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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei
Autoren: Daniel F. Galouye
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will; welche Gründe für Bekenntniswechsel maßgebend sind; welche Chancen Gouverneur Stone hat, wiedergewählt zu werden; welche Waren besonders viel verlangt werden; ob Tante Bessie in der nächsten Modesaison Blau oder Rosa vorzieht.«
    Sie unterbrach mich mit perlendem Gelächter.
    »Schnüffler hinter jedem Busch.«
    Ich nickte.
    »Meinungsforscher allerwegen. Das ist natürlich ärgerlich. Aber nach dem Demoskopiegesetz sind sie als amtliche Personen anerkannt.«
    »Und Mr. Siskin wird das alles beseitigen? Zusammen mit Ihnen?«
    »Dank Hannon J. Fuller haben wir eine bessere Methode gefunden. Wir können eine ganze Gesellschaft, ein Milieu, elektronisch simulieren. Wir können sie mit individuellen Entsprechungen bevölkern – mit sogenannten reagierenden Identitätseinheiten. Durch Manipulierung des Milieus, durch Reizung der ID-Einheiten vermögen wir das Verhalten in hypothetischen Situationen zu beurteilen.«
    Ihr verzücktes Lächeln wurde ein wenig unsicher, aber sie hatte sich schnell wieder gefangen.
    »Ich verstehe«, sagte sie, aber es gab keinen Zweifel daran, daß sie nichts begriff. Das ermutigte mich, meine Taktik weiterzuverfolgen.
    »Der Simulator ist das elektromathematische Modell eines durchschnittlichen Gemeinwesens. Er erlaubt Verhaltensvoraussagen auf weite Sicht. Diese Vorhersagen sind noch um ein Vielfaches präziser als die Ergebnisse einer ganzen Armee von Meinungsforschern – Schnüfflern –, die unsere Stadt durchkämmen.«
    Sie lachte unsicher.
    »Aber selbstverständlich. Ich hätte nie gedacht – seien Sie lieb, Doug, und besorgen Sie uns etwas zu trinken.«
    Mein irregeleitetes Pflichtgefühl gegenüber dem Siskin-Konzern hätte mich vielleicht dazu veranlaßt, ihr ein Getränk zu besorgen, aber die Leute standen in vier Reihen an der Bar, und während ich noch zögerte, stürzte sich einer der jungen Werbeexperten eifrig auf Dorothy.
    Erleichtert schlenderte ich zum kalten Büfett. Siskin, von einem Kolumnisten und dem Vertreter einer Fernsehgesellschaft flankiert, hielt einen Vortrag über die in Kürze vorzustellenden Wunder des TEAG-Simulators. Er strahlte über das ganze Gesicht.
    »Es ist sogar möglich, daß diese neue Anwendung der Simulektronik – es handelt sich nämlich um einen geheimen Prozeß – auf unsere Kultur eine solche Wirkung haben wird, daß die anderen Unternehmen des Siskin-Konzerns gegenüber der TEAG in den Hintergrund treten werden.«
    Der Mann vom Fernsehen stellte eine Frage, und Siskins Antwort kam reflexartig.
    »Simulektronik ist dieser Sache gegenüber direkt primitiv. Wahrscheinlichkeitsvorhersagen auf Elektronenrechnerbasis sind auf eine einzige Methode der Reiz-Reaktions-Forschung beschränkt. Der totale Milieusimulator dagegen gibt die Antwort auf jede beliebige Frage bezüglich hypothetischer Reaktionen im gesamten Bereich des menschlichen Verhaltens.«
    Er hatte natürlich nur das wiedergekaut, was er von Fuller gehört hatte, aber bei Siskin klangen die Worte einfach prahlerisch. Fuller dagegen hatte an seinen Simulator geglaubt, als handle es sich nicht um ein zweistöckiges Gebäude voll komplizierter Schaltanlagen, sondern um eine Religion.
    Ich dachte an Fuller, fühlte mich einsam, und den Anforderungen, die sich für mich als seinen Nachfolger ergaben, nicht gewachsen. Er war mir weitaus überlegen gewesen, hatte sich aber als herzlicher und bedächtiger Freund erwiesen. Schön – er war exzentrisch gewesen, aber nur deshalb, weil sein Ziel über alles ging. Der Milieusimulator mochte lediglich eine Investition darstellen, was Siskin anging. Fuller hatte darin stets mehr gesehen, nämlich den vielversprechenden Zugang zu einer neuen und besseren Welt.
    Die Verbindung mit dem Siskin-Konzern war er aus finanziellen Gründen eingegangen. Während der Simulator zwar mit Arbeitsverträgen Geld einbringen sollte, war es Fuller in erster Linie darauf angekommen, das schwer erfaßbare Gebiet gesellschaftlicher und menschlicher Zwischenbeziehungen von Grund auf zu erforschen und somit den Weg zu einer neuen, besseren Ordnung zu ebnen.
    Ich ging langsam zur Tür und sah aus dem Augenwinkel, daß Siskin die Journalisten stehenließ. Er hastete durch das Zimmer und bedeckte die ›Auf‹-Taste neben der Tür mit der Hand.
    »Sie wollen uns doch wohl nicht davonlaufen, lieber Freund?«
    Offensichtlich bezog er sich auf meinen Entschluß, der Party den Rücken zu kehren. Aber war dem wirklich so? Mir fiel ein, daß ich im Augenblick
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