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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sobo Swobodnik
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Plotek natürlich nicht widersprechen. »Und dann?«, fragte er.
    »Dann gehe ich mit Marlies.« Er umarmte sie. »Wahrscheinlich bleibe ich eine Zeit lang bei ihr.«
    »Wo?«
    »Berlin«, sagte Marlies, wie man sagt: »My home is my castle.«
    Plotek reichte Klemens die Hand. »Halt die Ohren steif.«
    »Du auch. Und Grüße an Vinzi.«
    »Mach ich.«
    »Vielleicht sieht man sich mal wieder.«
    »Bestimmt.«
    »In Berlin.«
    »Oder anderswo.«
    »Ja.«
    Plotek hob die Hand und ging los. Es fing an zu schneien.
    Kurz vor dem Hotel Zentral befanden sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite die öffentlichen Müllcontainer von Sils Maria. Das sogenannte Kehrichthaus der Gemeinde. Oder einfacher ausgedrückt: Es war eine öffentliche Abfallsammelstelle. Sechs große, in den Boden eingelassene Tonnen mit Holzummantelung und Plastikdeckeln. Hier konnte der Silser alles loswerden, was er nicht mehr gebrauchen konnte.
    Nachdem Plotek die Krankenakte auf dem Weg bereits zweimal unter dem Arm hervorgerutscht und auf dem Boden gelandet war, hatte er nun die Schnauze voll.
    »Scheiß Krankenakte«, murmelte er vor sich hin, öffnete die Tonne für Papier und warf die Akte in hohem Bogen hinein.
    Irgendwie klingt das komisch, dachte er. Oder? Womöglich hatte er es sich nur eingebildet. Es war auch gar nicht sosehr das Geräusch, das ihn verharren ließ, sondern eher ein Gefühl. Er hielt den Deckel noch immer hoch und warf einen Blick in die Tonne. Er erblickte, von Papierbündeln verdeckt, den Ärmel einer speckig-grauen Uniformjacke. Daneben lugte eine speckig-graue Uniformmütze aus dem Papier hervor. Soll heißen: Zweifache Irritation richtete sich in Plotek häuslich ein. Erstens: Was machen eine Uniformjacke und eine Uniformmütze in einer Papiertonne? Wo die Schweizer für ihre Pedanterie doch so bekannt sind wie die hiesigen Uhrwerke für ihre Präzision. Zumal sich der Altkleidercontainer gleich nebenan befindet. Und zweitens: Jacke und Mütze kommen mir bekannt vor, dachte Plotek. Sehr bekannt sogar. So eine Jacke und Mütze können nur einem gehören: Jäggi!
    Als Plotek die Tonne noch etwas genauer inspizierte, fand er auch das, was zu Mütze und Jacke gehörte. Nämlich Linard Jäggi selbst. Tot!
    Es stellte sich heraus, dass auch Linard Jäggi erdrosselt wurde. Ebenfalls mit einer Spieluhr. Folge: Auf das Konto von Matteo Wehrli gingen nun insgesamt vier Tote: Drei Elvis-Imitatoren und ein Dorfpolizist. Hinzu kamen vier Kältetote, ein vom Himmel gefallener Chinese, ein verschwundenes Reh, ein verunglückter Amerikaner und ein gestohlener Mercedes.
    »Das ist allerhand«, sagte Vinzi, als sie im Wang Tong 23 auf Agnes warteten. »Ein gar nicht schmeichelhaftes Resümee unseres fast vierzehntägigen Aufenthalts in Sils Maria.«
    »Kann man wohl sagen. Wenn das die Nietzsches, die Chagalls, Hesses, die Einsteins gewusst hätten«, sagte Plotek, »dann hätten sie um das reizende Sils Maria wohl einen großen Bogen gemacht.«
    »Oder gerade eben nicht.«
    »Du meinst, das Verbrechen, der Abgrund, macht den Flecken erst richtig interessant?«
    »Das meine ich nicht nur, das weiß ich.« Vinzi hob sein Glas.
    Plotek ebenfalls. Er trank zum ersten Mal seit seiner Abreise aus München ein Bier.
    »Prost!«
    Noch ehe sie die Gläser wieder abgesetzt hatten, ging die Tür zur Gaststätte auf.
    »Da seid ihr ja.« Agatha stürmte ins Wang Tong 23 und setzte sich neben Plotek und Vinzi. »Ich wollte euch unbedingt noch einmal sehen, bevor ihr abreist.«
    Agatha sah jetzt ähnlich aus wie Britta. Die Augen verquollen vom vielen Weinen.
    »Und was machst du jetzt?«, wollte Vinzi wissen.
    »Warten.« Agatha fing an zu weinen.
    »Er wird schon zurückkommen.« Vinzi sagte es wenig überzeugend.
    »Glaubst du?« Auch Agatha schien ihre Zweifel zu haben.
    »Vielleicht findet ihn ja die Frischknecht und …«
    Plotek stieß Vinzi mit dem Ellbogen in die Seite. Der verstummte daraufhin sofort.
    »O Gott!« Agatha hielt sich die Hand vor den Mund. »Dann kommt er vielleicht ins Gefängnis, und ich kann meine zwei Kinder alleine …« Sie schluchzte.
    »Noch ist ja nicht erwiesen, dass Beat …«
    Wieder stieß Plotek Vinzi in die Seite, während Frau Pan einen Stoß Papierservietten brachte.
    »Er ist kein schlechter Mensch.« Agatha schnäuzte sich in eine der Servietten, wie sich nur Menschen aus Bergregionen schnäuzen können.
    Bezüglich des schlechten Menschen war sich Plotek nicht so sicher.
    »Dass immer ich so ein Pech
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