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Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Titel: Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)
Autoren: Patricia Briggs
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Karatestunden verhinderte, dass ich mich verspannte, und so rollte ich einfach vom Klavier herunter. Nicht witzig. Mein Gesicht knallte auf den Fliesenboden. Dann landete ein schlaffer Haufen neben mir und plötzlich schaute ich Ford ins Gesicht, dem großen, furchterregenden Kerl, der sich unverständlicherweise
neben mich geworfen zu haben schien. Aus einem seiner Mundwinkel tropfte Blut.
    Er sah anders aus als das letzte Mal, schmaler und dreckiger. Seine Kleidung war mit Schweiß, altem Blut und Sexgerüchen vollgesogen. Aber seine Augen waren weit aufgerissen und überrascht wie die eines Kindes.
    Dann blockierten ein verblichenes purpurnes T-Shirt über dreckigen Jeans und lange, verknotete Haare meinen Blick auf Ford.
    Mein Beschützer war ebenfalls zu dünn, zu ungepflegt, aber meine Nase verriet mir, dass es Stefan war, noch bevor mein Hirn die Frage ausspucken konnte. Ungewaschener Vampir ist besser als ungewaschener Mensch, aber angenehm ist es auch nicht.
    »Nein«, sagte Stefan mit sanfter Stimme. Ford schrie auf und Rachel gab ein Quietschen von sich.
    »Mir geht’s gut, Stefan«, erklärte ich und rollte mich steif auf Hände und Knie. Aber er ignorierte mich.
    »Wir tun unseren Gästen kein Leid an«, sagte Stefan und Ford wimmerte.
    Ich stand auf und ignorierte die Schmerzen in meinen Schultern und meiner Hüfte. Morgen würde ich bestimmt blaue Flecken haben, aber auch nicht mehr – das hatte ich den manchmal brutalen Fall-Lehrstunden meines Sensei zu verdanken. Und auch das Klavier sah aus, als würde es unsere Begegnung überleben.
    »Es war nicht Fords Fehler«, sagte ich laut. »Er versucht nur, deinen Job zu machen.« Ich wusste nicht, ob das stimmte oder nicht; ich vermutete, dass Ford einfach verrückt war. Aber ich hätte fast alles probiert, um Stefans Aufmerksamkeit zu erregen.
    Immer noch zwischen mir und Ford zusammengekauert, drehte Stefan den Kopf, um mich anzusehen. Seine Augen waren kalt und hungrig und er musterte mich, als wäre ich eine vollkommen Fremde.
    Aber es hatten schon schlimmere Monster als er versucht, mich einzuschüchtern, also zuckte ich nicht einmal mit den Wimpern.
    »Du sollst auf diese Leute aufpassen«, blaffte ich ihn an. Okay, dann machte er mir eben doch Angst, weshalb ich schnippisch wurde. Wütend zu werden, wenn man Angst hat, ist nicht immer das Klügste, und ich, die ich in einem Werwolfrudel aufgewachsen war, wusste es mit Sicherheit besser. Aber Stefan zu sehen und das, was aus seinem Haus geworden war, trieb mir die Tränen in die Augen – und ich hatte lieber Angst und war wütend, als zu heulen. Falls Stefan dachte, ich hätte Mitleid mit ihm, würde er mich nie helfen lassen. Kritik war leichter zu schlucken.
    »Schau sie dir an  …« Ich deutete auf Rachel und Stefans Blick folgte meiner Hand genauso wie dem Befehl in meiner Stimme. Diesen Befehlston lernte ich gerade erst von Adam. Es hatte ein paar Vorteile, die Gefährtin des Alpha-Werwolfs zu sein.
    Stefan riss den Kopf zurück, als ihm klarwurde, was ich getan hatte. Dann fletschte er seine Reißzähne auf eine Art, die mich mehr an einen Werwolf erinnerte als an einen Vampir. Aber dann verblasste das Knurren auf seinem Gesicht und er blickte wieder zu Rachel.
    Die Anspannung in seinen Schultern löste sich und er schaute zu Ford. Ich konnte das Gesicht des großen Mannes nicht sehen, aber für meine rudeltrainierten Augen sprach seine Körpersprache deutlich von Unterwerfung.
    »Merda«, sagte Stefan und ließ Ford los.
    »Stefan?«
    Die Bedrohung war aus seinem Gesicht gewichen, aber mit ihr auch alle anderen Gefühle. Er schien fast wie betäubt.
    »Geh duschen. Kämm dir die Haare und zieh dir andere Klamotten an«, befahl ich ihm schnell, um zuzuschlagen, während er noch schwach war. »Und trödle nicht, damit ich nicht zu lange der Gnade deiner Leute ausgeliefert bin. Ich führe dich heute Abend aus und du wirst mit Warren, Kyle und mir Schundfilme schauen. Adam ist nicht in der Stadt, also haben wir einen Platz frei.«
    Warren war mein bester Freund, ein Werwolf und der Dritte in der Rangordnung des Columbia Basin Rudels. Kyle war ein Rechtsanwalt, Mensch und Warrens Liebhaber. Schundfilm-Abende waren unsere Art von Therapie, aber manchmal luden wir Leute ein, von denen wir dachten, sie hätten es nötig.
    Stefan starrte mich ungläubig an.
    »Du brauchst offensichtlich jemanden, der dir eins mit dem Viehtreiber überzieht, damit du dich in Bewegung setzt«, informierte ich ihn,
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