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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel
Autoren: Frank S Becker
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warum diese Handvoll Schiffe dem sicheren Untergang entgegenfuhr? Ob ihm eine andere Möglichkeit in den Sinn käme, als dass die letzten Seeleute der Rum als Märtyrer für ihren Glauben sterben wollten, bevor ihre Stadt geplündert und verbrannt wurde?
    Jetzt hatten sich die vordersten Reihen der Schiffe bis auf Schussweite genähert. Pelagia konnte erkennen, wie auf den feindlichen Kumbarien die Wurfmaschinen bereit gemacht wurden. In hohem Bogen flogen die ersten Geschosse durch die Luft, klatschten vor und neben den christlichen Schiffen ins Wasser. Vereinzelt krachte bereits ein Stein in die Takelage, riss eine Rah herunter oder schlug auf Deck inmitten der Besatzung ein. Doch die Dromonen setzten ihre Fahrt fort, eine neben der anderen. Im Schutz der großen Rümpfe folgten ihnen die Schwärme kleiner Boote.
    Die Sarazenenflotte hatte den Vormarsch wieder aufgenommen, im Takt peitschten ihre Ruder ins Wasser. Doch anstatt gleichfalls zu versuchen, die zum Rammen benötigte Geschwindigkeit zu gewinnen, legten die Dromonen schlagartig ihre Ruder an, schleppten sie durchs Wasser und verloren schnell an Fahrt. Plötzlich, auf ein Flaggensignal hin, traten auf allen Christenschiffen die Schleudern in Aktion. Sausend stiegen ihre Geschosse in den Himmel, um kurz darauf wie ein Hagel auf die Sarazenenflotte niederzuprasseln. Doch nicht die üblichen Steine kamen da angezischt, sondern Keramiktöpfe, die dünne Rauchfahnen hinter sich ließen. Sobald sie auf den Decks der Kumbarien aufschlugen, zerplatzten sie mit einem lauten Knall. Beißender Rauch entwich, Flammen schossen empor, Feuerpfützen breiteten sich aus. Schreiend flohen die Soldaten, manche sprangen ins Wasser, während einige besonders Tapfere versuchten, die Flammen zu löschen. Doch das waren nicht die üblichen, mit glühender Holzkohle gefüllten Feuertöpfe – gegen diesen Brand konnte Wasser nichts ausrichten. Zischend verdampfte es, ohne dem flüssigen Feuer etwas anhaben zu können, das sich wie ein Raubtier in das Innere der Rümpfe fraß. Zwei Schiffe trieben bereits dahin, in Rauchwolken gehüllt; bei einem halben Dutzend anderer gerieten die Ruder außer Takt. Sie wurden langsamer, drehten sich und blockierten den folgenden Kumbarien den Weg. Einige konnten nicht schnell genug abbremsen; bis zum Ufer war das Splittern der Planken zu hören, als sich die Rammsporne in die vor ihnen treibenden Rümpfe bohrten.
    Doch nach wie vor war die Übermacht der Sarazenenschiffe ungebrochen. Nach einer kurzen Phase der Verwirrung würden sie die Christenflotte umzingeln, die Besatzungen mit einem Pfeilhagel vom Deck fegen, den Dromonen die Ruder abscheren oder sie in Grund und Boden rammen. Busr Ibn Abi Artat war ein in vielen Schlachten erfahrener Admiral. Eine Viertelstunde, mehr nicht, dann hätte er seine Überraschung überwunden, die Taktik geändert und die Schlachtordnung neu formiert.
    Doch diese Viertelstunde sollte ihm nicht vergönnt sein.
    Auf ein Trompetensignal hin lösten sich jetzt die kleinen, wendigen Boote aus dem Schutz der Dromonen. Mit raschen Ruderschlägen schoben sie sich zwischen die Rümpfe der gegnerischen Schiffe, unerreichbar für deren Steinschleudern. Oben waren sie mit Holzdächern versehen, die mit nassen Tierhäuten bespannt waren, so dass selbst die Pfeile der Bogenschützen ihnen nichts anhaben konnten. An den Seiten schien es, als ragten leicht nach oben gerichtete Baumstämme über die Reling.
    »Was wollen diese Schiffchen nur gegen die Kumbarien ausrichten?«, murmelte der Armenier kopfschüttelnd.
    Pelagia hätte es ihm sagen können, denn mit einem Schlag begriff sie den Plan, der hinter dem Manöver stand. Doch sie lächelte nur. »Wartet ab. Gleich werden wir es sehen.«
    Dutzende und Aberdutzende kleiner Boote schwärmten nun zwischen den feindlichen Kumbarien hindurch, die vollauf damit beschäftigt waren, ihre Fahrt zu verlangsamen und einander auszuweichen. Auf dem Admiralsschiff sausten die Flaggen empor, um neue Befehle zu übermitteln. Da, ein erneutes Trompetensignal, und mit einem Schlag schienen sich die Pforten der Hölle zu öffnen.
    Zuerst sah Pelagia, wie aus den überstehenden Stämmen Blitze schossen, gefolgt von Rauchwolken. Einen Augenblick später hallte der erste dumpfe Knall übers Wasser, gefolgt von einer nicht enden wollenden Donnerserie. Es klang, als fielen riesige Hagelkörner auf ein Holzdach. Aus den Stämmen der Boote, die in Wahrheit lange, mit Kupfer ausgekleidete Rohre waren,
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