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Silvy macht ihr Glück

Silvy macht ihr Glück

Titel: Silvy macht ihr Glück
Autoren: Berte Bratt
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dich, in deinem Alter!“
    „Du mißverstehst die Lage, junger Mann.“
    „Hör jetzt. Madame Allen ist nicht jung, ob sie hübsch ist, weiß ich nicht. Aber sie hat ein imponierendes Auto, und…“
    „Stopp“, rief der Onkel. „Natürlich habe ich Madame Allen gesehen. Hübsche Dame mit weißen Haaren und prachtvollem Schmuck. Sie wohnt ja in derselben Etage wie ich, hat eine der teuersten Suiten, soviel ich weiß. Aber warum interessiert dich das? Sie könnte ja deine Mutter sein. Nein, warte mal – Ah, ich Idiot, ich ahne, wer der Gegenstand deines Interesses ist. Groß, schlank, blond, einen Gang wie eine Göttin, stimmt das?“
    „Gesetzt den Fall, daß es stimmt: Kennst du sie?“
    „Ja aber, lieber Junge, das ist sie ja!“
    „Welche sie?“
    „Diese Schönheitsoffenbarung im Neglige.“
    „Onkel, die Bande des Blutes sind stark, aber trotzdem: Wenn du weiterhin von Sylvi im Neglige sprichst, ohne dich näher zu erklären, kannst du dich daraufgefaßt machen, daß ich dir morgen früh meine Sekundanten schicke.“
    „Unsinn. Die junge Dame kam heute morgen aus Madame Allens Suite, und sie sah entzückend aus in einem Morgenrock, der gewiß – selbst ich konnte es erkennen – ein exklusives Stück war.“
    „Selbst du konntest es erkennen! Lieber Onkel, Hand aufs Herz, wie viele Frauen hast du im Neglige gesehen?“
    „Halt den Mund, Grünschnabel. Aber nun zu dir. Man tut ja alles für die Familie und das Glück seines Neffen. Was willst du wissen?“
    „Ach, das weißt du so gut wie ich. Was muß man denn wissen, wenn man ernsthafte Absichten hat?“
    „Also die junge Dame ist die Tochter von Frau Allen?“
    „Pflegetochter oder Verwandte oder was Ähnliches, glaube ich.“
    „Gut, du willst also Näheres über Madame Allen wissen. Schön mein Junge, ich gehe zum Essen ins Belville zurück. Du hältst dich zurück, bis – sagen wir, bis zur Teezeit. Dann kannst du deinen alten Onkel besuchen, und wir können sehen, was wir ins reine bringen werden. Man ist ja nicht ohne Erfahrung in diesen delikaten Dingen.“
    Die Erfahrungen des Onkels mußten mannigfach und gründlich sein, denn er konnte seinem Neffen später eine ganze Reihe, von Aufschlüssen über Madame Allen geben.
    „Eine steinreiche Witwe“, erzählte er. „Gute Familie. Sehr gern gesehener Gast in allen besseren Hotels. Kultivierte, liebenswürdige Dame. Hatte Gelegenheit, sie nach dem Essen kennenzulernen. -Nein, deinen goldhaarigen Herzensschatz habe ich nicht gesehen, und ich wollte nicht das Gespräch darauf bringen, man muß zuerst recht vorsichtig sein. Madame Allen saß jetzt gerade auf der Terrasse und trank Tee. Komm mit, dann werde ich dich vorstellen. Aber sei vorsichtig, junger Mann, frage nicht gleich, ob Goldhaar ihre Universalerbin ist.“
    „Glaubst du, ich bin von gestern?“ erwiderte Jean.
    Dann lotste der Onkel seinen Neffen zur Terrasse, wo Frau Allen wirklich noch bei ihrem Tee saß.
    Für Jeans Onkel war es nicht schwierig, eine Unterhaltung zu beginnen, und Frau Allen war liebenswürdig und entgegenkommend.
    Dann war der Augenblick für den Onkel gekommen, Madame zu fragen, ob er ihr seinen Neffen vorstellen dürfe, und es wurde freundlich gestattet.
    Jean küßte ehrerbietig Frau Allens Hand, sprach einige höfliche Worte, erlaubte sich einen kleinen Scherz, und bald war ein Gespräch in vollem Gang. Und während die Minuten vergingen, fand Jean, daß er allen Grund hatte, sich zu gratulieren. Er dachte an Sylvi in den eleganten Kleidern, an das große Auto, das sie gewandt und sicher fuhr. Er erinnerte sich an den wertvollen Schmuck, den sie getragen hatte, und er dachte mit Neid an den Onkel, der Sylvi in einem „exklusiven“ Morgenrock gesehen hatte.
    Und die Tatsache, daß dieses entzückende junge Mädchen diese kultivierte und augenscheinlich begüterte Dame als Rückhalt hatte, ließ ihm die Bekanntschaft noch reizvoller erscheinen.
    Jean war noch mit seinen Gedanken beschäftigt, als Sylvi auf der Terrasse erschien: eine schlanke Gestalt in grauer Livree und langen, schlanken Beinen in Kniehosen. Ihre Chauffeurmütze saß keck etwas schief auf dem Kopf. Sie sah, daß Frau Allen sich mit einem älteren Herrn unterhielt. Die dritte Person am Tisch saß mit dem Rücken zu ihr, und sie beachtete sie nicht.
    „Madame“ – Frau Allen schätzte es, wenn in einer Sprache geredet wurde, die alle Anwesenden verstanden, und Sylvi wechselte ständig behende zwischen Französisch und Englisch –
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