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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei
Autoren: Daniel F. Galouye
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auf und übergoß die Stadt mit blutrotem Widerschein, als sie himmelwärts stieg.
    Lynch war zusammengezuckt und aufgesprungen. Ich packte ihn bei den Schultern und drückte ihn in den Sessel zurück.
    »Warten Sie hier. Ich besorge Ihnen etwas zu trinken.«
    Als ich mit dem Whisky zurückkam, kippte er ihn hinunter und ließ das Glas fallen.
    »Nein«, sagte er mit schwankender Stimme, »Fuller ist nicht ermordet worden. ›Mord‹ beschreibt auch nicht annähernd, was geschehen ist.«
    »Er rannte gegen eine Hochspannungsleitung«, erinnerte ich ihn. »Es war spät nachts. Er war erschöpft. Sind Sie dabeigewesen?«
    »Nein. Drei Stunden vorher hatten wir uns miteinander unterhalten. Ich hielt ihn für verrückt. Was er sagte, wollte mir einfach nicht in den Kopf. Er sagte, er wolle mich nicht mit hineinziehen, aber er müsse einfach mit einem Menschen darüber sprechen. Sie waren noch in Urlaub. Dann … dann …«
    »Ja?«
    »Dann sagte er, er glaube, man werde ihn umbringen, weil er sich entschlossen habe, das Geheimnis nicht mehr für sich zu behalten.«
    »Was wollte er geheimhalten?«
    Aber Lynch ließ sich nicht unterbrechen.
    »Und er sagte, wenn er verschwände oder stürbe, würde ich wissen, daß es sich nicht um einen Unfall gehandelt habe.«
    »Was für ein Geheimnis hat er denn gemeint?«
    »Aber das kann ich niemandem sagen, nicht einmal Ihnen. Wenn das, was er behauptet hat, nämlich wahr ist – ich war die ganze letzte Woche auf der Flucht, um mir darüber klarzuwerden, was geschehen soll.«
    Der Lärm aus dem Apartment drang plötzlich laut herein, als die Türen zum Dachgarten geöffnet wurden.
    »Oh, da sind Sie ja, Doug!«
    Ich warf einen Blick hinüber zu Dorothy Ford, die unter der Tür stand und ein bißchen schwankte. Ich wiederhole ausdrücklich, daß ich ihr nur einen Blick zugeworfen habe, daß ich Morton Lynch nicht länger als eine Zehntelsekunde aus den Augen ließ.
    Aber als ich wieder auf den Sessel hinuntersah, war er leer.
     

2
    Bis zur Mittagsstunde des nächsten Tages brachten Siskins propagandistische Bemühungen bereits Dividenden ein. Soviel ich feststellen konnte, hatten zwei Fernsehgesellschaften am Vormittag Kommentare von ›Eingeweihten‹ über die neueste Entwicklung in der Simulektronik gesendet. Die Frühausgaben aller drei am Nachmittag erscheinenden Zeitungen befaßten sich auf der ersten Seite mit der TEAG und ihrem Umweltsimulator. Nur an einer Stelle konnte ich jedoch etwas über Morton Lynchs Verschwinden finden. Stan Walters in der ›Evening Press‹ hatte seine Kolumne mit folgender Bemerkung abgeschlossen:
     
    ›Es hat den Anschein, daß die Polizei sich, wenn auch nicht allzu ernstlich, Gedanken über das angebliche ›Verschwinden‹ eines Morton Lynch macht, der in Horace P. Siskins grandiosem neuen Unternehmen, der TEST-AG, den Sicherheitsdienst leitet. Wir tippen jedoch darauf, daß die Suche nicht mit allzuviel Nachdruck betrieben werden dürfte. Der Anzeigende behauptet, Lynch sei einfach ›verschwunden‹. Das Ganze soll sich gestern nacht bei der Dachgarten-Party in Siskins Wohnung zugetragen haben. Jedermann weiß aber, daß von Siskins Festen noch weit unglaublichere Dinge berichtet worden sind.‹
     
    Selbstverständlich hatte ich im Polizeipräsidium vorgesprochen. Was blieb mir anderes übrig? Man zuckt nicht einfach die Achseln und vergißt, daß man einen Menschen hat verschwinden sehen.
    Der Summer der Wechselsprechanlage auf meinem Schreibtisch tönte, aber ich achtete nicht darauf, weil ich gerade zusah, wie ein Flugwagen auf die mittlere Landeinsel der Straße herabsank. In der vorgeschriebenen Schwebehöhe von fünfzehn Zentimetern glitt das Fahrzeug über die Verkehrsbahnen und kam am Randstein zum Stillstand. Ein Dutzend Männer mit ATI-Armbändern stürzte heraus.
    Die Leute nahmen auf dem Bürgersteig vor dem TEAG-Gebäude Aufstellung und präsentierten Schilder mit der Aufschrift:
     
    DER SISKIN-KONZERN BEDROHT UNS MIT
MASSENARBEITSLOSIGKEIT!
GESELLSCHAFTLICHER UMWÄLZUNG!
WIRTSCHAFTLICHEM CHAOS!
Berufsverband der Test-Interviewer
     
    Da war sie, die erste impulsive Antwort auf die Arbeitskräfte sparende Verheißung der Simulektronik in ihrer fortschrittlichsten Anwendung. Das war nicht neu. Die Welt hatte derlei schon mehrmals zu bestehen gehabt – während der industriellen Revolution, während des Übergangs zur Automation.
    Der Summer tönte anhaltend, und ich drückte die Taste. Miss Boykins Gesicht erschien auf
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