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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte
Autoren: Gibson Rachel
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aber er hatte so hart für dieses Leben gearbeitet. Er hatte sich aus dem Chaos befreit, um ein gewisses Maß an Ruhe zu finden.
    »Ich brauche Geld.«
    Luc unterbrach die Beobachtung der Suppentassen, die sich in der Mikrowelle drehten, und wandte sich seiner Schwester an der Küchentür zu. Sie hatten bereits über ein eigenes Konto für Marie gesprochen. »Wenn wir das Haus deiner Mutter verkauft haben und deine Waisenrente kommt …«
    »Ich brauche aber heute Geld«, fiel sie ihm ins Wort. »Jetzt gleich.«
    Er griff nach dem Portemonnaie in seiner Gesäßtasche. »Wie viel brauchst du?«
    Sie zog leicht die Stirn kraus. »Sieben oder acht Dollar, glaube ich.«
    »Du weißt es nicht genau?«
    »Gib mir sicherheitshalber zehn.«
    Neugierig geworden und auch, weil er sich verpflichtet glaubte, fragen zu müssen, erkundigte er sich: »Wofür brauchst du das Geld?«
    Ihre Wangen röteten sich. »Ich habe nicht die Grippe.«
    »Was hast du dann?«
    »Ich habe Krämpfe und nichts dagegen im Haus.« Sie senkte den Blick auf ihre bestrumpften Füße. »Ich kenne keine Mädchen, die ich fragen könnte, und als ich zur Schulsanitäterin kam, war es schon zu spät. Deswegen musste ich früher nach Hause gehen.«
    »Wozu war es zu spät? Wovon redest du überhaupt?«
    »Ich habe Krämpfe, und ich habe keine …« Sie wurde hochrot im Gesicht und platzte heraus: »Tampons. Ich habe im Bad nachgesehen, weil ich dachte, vielleicht hat eine von deinen Freundinnen welche hier gelassen. Aber da sind keine.«
    In dem Moment, als Luc Maries Problem endlich begriff, klingelte die Mikrowelle. Er öffnete die Klappe und verbrannte sich die Daumen, als er die Suppentassen auf die Arbeitsplatte stellte. »Oh.« Einer Schublade entnahm er zwei Löffel, und weil er nicht wusste, was er sagen sollte, fragte er einfach: »Willst du Cracker dazu?«
    »Ja.«
    Irgendwie erschien sie ihm nicht alt genug dafür. Hatten Mädchen schon mit sechzehn ihre Periode? Anscheinend ja, aber Luc hatte sich noch nie Gedanken darüber gemacht. Er war als Einzelkind aufgewachsen und hatte nie etwas anderes als Hockey im Kopf gehabt.
    »Möchtest du vielleicht ein Aspirin?« Eine seiner früheren Freundinnen hatte immer ein Schmerzmittel genommen, wenn sie Krämpfe hatte. Wenn er rückblickend darüber nachdachte, waren sein Geld und ihrer beider Abhängigkeit das Einzige, was sie gemeinsam gehabt hatten.
    »Nein.«
    »Nach dem Essen gehen wir einkaufen«, sagte er. »Ich brauche ein neues Deodorant.«
    Schließlich hob sie den Blick, rührte sich jedoch nicht vom Fleck.
    »Oder soll ich gleich gehen?«
    »Ja.«
    Er sah sie an, wie sie da stand, peinlich berührt und genauso verlegen wie er selbst. Das schlechte Gewissen, das ihn kurz vorher noch geplagt hatte, war wie weggeblasen. Es war bestimmt richtig, sie in ein Internat zu schicken, wo sie unter gleichaltrigen Mädchen lebte. In einem Mädcheninternat würde man über Krämpfe und andere Frauengeschichten Bescheid wissen.
    »Ich hole meine Schlüssel«, sagte er. Jetzt musste er sich nur noch überlegen, wie er ihr seinen Entschluss beibrachte, ohne den Eindruck zu erwecken, dass er sie loswerden wollte.

2. KAPITEL
     

Austausch von Höflichkeitsfloskeln: Ein Kampf
     
    »Sag das noch mal?« Caroline Masons Gabel verhielt auf halbem Weg zum Mund, ein Blättchen Salat und ein Stück Hühnchen blieben in der Schwebe.
    »Ich berichte über die Spiele der Chinooks und begleite sie auf ihren Reisen«, wiederholte Jane ihrer Sandkastenfreundin zuliebe.
    »Das Hockeyteam?« Caroline arbeitete bei Nordstrom und verkaufte ihre Lieblingssuchtmittel: Schuhe. Was ihr Äußeres betraf, bewegten sie und Jane sich an entgegengesetzten Enden der Skala. Sie war groß, blond und blauäugig, eine wandelnde Reklame für Schönheit und guten Geschmack. Und ihre Temperamente waren einander auch nicht ähnlicher. Jane war introvertiert, während Caroline jeden Gedanken und jedes Gefühl heraussprudeln musste. Jane bestellte aus Katalogen. Caroline hielt Kataloge für Werkzeuge des Satans.
    »Ja, deshalb bin ich in der Gegend. Ich komme gerade von einem Treffen mit dem Besitzer und dem Team.« Die beiden Freundinnen waren wie Feuer und Eis, Nacht und Tag, waren jedoch durch Herkunft und Werdegang zusammengeschweißt.
    Carolines Mutter war mit einem Brummifahrer durchgebrannt und hatte sich nur sporadisch blicken lassen. Jane war völlig ohne Mutter aufgewachsen. Sie hatten in Tacoma Tür an Tür gewohnt, im selben tristen
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