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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf
Autoren: Alan Winnington
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prasselten mehrere Schüsse in seine Richtung. Aber sie richteten keinen Schaden an. Vater schien im Schatten mit einer komplizierten Arbeit schwer beschäftigt zu sein. Aber wegen des Zwielichts und weil ich meine Augen auf die andere Seite der Brücke konzentrieren mußte, konnte ich nicht herausfinden, was er tat.
    Als ich wieder einen Blick riskierte, war Vater verschwunden. Ich spähte in das niedrige Unterholz, konnte aber nichtsentdecken. Die Dunkelheit brach nun mit Macht herein, und ich mußte meine Augen anstrengen, um sicher zu sein, daß mir auf der anderen Seite keinerlei Bewegung entging.
    Als eine dumpfe Explosion den Boden erschütterte, schnappte ich nach Luft. Dann stieg ein großer Rauchschwaden aus dem Steinhaufen, wo Vater gewesen war, auf, und Felsbrocken flogen kreuz und quer. Vater hatte das Brückenende in die Luft gesprengt.
    Aber die Brücke war noch da.
    Alles war jetzt still, abgesehen von dem ständigen, gleichmäßigen Tosen des Flusses unter mir. Aber plötzlich gab es einen Knacks und noch einen, und dann senkte sich die Brücke ein wenig. Noch ein Knarren, und das Ende des Brückentaues auf unserer Seite glitt heraus aus den noch verbliebenen Felsbrocken, und die ganze zehn Meter lange Brücke krachte gegen die gegenüberliegende Wand der Bergschlucht. Dort hing sie nutzlos und baumelte an der Seite, wo die Banditen waren, mit all ihren Stückchen von Buschwerk und Holzteilen behangen, hin und her. Nach und nach löste sich die Brücke in ihre Bestandteile auf, die nun in den Fluß herabfielen. Ich legte mein Gewehr weg und saß da, zitternd vor Erleichterung. Jetzt konnten sie uns nicht mehr einholen.
    Niemand kommt in dieser Gegend auf die Idee, eine Brücke zu bauen, wenn es sich vermeiden läßt und man genausogut einen Umweg von ein paar Tagen machen kann.
    Wenige Minuten später hörte ich Vater, der sich hinter mir durch das Unterholz gleiten ließ.
    An seiner Wange rann Blut hinunter und in den Kragen hinein. Ich sagte: „Oh, Vater, bist du verwundet?“
    „Es ist nur ein Kratzer, Jack. Ein Stückchen von den herumfliegenden Felsen. Aber das hat ihnen einen Denkzettel gegeben.“Er grinste und begann sich das Blut abzuwischen. „Nach der Explosion, als die Brücke immer noch da blieb, wo sie war, war mir einen Augenblick hundserbärmlich zumute. Ich habe jeden Krümel Sprengstoff verbraucht. Für eine zweite Sprengstoffladung hätte es nicht gereicht.“

    „Es war fürchterlich, Vater. Ein phantastisches Riesen-Getöse. Aber wie hast du das Ganze hochgehen lassen, bestand nicht die Gefahr, daß du selber mit in die Luft flogst?“
    „Um ein Haar wäre es geschehen. Weißt du, ich riß ein Stückchen von meinem Hemdzipfel heraus. Es ist glücklicherweise Baumwolle. Dann habe ich das Gewebe aufgefasert und eine Art lose Schnur daraus geflochten. Das stopfte ich ans Kopfende einer vollen Streichholzschachtel und seitwärts in eine leere Patrone, in der sich noch der Zünder befand. Ich steckte das in den Sprengstoff und schob das ganze Ding in einen tiefen Spalt zwischen den Felsen. Die Baumwolle schwelte weiter, während ich wegkroch und Deckung nahm. Aber es dauerte so lange, daß ich glaubte, es war ausgegangen. Ich war im Zweifel, ob ich warten oder hingehen sollte. Ich konnte auch kein Zeichen von Glut entdecken. Gerade wollte ich wieder loskriechen, als ich das Zischen der Streichhölzer hörte — und dann flog das Ganze in die Luft. Überall sausten kleine Felsbrocken herum. Und das hier mußte ich für meine Ungeduld bezahlen.
    Aber jetzt können wir uns Zeit lassen, Jack. Sicherheitshalber werden wir noch die Richtung wechseln, falls sie versuchen sollten, uns den Weg abzuschneiden.“
    Ich ging zu Fuß, während Vater unser einziges Pferd zurückritt zu Silberhuf, der in der Dunkelheit wartete. Er war froh, uns wiederzusehen, und begierig, die Neuigkeiten über die Niederlage der Banditen zu erfahren.
    Wir besaßen jetzt nur eine Decke, und obwohl wir es wagen konnten, ein großes Feuer zu machen, ließen wir es und schliefen in der Kälte miserabel.
    Gleich nach dem Frühstück schaltete Vater Silberhuf ab und machte sich an seinem Lager zu schaffen. Er hatte kein anderes Werkzeug als sein Taschenmesser, das viele Werkzeuge enthielt, einschließlich einem, das er „ein Ding, mit dem man Dinge aus Pferdehufen entfernen konnte“, nannte, jetzt, nachdem das Lager abgekühlt war, konnte er es ein bißchen freilegen, er glättete es mit einer Nagelfeile und
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