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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler
Autoren: Michael Roemling
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seitdem werden sie dort hinten im Tempel aufbewahrt, zusammen mit Caesars Schwert.« Caius wies auf das massige Gebäude an der Stirnseite des Forums, dessen Giebel von der Sonne beschienen wurde. Rechts und links vom Podium des Tempels begrenzten die beiden Längsseiten des Säulenganges den Forumsplatz und ließen auf jeder Seite einen Zwischenraum, der jeweils von einem Triumphbogen abgeschlossen wurde. Dahinter erhob sich eine gewaltige Mauer, die selbst den Tempel noch überragte und die Schmalseite des ganzen Baukomplexes nach hinten abschloss wie die Rückwand einer Theaterkulisse. Zwischen den Säulen schoben sich immer noch die bunten Menschenmassen entlang. Gedämpftes Murmeln wehte herüber.
    Â»Wir sollten aufbrechen, mein Sohn. Man wartet auf uns.« Mit diesen Worten wandte sein Vater sich um und ging quer über den Platz auf den rechten der beiden Durchgänge zu. Caius folgte ihm. Hinter dem Triumphbogen führten einige Stufen zu einem Durchlass in der rückwärtigen Mauer hinauf. Dahinter lag ein dicht bebautes Wohnviertel mit verschachtelten Mietshäusern. Kaum hatten sie sich in dem lärmenden Menschenstrom durch das Nadelöhr gezwängt, da schlug ihnen auch schon dieunverwechselbare Mischung aus unappetitlichen Ausdünstungen entgegen, die in diesem Stadtviertel vor allem in den Sommermonaten die Luft verpestete. Ein paar Jungen drängelten sich rücksichtslos vorbei. Aus einem Fenster über ihnen ergoss sich ein Schwall von vulgären Beschimpfungen.
    Diese Mauer trennt wirklich zwei Welten, dachte Caius. Dann bestiegen sie die beiden Sänften, die direkt hinter dem Durchgang auf sie warteten. Caius zog den Vorhang zu, dann spürte er, wie seine Sänfte angehoben wurde. Er war immer noch aufgeregt, doch das Unbehagen war verschwunden und einer neugierigen Spannung gewichen. Nach kurzer Zeit neigte die Sänfte sich leicht, und die Träger wurden langsamer. Wir steigen zum Palatin hinauf, dachte Caius. Gleich werde ich dem mächtigsten Mann der Welt gegenüberstehen.

2
    Nach dem Anstieg hielten sie mehrmals an. Durch die Vorhänge der Sänfte vernahm Caius undeutliche Worte, die der Führer ihrer Eskorte mit Wachen oder Pförtnern wechselte. Schließlich wurde die Sänfte behutsam abgestellt. Caius zog den Vorhang auf der rechten Seite weg.
    Sein Vater war schon ausgestiegen und brachte die Falten seiner Toga in Ordnung. Er lächelte ihm zu. »Wir sind da.«
    Â»Habe ich mir fast gedacht«, gab Caius etwas vorwitzig zurück, um seine erneut aufkommende Nervosität zu überspielen.
    Er stieg aus der Sänfte und blickte sich um, während sein Vater immer noch an der Toga zupfte. Sie standen auf einem kleinen Platz, dessen Breitseite von einem gewaltigen Tempel beherrscht wurde. Caius ließ seinen Blick an den Säulen emporwandern. Wenn man es genau nahm, war es eigentlich nur ein mittelgroßer Tempel, aber durch die Enge des Vorplatzes wirkte er auf seinem Sockel fast schon erdrückend. Es war der berühmte Apollotempel, denAugustus dem Gott vor fast vierzig Jahren für seinen Sieg in der Seeschlacht von Actium geweiht hatte. Er bestand vollständig aus weißem Marmor und strahlte in der Sonne des späten Nachmittags, als leuchtete er von innen heraus. Am Ende der Vorhalle im Schatten der Säulen glänzten die Goldbeschläge des von Elfenbeinreliefs eingerahmten Portals, das in das Innerste des Tempels führte.
    An den anderen drei Seiten wurde der Vorplatz durch Mauern begrenzt, die ebenfalls mit weißen Marmorplatten verkleidet und mit einer vorgelagerten, umlaufenden Säulenreihe verziert waren. Zwischen den Säulen standen schwarz glänzende Hermen der fünfzig Töchter des Danaos. Der Kontrast zwischen dem dunklen und dem hellen Marmor sah edel, aber auch kühl und irgendwie unerbittlich aus. Caius wurde klar, dass sie nur noch wenige Mauern von dem Mann trennten, der über Millionen von Menschen gebot.
    Die Träger hoben die Sänften lautlos an und entfernten sich. Caius hörte Schritte und drehte sich um. In die der Tempelfront gegenüberliegende Wand des Vorplatzes war ein Portal eingelassen, das von zwei Hünen bewacht wurde. Wie in Stein gemeißelt standen sie in der Paradeuniform der Prätorianergarde da und blickten mit blauen Augen ins Leere.
    Caius hatte von der geheimnisvollen Leibwache des Princeps gehört, aber noch nie einen ihrer
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