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Sieh mich an, Al Sony

Sieh mich an, Al Sony

Titel: Sieh mich an, Al Sony
Autoren: Denise Danks
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danke. Wieso der Anzug?«
    »Vorstellungsgespräch.«
    »Wo?«
    »Rat mal.«
    »Nicht bei Max?«
    Richard nickte.
    »Du bist verrückt.«
    »Nachrichtenredakteur.«
    »Oh.«
    Das war nicht schlecht. Nachrichtenredakteur bei Technology Week war der Job, den ich gern gehabt hätte, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Wenn ich nicht eine große Story so hätte schreiben wollen, wie ich sie sah, und nicht, wie Max Winter, Chefredakteur und Eigentümer der Zeitschrift, sie gesehen hatte.
    »Hast du die Stelle?«
    »Ich glaube schon. Da war noch dieser tote Gaul Reggie von Computer Weekly und Sue Lloyd von Computing, die süßduftende, alleinerziehende Mutter eines Kindes. Ich glaube, ich hab’ den Job. Was macht die freiberufliche Arbeit?«
    Er wußte verdammt genau, was die freiberufliche Arbeit machte. Sie fand nicht statt. Ich hatte nicht gerade die Telefonleitungen zum Glühen gebracht, um Aufträge zu bekommen, und ich war auch nicht mehr angerufen worden, als die Leute sich daran gewöhnt hatten, daß ich nicht zur Verfügung stand.
    »Läuft prima«, sagte ich.
    »Na, ich könnte dich gebrauchen. Das weißt du.«
    »Danke, Richard, aber Max nicht.«
    »Hast du ihn gefragt?«
    Ich gab keine Antwort, denn natürlich hatte ich nicht gefragt. Stolz und Trägheit hatten mich mit vereinten Kräften daran gehindert. Monatelang hatte ich über der großen Story gebrütet, die im Klo hinuntergespült worden war, weil sie nicht in Max’ Interesse gewesen wäre. Und in den letzten paar Monaten hatte ich mich einfach daran gewöhnt, lange zu schlafen. Richard zerrte an seinem Kragen; das Oberhemd und die ungewohnte Krawatte störten ihn.
    »Verflucht heiß für Mai, was?« sagte er.
    »Der Treibhauseffekt.«
    »Dann gibt’s nächstes Jahr Nilpferde in der Themse, was? Lust auf ein Bierchen?«
    Ja. Es war Arbeit, die Durst machte, dieses Schlafen auf einer Parkbank.
     
    Richard spendierte die erste Runde, ich die zweite. Es war kühler im Pub, und ich wollte nicht draußen im Gedränge stehen. Ich wollte sitzen und meine müden, schmerzenden Beine ausruhen.
    »Du hast dunkle Ringe unter den Augen, weißt du. Fehlt dir was? « Richard zog einen Barhocker an den runden Tisch beim Spielautomaten, den ich entdeckt hatte.
    »Ich bin ein bißchen müde; sonst ist nichts. Könnte der Jetlag sein.«
    »Ich dachte mir, daß du weg warst. Ich hab' deinen Artikel über Charlie gelesen.«
    »Ich habe ihm einen Gefallen getan.«
    »Sicher. Es war eine gute Story.«
    »Danke.«
    »Und wo ist der andere?«
    »Richard, verschone mich. Das war nur eine Bildunterschrift. Ein Spaß.«
    »Komm schon.«
    »Was heißt >komm schon    »Was ist mit dem Koreaner?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Er hat Silizium für eine Million Dollar verloren.«
    »Jaa-haa«, sagte ich, als stelle er meine Geduld auf eine harte Probe.
    »Also, wer ist es?«
    »Weiß ich nicht.«
    >»Na, das ist aber doch die Story, oder? Das ist der, den wir haben wollen.«
    »Und?«
    »Wenn du es nicht machst, wer dann?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Na, wir machen’s, nicht wahr, Schätzchen?«
    Ich hatte gedacht, ich hätte Zeit, ein bißchen mit der Story herumzuspielen und mir zu überlegen, ob ich den Streß wirklich auf mich nehmen wollte. Aber Richard hatte bereits angefangen, bis zehn zu zählen. Er bot mir einen Vorsprung an, aber keinen großen. Es war keine große Story, aber es konnte eine werden, und er wollte sie für Datamatics, die Zeitschrift, für die er arbeitete, oder für Technology Week, die Zeitschrift, für die er vielleicht arbeiten würde. Wenn ich sie nicht schreiben wollte, würde er jemanden finden, der es tun würde. Daran hätte ich vorher denken können, hatte ich aber nicht. Ich dachte heutzutage einfach nicht vernünftig. Richard deutete auf meine Zigarette, die im Aschenbecher verglühte.
    »Willst du das verdammte Ding nun rauchen?«
    »Ja. Nein. Im Moment hab’ ich keine Lust drauf.«
    »Na, dann mach sie aus; sie qualmt mir ins Gesicht.«
    In Wirklichkeit hatte ich vergessen, daß ich sie angezündet hatte. Das Bier schmeckte mir auch nicht; mir wurde schwindlig davon. Meine Brüste fühlten sich geschwollen an, wie reife Kürbisse, und ich hatte Kreuzschmerzen.
    »Ich glaube, ich kriege ’ne Grippe«, sagte ich. Richard packte mich unterm Kinn und blickte mir fest ins Gesicht.
    »Ja, das ist wirklich der Treibhauseffekt. Viren vermehren sich rasend unter ungewöhnlich warmen Klimabedingungen.«
    »Dann gibt’s nächstes Jahr Viren so
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