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Silvy macht ihr Glück

Silvy macht ihr Glück

Titel: Silvy macht ihr Glück
Autoren: Berte Bratt
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meinen Mann verlor. Da wurde ich einsam. Ich hatte früher nie das Bedürfnis, Verbindungen zu anderen Menschen zu pflegen. Mein Mann war mein Kamerad, mein Ehepartner, mein bester Freund. Nun ja, was wollte ich sagen? Es fiel mir schwer, mich an andere Menschen anzuschließen. Aber jetzt habe ich doch oft den Wunsch, einen Menschen um mich zu haben, dem ich vertrauen kann, und ich habe Sie liebgewonnen, Sylvi. Um es konkret zu sagen: Hätten Sie Lust, Ihren Wirkungskreis bei mir zu erweitern und sich als Gesellschaftsdame zu versuchen? Selbstverständlich erhöhe ich dann auch Ihr Gehalt.“
    „Nie im Leben“, rief Sylvi, „ich will keinen Pfennig mehr haben! Aber ob ich Gesellschaftsdame bei Ihnen werden will: Ja, großer Gott, und ob ich will! Aber, Frau Allen, ich kann nichts, verstehen Sie, und ich weiß gar nicht, was eine Gesellschaftsdame können muß. Was auch immer es ist, ich kann es sicher nicht. Ich kann nur alles, was mit Autos zu tun hat.“
    „Und alten kranken Damen helfen, die sich übergeben, um es ganz deutlich zu sagen“, lachte Frau Allen.
    „Ja, von Krankenpflege verstehe ich wohl ein wenig, aber sonst kann ich nichts. Und noch etwas: wenn Sie mich ab und zu los sein wollen, dann sagen Sie es doch bitte. Alle Menschen wollen doch manchmal allein sein, und dann muß eine Gesellschaftsdame doch wie eine Plage erscheinen.“
    „Ja“, nickte Frau Allen, „deshalb habe ich auch noch nie eine haben wollen. Aber, wie gesagt, ich habe kapituliert. Und wenn Sie allzu abscheulich sind, werden Sie einfach wieder in die Küche verbannt.“
    „Oh, da ist es sehr gemütlich“, meinte Sylvi lächelnd. Und dann begann sie zu lachen.
    „Worüber lachen Sie denn?“ fragte Frau Allen.
    „Über Klara“, antwortete Sylvi. „Was wird die bloß dazu sagen?“

10
     
     
    Sylvieließ sich am nächsten Morgen das Frühstück auf ihr Zimmer bringen. Sie wollte vermeiden, Jörn zu begegnen. Daß sie abscheulich gegen ihn gewesen war, darüber war sie sich seit 24 Stunden klar.
    Aber dazu kam noch, daß sie einräumen mußte, wie recht er hatte. Es rumorte immerzu in ihrem Gewissen; sie war ein ehrlicher Mensch. Und sie wußte auch, wenn sie eine Gemeinheit begangen hatte, gab es nur eine Lösung: um Entschuldigung bitten, wie ungeheuer peinlich ihr das auch sein mochte.
    Nach dem Frühstück stand sie auf, zog ihren Arbeitsanzug an und ging direkt hinunter in die Garage. Dort begann sie, das Auto zu putzen.
    Aber es gelang ihr nicht, die trüben Gedanken zu verscheuchen. Und sie merkte, daß das Zerwürfnis mit Jörn sie am meisten peinigte. Jeans Reaktion bei der überraschenden Begegnung machte sie wütend und aufgebracht, aber es war nicht das, was sie wirklich bedrückte. Nein, es war eine zornige Stimme, die sagte: „Schäme dich, schäme dich!“
    Sylvi schämte sich wirklich. Sie schämte sich so, daß sie sich selbst nicht leiden mochte.
    Jörn hatte ein wenig Zeit zum Verschnaufen. Er plauderte eben mit dem Portier, als ein Anruf von einem der Zimmer kam.
    „Leider, Madame, Ihr Chauffeur ist nicht auf ihrem Zimmer. Vielleicht in der Garage. Ich werde den Bescheid dahin senden, Madame…“ sagte der Portier in die Muschel. Er rief einen Pagen und gab ihm den Auftrag, Madame Allens Chauffeur zu suchen.
    „Das kann ich tun“, unterbrach Jörn, „ich wollte ohnehin ein bißchen frische Luft schnappen.“
    Er fand Sylvi vor der Garage. Sie stand über den Kühler gebeugt. Ihr helles Haar fiel nach vorn, so daß er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    „Guten Morgen, Sylvi.“
    Sie blickte empor. Ihr Gesicht war so klein und blaß, aber als sie Jörn sah, schoß Röte in ihre Wangen.
    „Oh – guten Morgen, Jörn.“
    „Frau Allen fragt nach dir.“
    „Danke, Jörn… ich…“ Sie kam näher und wischte ihre Hände an der Hose ab wie ein linkisches Kind. Jörn mußte unwillkürlich lächeln. Sie wirkte auf einmal so kindlich, so hilflos und lieb und erinnerte in nichts an das sichere und kecke Mädchen.
    „Jörn, ich muß dir bloß sagen, daß… Ich weiß, daß ich neulich abend widerwärtig war. Und es tut mir so leid. – Ja, das Abscheulichste, was ich kenne, ist, um Entschuldigung zu bitten, aber nun muß es wohl sein.“ Auf einmal hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen, während sie ihm die Hand reichte, die nicht frei von Ölflecken war. „Verzeih mir, Jörn.“
    „Kleine Sylvi, ich hätte wohl um Verzeihung bitten sollen.“
    „Nein, die Ohrfeige war so wohlverdient, wie es eine
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