Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silver Linings (German Edition)

Silver Linings (German Edition)

Titel: Silver Linings (German Edition)
Autoren: Matthew Quick
Vom Netzwerk:
lutscht. «Vor über zwei Jahren.»
    «Was? Ich war doch neulich noch im Vet, als …» Ich stocke, weil mir plötzlich ein bisschen schwindelig und übel wird. « Welches Jahr hast du gerade gesagt?»
    Mein Vater öffnet den Mund, um etwas zu sagen, doch meine Mutter kommt ihm zuvor: «Während du weg warst, hat sich viel verändert.»
    Trotzdem weigere ich mich zu glauben, dass es das Vet nicht mehr gibt, selbst als Jake seinen Laptop aus dem Wagen holt und mir ein heruntergeladenes Video vorspielt, das zeigt, wie das Vet gesprengt wird. Das Veterans Stadium – zu dem wir immer «der Beton-Donut» sagten – fällt in sich zusammen wie ein Kreis aus Dominosteinen, grauer Staub füllt den Bildschirm, und es bricht mir das Herz, als ich sehe, wie es einstürzt, obwohl mich der Verdacht beschleicht, dass ich mir bloß einen computergenerierten Trick anschaue.
    Als ich klein war, nahm mein Vater mich zu vielen Baseballspielen der Phillies mit ins Vet, und dann kamen natürlich die ganzen Eagles-Spiele mit Jake, deshalb fällt es mir schwer zu begreifen, dass ein so wichtiges Monument meiner Kindheit zerstört werden konnte, während ich an dem schlimmen Ort war. Das Video endet, und ich frage meine Mutter, ob ich mal kurz nebenan mit ihr reden kann.
    «Was gibt’s?», fragt sie, als wir in der Küche sind.
    «Dr. Patel hat gesagt, die neuen Medikamente könnten bei mir Halluzinationen auslösen.»
    «Okay.»
    «Ich glaube, ich hab gerade auf Jakes Computer gesehen, wie das Veterans Stadium abgerissen wird.»
    «Ja, Schätzchen, das hast du. Es ist vor über zwei Jahren abgerissen worden.»
    «Welches Jahr haben wir jetzt?»
    Sie zögert und sagt dann: «Zweitausendsechs.»
    Dann wäre ich jetzt vierunddreißig. Die Auszeit würde schon vier Jahre dauern. Unmöglich, denke ich. «Woher weiß ich, dass ich nicht gerade halluziniere? Woher weiß ich, dass du keine Halluzination bist? Ihr seid Halluzinationen! Ihr alle!» Ich merke, dass ich schreie, aber ich kann nichts dagegen machen.
    Mom schüttelt den Kopf, versucht, meine Wange zu berühren, aber ich schlage ihre Hand weg, und sie fängt an zu weinen.
    «Wie lange war ich an dem schlimmen Ort? Wie lange? Sag’s mir!»
    «Was ist denn da los?», ruft mein Vater. «Wir versuchen hier, uns ein Spiel anzuschauen!»
    «Schsch!», sagt meine Mutter unter Tränen.
    «Wie lange?», brülle ich.
    «Sag’s ihm, Jeanie! Na los! Früher oder später findet er’s sowieso raus!», ruft mein Vater aus dem Wohnzimmer. «Sag’s ihm!»
    Ich packe meine Mutter an den Schultern, schüttele sie so fest, dass ihr Kopf vor- und zurückschlackert, und brülle: «Wie lange?»
    «Fast vier Jahre», sagt Jake. Ich schaue nach hinten, und mein Bruder steht in der Tür zur Küche. «Jetzt lass Mom los.»
    «Vier Jahre?» Ich lache und lasse die Schultern meiner Mutter los. Sie legt die Hände auf den Mund, und ihre Augen sind voller Mitleid und Tränen. «Wieso treibt ihr solche Scherze mit –»
    Ich höre meine Mutter aufschreien, spüre meinen Hinterkopf gegen den Kühlschrank knallen, und dann wird alles schwarz.

[zur Inhaltsübersicht]
    Ich fürchte ihn mehr als jedes andere menschliche Wesen
    Als ich nach New Jersey zurückkehrte, dachte ich, ich wäre nun in Sicherheit, weil ich nicht damit rechnete, dass Kenny G den schlimmen Ort verlassen könnte, was naiv war, wie mir jetzt klar ist, denn Kenny G ist überaus talentiert und findig und darf niemals unterschätzt werden.
    Ich schlafe auf dem Speicher, weil es da oben so wahnsinnig heiß ist. Nachdem meine Eltern zu Bett gegangen sind, steige ich die Treppe hinauf, schalte den Lüftungsventilator ab, schlüpfe in meinen alten Winterschlafsack, ziehe den Reißverschluss hoch, sodass nur noch mein Gesicht frei ist, und schwitze dann die Pfunde weg. Da die Lüftung ausgeschaltet ist, steigt die Temperatur rasch an, und bald ist mein Schlafsack völlig durchgeschwitzt, und ich kann regelrecht spüren, wie ich dünner werde. Ich habe das schon mehrere Nächte so gemacht, und es ist absolut nichts Seltsames oder Ungewöhnliches passiert.
    Aber heute Nacht liege ich da und schwitze und schwitze und schwitze, und plötzlich höre ich die sexy Synthesizer-Akkorde in der Dunkelheit. Ich halte die Augen geschlossen, summe einen einzelnen Ton und zähle im Geist bis zehn, leere meinen Kopf. Ich weiß, dass ich bloß halluziniere, denn Dr. Patel hat gesagt, dass das passieren könnte, doch Kenny schlägt mir ins Gesicht, und als ich die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher