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Signum - Die verratenen Adler

Signum - Die verratenen Adler

Titel: Signum - Die verratenen Adler
Autoren: Michael Roemling
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uns den Vorwand liefert, ihnen unseren Willen aufzuzwingen.«
    Â»Ich behaupte weiterhin, dass sie auch für andere gut ist.«
    Das spöttische Lächeln auf dem Mund des Princeps wurde breiter. »Das mag sein. Aber interessiert es uns, ob sie damit glücklich werden? Natürlich interessiert uns das nicht. Diese Lebensweise, mein lieber Castor, diese Lebensweise leisten wir uns, weil wir uns die Mittel dazu einfach nehmen. Und was treibt uns? Die Gier. Die Gier deines Nachbarn im Senat, der sich den nächsten Posten erschachert, auf den du verzichtest, weil der Klang von Poesie und der Geschmack eines besonders feinen Falerners dir lieber sind als der Klang von prasselnden Goldmünzen und der Geschmack von Macht. Es ehrt dich, dass du glaubst, es sei diese Lebensweise, die die Welt vorantreibt. Doch das ist nur die eine Seite. Die andere heißt nun mal Gier. Rastlose Gier. Und diese Gier ist es, die sie leider noch vor der Lebensweise von uns übernehmen werden. Du glaubst, dass diese Barbaren, die nicht lesen können und Brackwasser trinken, nicht zu derselben Gier imstande sind wie Senatoren und Großgrundbesitzer. Mein lieber Castor! Das ist die wohlwollendste Form der Arroganz, die man sich nur denken kann. Ich sage dir: Die Gier wird sie einen, wenn auch nur für kurze Zeit. Unsere einzige Möglichkeit besteht darin, sie zu Römern zu machen, bevor diese Gier sich gegen uns kehrt. Und deshalb sage ich: Es muss schneller gehen.«
    Quintus schwieg für eine Weile und Augustus fuhr fort: »Das schlimmste denkbare Szenario ist eine Allianz zwischen Marbod und den germanischen Stämmen gegen uns. Marbod fällt uns in Pannonien in den Rücken undseine Verbündeten gehen über den Rhein. Wir haben also drei Aufgaben. Erstens: den Aufstand in Pannonien niederschlagen. Zweitens: Marbod in Schach halten. Und drittens: den Aufbau der Provinz Germanien so weit vorantreiben, dass niemand dort oben auf dumme Gedanken kommt. Um Pannonien kümmert sich Tiberius, und wenn zwölf Legionen nicht reichen, dann bekommt er fünfzehn. Marbod ist – noch – ein Fall für die Diplomatie. Und Germanien? Ich wiederhole meine Frage: Ginge es vielleicht schneller?«
    Â»Du glaubst, dass Varus nicht hart genug durchgreift?«, fragte Quintus.
    Â»Durchgreifen ist nicht seine Stärke, aber auch nicht seine Aufgabe. Varus verwaltet. In ihm haben die Willigen jemanden, den sie schätzen können. Aber die Unwilligen brauchen Leute, die sie fürchten können.«
    Â»Leute wie Appius Aemilius Rullianus.«
    Â»Genau. Rullianus besitzt die Rücksichtslosigkeit, die Varus fehlt. Leute wie Varus und Rullianus sind im Zusammenspiel unschlagbar.«
    Â»Solange sie sich nicht ins Gehege kommen.«
    In diesem Moment erschien ein Sklave mit einer Papyrusrolle in der Hand in der Tür. Augustus winkte ihn heran. Der Sklave reichte ihm wortlos das Schriftstück, der Princeps entrollte es und überflog den Text. Dann nickte er und blickte zu dem wartenden Sklaven auf. »Das läuft nicht über den normalen Kurier.«
    Â»Patroklos?«, fragte der Sklave.
    Der Princeps nickte. »Wenn es geht, sofort.«
    Der Sklave verschwand wieder. Eine Weile war es still. Caius ließ seinen Blick über die Wandmalereien schweifen. Apollo und Daphne, die zum Lorbeerbaum wurde. Artemis mit einem Jagdhund, der fragend zu ihr aufschaute. Poseidon, lässig auf den Dreizack gestützt.
    Nach wenigen Augenblicken tauchte ein kleiner, drahtiger Sklave mit pechschwarzen, etwas unordentlichen Haaren in der Tür auf. In der Hand hatte er eine runde Schatulle aus Leder, in die ein geometrisches Muster geprägt war.
    Â»Das geht an den Propraetor in der Lugdunensis«, sagte Augustus mit leicht gedämpfter Stimme, während er den Papyrus mit geübten Händen wieder zusammenrollte und dem Sklaven überreichte. »Warte die Antwort ab.«
    Der Sklave nickte, schob die Rolle vorsichtig und etwas umständlich in die Lederschatulle, zog an einem Band am oberen Rand des röhrenförmigen Behälters und setzte einen Deckel darauf, auf den eine ähnlich schlichte Verzierung geprägt war wie auf die Schatulle selbst. Dann entfernte er sich.
    Augustus blickte auf seinen Becher. »Patroklos ist mein schnellster Bote«, sagte er mit einem anerkennenden Lächeln. »Er hat es mal fertiggebracht, die Strecke von hier nach Lugdunum und zurück in neun
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