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Sieben Jahre später

Sieben Jahre später

Titel: Sieben Jahre später
Autoren: Guillaume Musso
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musste ihr ins Wort fallen, um den beiden Amerikanern erklären zu können: »Sie sagt, Anfang der Woche hätte Flavia einen jungen Amerikaner und seine Schwester hier aufgenommen …«
    Nikki zog ein Foto der Zwillinge aus ihrer Brieftasche und zeigte es ihr.
    » Eles são os únicos! Eles são os únicos !«, rief die Alte.
    Sebastian spürte, wie sein Herz schneller schlug. Noch nie waren sie ihrem Ziel so nahe gewesen …
    »Wo sind sie?«, drängte er.
    Cristina fuhr fort: »Vorgestern sind am Morgen bewaffnete Männer bei ihr aufgekreuzt. Sie haben Flavia und die beiden anderen entführt.«
    »Männer? Aber was für Männer?«
    » Os Seringueros !«, rief die Alte. » Os Seringueros !«
    Nikki und Sebastian sahen Cristina fragend an.
    »Die … die Seringueros «, stammelte sie. »Ich weiß nicht, was das ist.«
    Die Nachbarn waren aufmerksam geworden, hatten sich von ihren telenovelas abgewandt, um das Schauspiel auf der Straße zu beobachten. Rund um das Haus drängten Männer mit drohenden Blicken die Kinder beiseite, um die Situation einzuschätzen.
    Cristina wechselte noch einige Worte mit der alten Frau.
    »Sie ist bereit, uns Flavias Zimmer zu zeigen«, verkündete sie dann. »Offenbar haben Ihre Kinder dort Sachen zurückgelassen.«
    Nervös folgten Sebastian und Nikki den beiden in die Hütte. Das Innere war ebenso wenig komfortabel, wie das Äußere vermuten ließ. Grob zusammengezimmerte Bretter dienten als Trennwände. Flavias Zimmer war ein Gemeinschaftsraum mit zwei Stockbetten. Auf einem von ihnen erkannte Sebastian Camilles hellbraune Lederreisetasche. Hektisch stürzte er sich darauf und leerte sie aus: eine Jeans, zwei Pullover, Unterwäsche, ein Waschbeutel. Nichts Besonderes, außer vielleicht … das Handy seiner Tochter. Er versuchte es einzuschalten, doch der Akku war leer und das Ladegerät verschwunden. Frustriert schob er es in seine Tasche, um es später genauer zu untersuchen. Immerhin hatten sie eine Fährte. Bevor diese geheimnisvollen Seringueiros sie gekidnappt hatten, waren Camille und Jeremy mit der jungen Brasilianerin hier gewesen.
    Die alte Frau weinte und schluchzte, rief Gott als Zeugen an und hob die Fäuste. Cristina drängte die beiden Amerikaner, das Haus zu verlassen. Draußen hatten sich die Gemüter erregt. Nachbarn, die nichts mit der Sache zu tun hatten, traten näher, eine kleine Gruppe lief murrend vor dem Haus auf und ab. Die Spannung wurde spürbar, die Feindseligkeit wuchs. Sie waren hier ganz offensichtlich nicht mehr willkommen.
    Plötzlich wandte sich Flavias Mutter direkt an sie.
    »Sie sagt, Ihre Kinder seien schuld an Flavias Entführung«, übersetzte Cristina. »Sie wirft Ihnen vor, Unglück über ihr Haus gebracht zu haben.«
    Die Stimmung war aufgeladen. Ein angetrunkener favelado rempelte Nikki an, und Sebastian entging nur knapp dem Inhalt eines Mülleimers, der aus einem Fenster geleert wurde.
    »Ich versuche, sie zu beruhigen. Verschwinden Sie! Ich komme allein nach Hause!«
    »Danke Cristina, aber …«
    »Gehen Sie!«, wiederholte sie. »Ich glaube, Sie sind sich der Gefahr nicht bewusst …«
    Angesichts der Flüche und Drohungen beschlossen Nikki und Sebastian, die junge Carioca zu verlassen. Sie machten kehrt und versuchten, sich in dem Gewirr der schmalen Gassen zurechtzufinden.
    Als sie die doppelte Haarnadelkurve erreichten, an der sie geparkt hatten, hatten sie zwar ihre Verfolger abgehängt, doch ihr Wagen war verschwunden.

Kapitel 58
    Hitze, Staub, Müdigkeit und Angst.
    Nikki und Sebastian liefen über eine Stunde, ehe sie ein Taxi fanden, das allerdings ihre Notlage ausnutzte und zweihundert Reais verlangte, um sie zu ihrem Hotel zu bringen. Als sie schließlich ihr Zimmer betraten, waren sie völlig erschöpft und schweißgebadet.
    Während Nikki duschte, rief Sebastian die Rezeption an und bat um ein Ladegerät für Camilles Handy. Fünf Minuten später klopfte der Etagenboy. Sebastian stöpselte das Handy ans Stromnetz, doch der Akku war so leer, dass er eine Weile warten musste, bevor er es einschalten konnte.
    Also lief er nervös auf und ab und drehte die Klimaanlage herunter, die eisige Luft in den Raum blies. Dann griff er nach dem Handy und gab das Passwort ein, das er glücklicherweise kannte. Die Überwachung und Indiskretion gegenüber seiner Tochter zahlten sich heute aus. Plötzlich verzog er das Gesicht, weil ein stechender Schmerz durch seinen Brustkorb zuckte. Er war wie gerädert und hatte Schmerzen, Rücken
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