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Silvermind (German Edition)

Silvermind (German Edition)

Titel: Silvermind (German Edition)
Autoren: T.S. Nightsoul
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Emotionslosigkeit, als sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, die wehtaten. Daran war er bereits gewöhnt. Mit seinem Vater hatte er es nie anders gehandhabt. Nur dieses Mal hatte Ray keine Fluchtmöglichkeit. Es war schlichter Selbstschutz.

    „Ich gehe zum Bus. Du brauchst deine Sachen noch, oder?“, meinte Ray zu Blair, als sie zurück in der Eingangshalle waren.

    „Ich habe sie vorhin bereits runter gebracht. Liegen bei der Sitzecke.“ Ray nickte. Während der Keyboarder seine Tasche holte, wartete er. Gemeinsam gingen sie schließlich zum Bus. Ray ließ seine Sachen nicht verstauen. Er nahm sie mit nach oben, schmiss sie auf sein Bett und setzte sich nahe einem Fenster hin. Blair gesellte sich zu ihm.

    „Es ist nicht leicht, mit den Zwillingen umzugehen, Ray. Etwas Ähnliches habe ich mit Neo durch“, meinte der Keyboarder eindringlich, leise. Ray schnaubte verächtlich.

    „Mein Beileid, dass du dir Neo ausgesucht hast. Der ist sogar schlimmer als der Leader.“

    „Ich weiß, aber man kann sich nicht aussuchen, wo die Liebe hinfällt, nicht wahr?“ Ray seufzte.

    „Tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es bei dir so ernst ist.“

    „Schon okay. Die Sache ist längst Geschichte.“ Ray warf dem Keyboarder einen forschenden Blick zu. Nein, das zwischen ihm und Neo war nicht zu Ende. Dafür stand zu viel Schmerz in den Augen. Keine Erinnerung an vergangenen, sondern frischer.

    „Dich nimmt das ziemlich mit, oder?“, richtete Ray vorsichtig an Blair. Der zuckte mit den Schultern.

    „Man vergisst nicht, was war. Aber jeder muss aus seinen Fehlern lernen.“

    „Wohl wahr.“

    „Liebst du ihn?“, meinte Blair leise, den Blick starr nach vorne gerichtet. Ray stellte sich die Frage für einen Moment still, lauschte in sein Innerstes. Er konnte nicht leugnen, dass er etwas für den Leader empfand, egal, wie dreckig dieser zu ihm gewesen war, doch Liebe war es nicht. Ray würde dieses Gefühl nie bei jemandem verspüren.

    „Nein. Es war einzig die eine Nacht, die mir zum Verhängnis wurde“, entgegnete er, überzeugt davon, dass es der Wahrheit entsprach. „Warum?“, fragte er nach.

    „Eure Blicke. Sie sprechen eine andere Sprache als die, mit der ihr euch verständigt.“

    „Stimmt, Mord und Todschlag“, meinte Ray humorlos. Er hatte nie einen Blick von Nero bekommen, der nicht von Abweisung zeugte oder gelogen war. Ihm war es schleierhaft, was die anderen sahen, ihm aber verborgen blieb.

    „Nein, Ray. Dafür kenne ich Nero zu lange.“ Damit klopfte Blair ihm auf die Schulter und stand auf. Ray sah ihm nach, als er sich in ein Schlafabteil legte. Er musste zugeben, dass Blair ihm ein guter Freund geworden war.

    ***

    Die Fahrt über hatte er geschlafen. Die Stimmung war ohnehin angespannt, die anderen Jungs betrübt, sodass Ray die Stunden im Traumreich verbracht hatte. Ihm war es als die beste Entscheidung erschienen. Zudem war er somit nicht den beißenden Gedanken ausgesetzt gewesen. Nach zehn Stunden im Bus, in dem die Luft erdrückend stickig gewesen war, war er froh, endlich in der Heimat zu sein.

    Sie hatten bei der Fabrikhalle gehalten, in der sie immer probten. Gerädert schnappte er sich seine Tasche und trat hinaus in den leichten Nieselregen. Es war kurz nach Mitternacht.

    „Wir räumen die nächsten Tage aus, einverstanden?“, meinte Mark in die Runde, der gähnend im Regen stand und sich dann über das Gesicht rieb.

    „Ja“, meinte Nero düster. Ray vermied es, den Leader anzusehen. Ein Grund mehr, dass die Entscheidung gut gewesen war, die Fahrt über zu schlafen. So hatte er Nero aus dem Weg gehen können.

    Für einen Moment standen sie alle zusammen vor dem Bus, in das Licht getaucht, das aus dem Inneren auf sie schien, bewegungslos, scheinbar nicht wissend, was sie tun sollten. Ray senkte die Augen gen Boden, starrte auf den Kies, der in der Dunkelheit wie ein bodenloses, schwarzes Loch wirkte. Das Verlangen war übermächtig, darin zu verschwinden. Er war zu Hause, sagte er sich. Ohne Wohnung, ohne großartig finanzielle Mittel, mit den gleichen Problemen wie vor der Tour. Wieder war er alleine, auf sich gestellt. Das Bandleben war für ihn vorbei. Nach der Nummer, die sich Nero geleistet hatte, würde er nicht länger bei ´Silvermind` bleiben. Die Jungs schienen das zu spüren. Der Abschied lag in der Luft, doch keiner sprach an, was zwischen ihnen allen stand, welche Entscheidung Ray getroffen hatte.

    Als er einen Blick auf sich ruhen spürte, wandte
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