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Silvermind (German Edition)

Silvermind (German Edition)

Titel: Silvermind (German Edition)
Autoren: T.S. Nightsoul
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unverzeihlichen Dinge war lang geworden.

    Nero lief, bis er den Park erreichte. Er ging an einer Bank vorbei, auf dem eine Person triefend vom Regen saß. Fassungslos schüttelte Nero den Kopf. Da war jemand bekloppter als er. Aus dem Augenwinkel vernahm er gefärbte Haare, ein Farbfleck in dem Grau, in das die Umgebung getaucht war. Nach ein paar Metern, die er weitergegangen war, blieb er stehen. Er warf einen Blick über die Schulter und betrachtete die Gestalt nachdenklich. Es waren blaue Haare.

    Nero drehte um, ging den Weg zurück und hielt direkt vor der Person. Diese Gesichtszüge waren ihm vertraut, nächtelang hatte dieser Mann ihm den Schlaf geraubt. Ray starrte auf den Boden, hatte ihn nicht bemerkt. Nero wischte sich die Regentropfen aus dem Gesicht. Er wollte die Dinge bereinigen, die zwischen ihnen standen. Der Kleine hatte es am allerwenigsten verdient, abwertend behandelt zu werden. Es würde vielleicht das letzte Mal sein, dass er Ray sah. Den Mann, der nach der vermasselten Tour ohne etwas dastand und sich dennoch nicht beklagte. Kurz drifteten Neros Gedanken zu seinem Bruder. Neo hätte sich ein Beispiel an Ray nehmen sollen.

    „Ray“, richtete Nero mit heiserer Stimme an ihn. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der Kleine den Kopf hob und ihn ansah.

    „Es tut mir leid.“ Es waren vier Worte, in denen er all die Ernsthaftigkeit legte, die er aufbrachte, all den Schmerz, den er empfand. Ihre Blicke verschmolzen ineinander. Die grauen Tiefen waren gefüllt mit Enttäuschung, Qual und ein Gefühl, das Nero nicht zu deuten vermochte. Tropfen rannen über das Gesicht, hefteten sich auf die Nasenspitze, flossen zu den Lippen. Er vernahm das Zittern des Kleinen, wartete angespannt darauf, dass dieser etwas sagte. Aber die Zeit verstrich ohne ein Wort.

    „Es tut mir leid“, wiederholte Nero, die Stimme erstickt vom Regen. Sein Herz zog sich zusammen. Er wusste nicht, was er wollte. Zum Ende alles, vielleicht würde auch ein Blinzeln Rays genügen. Irgendetwas, damit Nero die Gewissheit hatte, dass seine Worte bei dem Kleinen angekommen waren. Hilflos streckte er eine Hand nach Ray aus, hielt sie zwischen ihnen in der Luft, die Finger auffordernd. Der Kleine betrachtete erst Nero, dann die Hand. Aber er tat nichts. Nero spürte Verzweiflung in sich aufsteigen. Die Zeit hatte gegen ihn gespielt. Je mehr davon verstrich, desto sicherer war er, dass er Ray endgültig verloren hatte, es keinen Weg gab, der ihn das verzeihen ließ, was Nero ihm angetan hatte. Entmutigt sank seine Hand Stück für Stück zurück. Nero wandte den Blick ab, die Lippen zusammengepresst. Das Spiel, das er gespielt hatte, endete mit einem Game Over. Das Gefühl des Verlustes flackerte in ihm auf. Er hatte versagt, auf ganzer Linie.

    Nero war im Inbegriff sich umzudrehen, als er an der Schulter herum gerissen und von einer Faust hart am Kinn getroffen wurde. Durch den Schlag biss er sich auf die Zunge, Schmerz schoss ihm in den Kiefer. Er stöhnte auf. Fest wurde er am Kragen gepackt.

    „Wage es nicht, das Knie zu heben!“, knurrte er Ray an, dessen Augen vor Wut schäumten.

    „Du bist ein Mistkerl“, stieß der zornig aus und schubste ihn an der Schulter. Nero stolperte nach hinten. Im gleichen Atemzug traf ihn wieder eine Faust am Kinn. Das Gleichgewicht verlierend ging Nero zu Boden. Ray stand schwer atmend vor ihm. Nero schüttelte leicht den Kopf, bewegte den Kiefer und schloss kurzzeitig die Augen, als er einen heftigen Stich verspürte.

    „Tut´s weh?“, fragte Ray herausfordernd.

    „Ja“, meinte Nero und spuckte Blut auf den Boden.

    „Freut mich, sollte es auch.“ Er warf Ray einen finsteren Blick zu, dann hievte er sich hoch. Sie standen sich gegenüber, Regen auf sie niederprasselnd, der stärker geworden war. Nero wusste nicht, was er sagen sollte, so viel war ungeklärt, stand zwischen ihnen. Er hatte die Schläge verdient, aber damit wollte er sich nicht von Ray trennen. Mit einem Mal war ihm klar, was er wirklich wollte, um was er kämpfen musste.

    „Darf ich dir ein Geheimnis verraten?“, richtete er an den Kleinen. Das Rauschen des Regens dämpfte seine Stimme. Ray brauchte einen Moment, um sich zu beruhigen, rang sichtlich mit sich. Nero verübelte es ihm nicht.

    „Welches?“, meinte der schließlich.

    „Ich brauche dich.“

    Er wandte den Blick nicht ab, nachdem er die drei Worte ausgesprochen hatte. Nero musste wissen, was sie in Ray auslösten. Ob alles vorbei war oder sie
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