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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sobo Swobodnik
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Klemens schließlich mit der Sprache herausrückte. Er beugte sich ein wenig näher zur Hauptkommissarin und fragte: »Gibt es eigentlich eine Belohnung?« Er rieb Daumen und Zeigefinger so heftig aneinander, dass sie beinahe qualmten.
    »Oder Schmerzensgeld?« Wieder zeigte er den Strich an seinem Hals wie eine Trophäe her. »Wenn ja, wäre ich durchaus bereit, als Empfänger einzuspringen. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen meine Kontonummer gleich dalassen …« Er griff in seine Jackentasche, holte einen Kugelschreiber und einen Fetzen Papier heraus.
    Alle lachten. Manche leiser und heimlich, andere offen oder wie Vinzi ganz laut. So bekam die Tragik doch noch etwas Komisches.
    »Ich melde mich«, sagte Vera Frischknecht. »Wenn es so weit sein sollte, einverstanden?«
    Klemens nickte, steckte den Kugelschreiber etwas enttäuscht wieder in die Tasche und warf den Papierfetzen auf den Sandhaufen. Er schien mit der Antwort nicht ganz zufrieden zu sein.
    »Kann ich mich darauf verlassen?!« Er fixierte die Hauptkommissarin mit einem Auge, während das andere zur Seite ausbüxte. Was regelrecht bedrohlich aussah.
    Jetzt nickte die Hauptkommissarin eingeschüchtert und stopfte dabei ihr Hemd in die Hose.
    »Aber jetzt gehen Sie erst mal schlafen. Sie sehen müde aus.« Sie meinte nicht nur Klemens, sondern auch Plotek, Vinzi und Agnes.
    Sie auch, dachte Plotek, sagte aber nichts.
    Sie gingen dann auch. Klemens ging zu Marlies. Plotek zu Agnes. Wobei er dieses Mal nicht in Ohnmacht fiel. Und Vinzi ging alleine, respektive rollte dahin. Er war der Einzige, der sich nicht sogleich ins Bett legte, sondern bei Frau Pan, die offenbar nie schlief, noch einen Absacker für die nötige Bettschwere zu sich nahm. Plotek sah ihn neben Frau Pan sitzen, als er sich zum Gaststättenklo begab.
    »Und, gut alles?«, fragte Frau Pan Vinzi.
    »Wie man’s nimmt. Was für die einen gut ist, ist für die anderen beschissen.«
    Frau Pan lächelte auf ihre unnachahmliche Art. »Und für andere ganz anders.«
    Vinzi hob das Glas.
    »Auf Andrea Robbi! Prost!«
    »Prost!«

15
    Das Zelt drohte aus allen Nähten zu platzen. Bis auf den letzten Platz waren die Stühle belegt. Manche Besucher standen sogar zwischen den Reihen oder dicht gedrängt an den Zeltwänden. Es herrschte hektische Betriebsamkeit, und ein unbeschreiblicher Lärm strapazierte das Nervenkostüm der Besucher. Womöglich hatte der angespannte Zustand aber auch mit der Hitze zu tun, die von der Zeltheizung und den vielen Menschen ausging. Schweiß floss in Strömen. Und nicht nur bei den Elvis-Imitatoren.
    Ganz Sils war an diesem Abend zu Gast beim Elvis-Contest. Sogar Ilona Wehrli, jetzt mit dunkler Sonnenbrille auf der Nase und ganz in Schwarz gekleidet, nahm, trotz des Todes ihres Sohnes, an der Veranstaltung, die doch vor allem von Heiterkeit geprägt sein sollte, teil. Anscheinend war dieser Elvis-Contest einfach zu wichtig, um nicht persönlich zugegen zu sein. Oder ihr Sohn zu belanglos. Hatte sie doch immerhin, wie kolportiert wurde, ein kleines Vermögen in den Wettbewerb investiert. Auch ihre Schwiegertochter Selina Wehrli war anwesend. Ebenfalls ganz in Schwarz gekleidet, im Gesicht aber wie immer das blühende Leben. Selina sah wieder unverschämt gut aus und wie ein Engel – dieses Mal ein schwarzer Engel. Auch ihre Trauer schien sich in Grenzen zu halten. Plotek hatte sogar das Gefühl, dass beide Frauen ein wenig erleichtert wirkten. Mit dem Suizid des Ehemannes und Sohnes konnten die Hinterbliebenen sicher einfacher umgehen als mit einem lebenden traumatisierten und psychopathischen Mehrfachmörder. Die Einzige, der Matteo Wehrlis Tod richtig nahe zu gehen schien, war Britta. Auch sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ihr Gesicht hingegen war weiß, mit tiefen Schatten unter den Augen. Britta weinte ununterbrochen und sah aus, als stünde der Weltuntergang bevor.
    »Ich begreif das alles nicht«, sagte sie immer wieder völlig konsterniert und schniefte in ihr Taschentuch. Agatha kümmerte sich ein wenig um sie. Soll heißen: Sie spannte sie mit dem lapidaren Kommentar »Ablenkung ist die beste Medizin« in den Merchandising-Verkauf ein. Unentgeltlich selbstverständlich.
    Na ja, so kann man das natürlich auch sehen, dachte Plotek. Trauert die eine, ist für den anderen der Gewinn höher. Agatha schien sich in Gegenwart ihres Ehemannes Beat langsam zu einer ausgebufften Geschäftsfrau zu entwickeln.
    Neben den Silsern waren auch eine Menge Touristen im Zelt
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