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Silberhuf

Silberhuf

Titel: Silberhuf
Autoren: Alan Winnington
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erspähen konnten.
    Wir zerrten die Banditen aus der Höhle heraus, auf einen Platz, wo wir ein Auge auf sie werfen konnten. Einer oder zwei machten den Eindruck, als ob sie bald erwachen würden, die anderen schnarchten oder gurgelten — völlig erledigt. Die Bündel, die die zwei geflüchteten Banditen hingeworfen hatten, enthielten Butter, Teeziegel, Tsamba, pulverisiertes Hammelfleisch, eine ganze Menge hochprozentigen Gerstenschnaps und ein paar kleine Säcke mit Pferdebohnen. Wir machten uns ein Feuer an und tranken Tee, aßen Tsamba und Hammelfleischpulver. Nachdem wir so lange nur von Schokolade gelebt hatten, war es himmlisch, wieder etwas Handfestes zu essen, selbst wenn es Buttertee und uralter Hammel war.
    So gegen drei Uhr wachte Jaltsolin auf. Er lag eine ganze Zeit mit offenen Augen da. Vielleicht ahnte er nicht einmal, daß er wach war, sondern glaubte zu träumen. Dann brüllte er plötzlich so fürchterlich, daß mir vor Schreck das Gewehr aus der Hand fiel. Er hörte nicht auf zu schreien und weckte einen der anderen auf. Wir hatten keine Ahnung, was sie redeten, und das war wahrscheinlich auch besser so, meinte Vater. Dann erwachte noch einer, und bald darauf hörte der Mönch auf zu brüllen. Sie unterhielten sich alle drei vor unseren Augen und machten kein Hehl daraus, daß sie voller Haß erwogen, wie sie aus der Falle herauskämen.
    „Wir müssen Schluß machen mit diesem Unsinn“, sagte Vater.
    Nachdem er allen einen Schluck Wasser angeboten hatte, stopfte er ihnen der Reihe nach die Mäuler mit kleinen Stücken von der Yakwolldecke. Ich fühlte, wie mir die Zähne stumpf wurden, etwa so, wie wenn man auf Silberpapier beißt. Jaltsolin trank einen Schluck von dem Wasser und spie Vater den Rest ins Gesicht.
    Wir brachen erst auf, als es draußen dunkel wurde. Während Silberhuf mit dem Radargerät weiter auf seinem Posten blieb, fingen wir die zwei Pferde der Räuber ein, fütterten sie mit Pferdebohnen, sattelten sie und luden den Schatz, etwas Tsamba, Butter, Decken und zwei Ersatz-Gewehre auf. Wir nahmen alle Pferdebohnen mit uns — dann hatten wir auf jeden Fall die schnelleren Pferde. Außerdem waren wir ihnen ein gutes Stück voraus.
    Während Silberhuf die Banditen im Auge behielt, warf er hin und wieder einen Blick auf uns. Die anderen Pferde machten einen Bogen um Silberhuf, aber er sagte: „Das macht gar nichts, ich bin in meinem Leben schon öfter anderen Pferden begegnet. Sie sind ein bißchen argwöhnisch am Anfang, aber sie werden sich schnell an mich gewöhnen.“

    Wir zerschnitten mehr Decken, um Pferdeleinen für die übrigen drei Pferde zu machen. Wir würden sie nicht allzuweit mitnehmen können, ohne sie mit Pferdebohnen zu füttern. Aber trotzdem. Selbst wenn wir sie nur eine halbe Tagereise mitführten, hätten wir keinen schlechten Start, dachte Vater.
    Silberhuf führte uns während des Weges, und gegen Morgen hatten wir schon fast zwanzig Kilometer zwischen der Höhle und uns zurückgelassen. Aber wir wagten nicht, ein Feuer anzuzünden. So blieb uns nichts weiter übrig, als unsere Tsamba mit klarem Wasser zu essen. Es war ein fürchterlicher Fraß.
    Nach dem Frühstück ging es eilig weiter. Die mitgeführten Pferde ließen im Tempo nach. Wir banden sie daher los und schenkten ihnen die Freiheit.
    Als wir auf den nächsten felsigen Paß zuritten und noch einmal zurückblickten, grasten sie friedlich nebeneinander.

Zehntes Kapitel
    Vor unseren Augen erstreckte sich ein wie vom Sturm aufgewühltes Meer von Gebirgen, nichts als baumlose Berggipfel und Kuppen. Es war pfadlos, aber dennoch bot es ein leichtes Vorwärtskommen.
    Diese Ebenen haben sich einst formiert, als das angesammelte Eiswasser allmählich ablief. Und Wasser ist immer noch der einfachste Wegweiser.
    Wir folgten den Bächen, sooft wir konnten, und überquerten die Bergrücken nur, wenn es der Kompaß verlangte. Dann entdeckten wir einen anderen Fluß und zogen seinem Lauf nach. Außer der Vegetation war nirgends ein Zeichen von Leben, jedesmal, wenn wir einen Bergrücken überquerten,brachte Vater eine Weile damit zu, die Landschaft, die wir durchkreuzt hatten, mit dem Fernglas nach den Banditen abzusuchen.
    Danach zogen wir weiter. Und so ging es in einem fort, jedes Tal eine Kopie des vorherigen und des nächsten. Und jeder Paß führte unweigerlich zu einer neuen Landschaft, die aber anscheinend immer dieselbe blieb, weil sie alle sich ähnelten wie ein Ei dem anderen.
    Am fünften Tag
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