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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte
Autoren: Gibson Rachel
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Häuserblock. Arm. Die Habenichtse. Sie wussten beide, was es hieß, in Segeltuchturnschuhen zur Schule zu gehen, wenn fast alle anderen welche aus Leder trugen.
    Als Erwachsene wurden sie auf unterschiedliche Weise mit der Vergangenheit fertig. Jane sparte ihr Geld, als wäre jede Gehaltsabrechnung die letzte, während Caroline enorme Summen für Designerschuhe ausgab, als wäre sie Imelda Marcos.
    Caroline deponierte ihre Gabel auf dem Tellerrand und legte eine Hand auf die Brust. »Du darfst mit den Chinooks reisen und sie interviewen, wenn sie nackt sind?«
    Jane nickte und hieb in ihr Spezialgericht, Makkaroni mit Käse und Räucherschinken, überbacken mit Croutons. Angesichts des Wetters, das draußen herrschte, war es eindeutig ein Makkaroni-Käse-Tag. »Ich kann nur hoffen, dass sie die Hosen erst runterlassen, wenn ich aus dem Umkleideraum raus bin.«
    »Das soll ein Witz sein, oder? Welchen Grund hat man denn, einen stinkenden Umkleideraum zu betreten, wenn nicht den, nackte Männer zu sehen?«
    »Zum Beispiel, um sie zu interviewen.« Nachdem sie alle an diesem Morgen kennen gelernt hatte, bekam sie es doch ein bisschen mit der Angst zu tun. Im Vergleich zu ihren knapp einssechzig waren sie riesig.
    »Glaubst du, sie würden es merken, wenn du ein paar Schnappschüsse machst?«
    »Könnte sein.« Jane lachte. »Sie wirkten gar nicht so dumm, wie man erwarten würde.«
    »Schade. Ich hätte nicht übel Lust, ein paar nackte Hockeyspieler anzugucken.«
    Nun, da Jane sie alle gesehen hatte, machte die Vorstellung, sie nackt zu sehen, ihr doch ein wenig Angst. Sie musste mit diesen Männern zusammen reisen. Mit ihnen im Flugzeug sitzen. Sie wollte nicht wissen, wie sie unbekleidet aussahen. Mit einem nackten Mann wollte sie nur dann zusammen sein, wenn sie selbst nackt war. Und wenn sie auch ausgefeilte Sexfantasien zur Sicherung ihres Lebensunterhalts schrieb, fühlte sie sich im wirklichen Leben beim Anblick unverhohlener Nacktheit doch ziemlich befangen. Sie war nicht wie die Frau, die in der Kolumne der Times über Dates und Beziehungen schrieb. Und wie Honey Pie war sie schon ganz und gar nicht.
    Jane Alcott war eine Schwindlerin.
    »Wenn du keine Fotos machen kannst«, sagte Caroline, griff wieder zur Gabel und pickte die Hühnchenstücke aus ihrem orientalischen Salat, »dann mach wenigstens Notizen für mich.«
    »Das ist in vielerlei Hinsicht unethisch«, erklärte sie ihrer Freundin. Dann fiel ihr Luc Martineaus Angebot, in ihren Kaffee zu pissen, wieder ein, und sie entschied, dass sie in diesem Fall ein wenig von ihren Ethikbegriffen abweichen konnte. »Ich habe Luc Martineaus Hintern gesehen.«
    »Au naturel?«
    »Wie Gott ihn geschaffen hat.«
    Caroline beugte sich vor. »Wie war er?«
    »Gut.« Jane stellte sich Lucs muskulöse Schultern und seinen Rücken vor, die Rinne seiner Wirbelsäule und das Handtuch, das von seinen perfekt gerundeten Hinterbacken rutschte. »Wirklich schön.« Es ließ sich nicht leugnen, Luc war ein schöner Mann. Schade nur, dass sein Charakter schwer zu wünschen übrig ließ.
    »Himmel«, seufzte Caroline, »warum habe ich keinen College-Abschluss gemacht und einen Job wie deinen gekriegt?«
    »Zu viele Partys.«
    »Oh, ja.« Caroline zögerte einen Moment, dann lächelte sie. »Du brauchst eine Assistentin. Nimm mich.«
    »Die Zeitung bezahlt mir keine Assistentin.«
    »Schade.« Ihr Lächeln erstarb, und ihr Blick senkte sich auf Janes Blazer. »Du solltest dir neue Klamotten besorgen.«
    »Ich habe neue Klamotten«, sagte Jane, den Mund voll Schinken und Käse.
    »Ich rede von neu, sprich: attraktiv. Du trägst zu viel Schwarz und Grau. Man wird sich fragen, ob du depressiv bist.«
    »Ich bin nicht depressiv.«
    »Vielleicht nicht, aber du solltest trotzdem Farben tragen. Besonders Rot- und Grüntöne. Du wirst die ganze Saison über mit großen, starken, testosterongesteuerten Männern auf Reisen sein. Das ist die perfekte Gelegenheit, das Interesse eines Kerls an dir zu wecken.«
    Janes Reisen mit dem Team waren rein geschäftlicher Art. Sie hatte nicht die Absicht, das Interesse eines Mannes zu wecken. Schon gar nicht das eines Hockeyspielers. Schon gar nicht eines Hockeyspielers wie Luc Martineau. Als sie sein Angebot, ihren Kaffee betreffend, abgelehnt hatte, hätte er um ein Haar gelächelt. Um ein Haar. Stattdessen hatte er gesagt : Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie’s sich mal anders überlegen sollten. Und wie er es gesagt hatte. Er war ein Angeber,
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