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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler
Autoren: Michael Roemling
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Angehörigen zu Gesicht bekommen. Sie wurden nicht aus den Legionen rekrutiert, sondern irgendwo im Norden bei den Batavernangeworben – Leute, die niemand kannte. Von den anderen Prätorianern wurden sie gehasst. Für sie war es unerträglich, dass der Princeps diesen stummen Barbaren sein Leben anvertraute. Caius musterte die beiden riesigen Männer mit den versteinerten Gesichtern kurz. Unüberwindlich und unbestechlich, dachte er. Bessere Leibwächter konnte es nicht geben.
    In diesem Augenblick erschien ein Sklave in einer grünen Tunika im Halbdunkel des Portals. »Dann wollen wir mal«, sagte Quintus und schritt voran, auf den Eingang zu. Caius folgte seinem Vater. Als er zwischen den Batavern durchging, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Die beiden Männer waren mehr als einen Kopf größer als er, und obwohl sie weiterhin bewegungslos dastanden und geradeaus blickten, fühlte er sich von ihnen beobachtet. Kurz rechnete er damit, plötzlich mit eisernem Griff gepackt zu werden, dann war er auch schon vorbei und trat in das schummerige Licht eines Ganges, der nach wenigen Schritten nach rechts abknickte. Der Sklave mit der grünen Tunika trat rückwärts in die Ecke, um sie vorbeizulassen. Caius ging dicht hinter seinem Vater, der dem Sklaven im Vorübergehen lächelnd einen freundschaftlichen Klaps auf den Oberarm gab. »Anaximandros«, sagte er nur. Es hatte nichts Gönnerhaftes. Caius war beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit sein Vater sich in den Räumen des mächtigsten Mannes der Welt bewegte. Es schien hier weit weniger förmlich zuzugehen, als er erwartet hatte, und irgendwie beruhigte ihn das.
Du wirstdich wundern, was der Princeps für ein Mensch ist
, hatte sein Vater gesagt. Na dann.
    Ohne Eile schritten sie eine Rampe hinab, die nur von kleinen Feuerschalen erhellt wurde. Danach durchquerten sie einen kleinen Raum mit sehr hoher Decke und reich bemalten Wänden.
    Wieder mussten sie an zwei bewegungslosen Leibwächtern vorbei, dann standen sie unter den Säulen eines eleganten Peristyls. Quintus schritt die drei Stufen zum Innenhof hinunter. Einen Augenblick später war Caius neben ihm.
    Im Innenhof stand mit dem Rücken zu ihnen ein mittelgroßer grauhaariger Mann mit weißer Toga, der einem Sklaven ein paar Anweisungen gab. Als er fertig war, nickte er aufmunternd und legte kurz die Hand auf die Schulter des Sklaven, der sich sofort entfernte und zwischen den Säulen des Peristyls verschwand. Der Mann mit der Toga schien noch einen kurzen Moment nachzudenken, dann drehte er sich langsam zu Caius und seinem Vater um, als hätte er die ganze Zeit gewusst, dass sie dort warteten. Der Anflug eines Lächelns streifte sein Gesicht. Es war das Gesicht eines älteren Mannes, doch seine aufmerksamen Augen, die vollen grauen Haare, die seine hohe Stirn einrahmten, und nicht zuletzt der ironische Zug um seinen Mund machten ihn jünger. Während Caius sich noch fragte, wie alt der Mann sein mochte, kam dieser mit ein paar ausladenden Schritten auf sie zu. »Castor«, sagte er und legte Quintus beide Hände aufdie Schultern. »Immer wieder eine große Freude, dich hier zu sehen.«
    Â»Und immer wieder eine große Freude, hier zu sein, Princeps.«
    Caius durchfuhr es wie ein Blitzschlag, als ihm klar wurde, wen er da vor sich hatte. Wie selbstverständlich war er davon ausgegangen, dass der grauhaarige Mann selbst ein Besucher war, vielleicht ein Legionslegat oder Provinzstatthalter im Ruhestand, der hier wie sie darauf wartete, bei Augustus vorgelassen zu werden, der seinerseits irgendwo in einem Audienzsaal auf einem purpurbezogenen Sessel thronte – riesig, alterslos und unnahbar wie die sitzende Jupiterstatue im Tempel auf dem Kapitol. Dieser Augustus war nicht riesig und nicht alterslos und schon gar nicht unnahbar, als er sich jetzt Caius zuwandte und ihm ebenfalls die Hände auf die Schultern legte. »Du bist Caius«, stellte er fest, dann beugte er sich vertraulich vor. »Dein Vater erzählt viel von dir.« Er richtete sich auf. »Oder sollte ich das nicht sagen?«, fragte er in Richtung Quintus.
    Â»Es wird den letzten Rest von Bescheidenheit in ihm auslöschen«, entgegnete dieser.
    Â»Mit Bescheidenheit sind wir früher auch nicht weitergekommen«, gab der Princeps zurück. Aus seinen Worten sprach ein Standesbewusstsein, das ohne jede
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