Ausgang stand Dakota. Sina machte immer einen Bogen um ihn. Dakota war so schrecklich nervös und launisch, und wenn ihn irgendetwas irritierte, schnappte er gerne zu.
    Sina hatte es jetzt eilig. Es war inzwischen bestimmt nach neun und sie wollte endlich nach Hause. Ihre Mutter wäre ausgerastet, wenn sie gewusst hätte, dass Sina in der Dunkelheit über die Felder zur Stadt radelte. Gut, dass sie nicht da ist, dachte Sina.
    Gerade als sie die Stalltür öffnen wollte, hörte sie ein leises Stöhnen.
    Sie blieb wie angewurzelt stehen. Ein Stöhnen, hier im Pferdestall? Nein, sie musste sich getäuscht haben.
    â€žHallo?“, fragte sie leise. „Ist hier jemand?“
    Stille. Dann wieder: ein seufzendes, klagendes Stöhnen, ein bisschen lauter als beim ersten Mal. Es kam ganz aus der Nähe.
    Mit einem Mal waren das Unbehagen und die Angst wieder zurück, die Sina den ganzen Tag schon gespürt hatte. Ich muss sofort Mike holen oder Sue, dachte sie. Was immer hier abgeht, ist eine Nummer zu groß für mich.
    Da war das Geräusch wieder!
    Ein Teil von Sina wollte nur noch weg, raus aus dem Stall, fort von hier. Aber ein anderer, mächtigerer Teil zwang sie stehen zu bleiben. Und sich umzublicken.
    â€žMmmmmhhhmmahh.“ Das Stöhnen kam von links. Aus Dakotas Box.
    Sina spähte über die Abtrennung. Wie ein elektrischer Stromschlag übertrug sich ihre Nervosität auf Dakota, der sofort zu trippeln und zu tänzeln begann. Sein Maul begann zu malmen. Wenn er sie jetzt bloß nicht biss!
    Hinter dem Hengst erkannte sie einen Gegenstand in der Streu. Es war ein großes Paket, ein Sack – nein, ein Mensch! Sina zuckte zusammen.
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