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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft
Autoren: O Kalemi
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Polizeiwache. Ein Beamter, der hinter einer Theke stand, wies mich an, den Gürtel abzunehmen, den ich um meine Jeans trug. Als ich ihn dem Mann gab, steckte er ihn in einen Plastikbeutel. Dann machte er meine Handtasche auf und notierte, was sich darin befand.
    »Ist das alles?«, fragte er, als er mein Portemonnaie öffnete und eine Fünfpfundnote darin sah.
    Eines von den Thaimädchen hatte etwa eintausend Pfund in bar bei sich. Ich zeigte den jüngsten Beleg einer Überweisung, die ich in die Ukraine getätigt hatte. Ich hatte es geschafft, Tamara eine Kleinigkeit zu schicken und endlich mit der Abzahlung meiner Schulden zu beginnen.
    »Aha.« Er lächelte, und ich erwiderte sein Lächeln, allerdings nur, weil ich die Ironie sah – offenbar dachte er, Frauen wie ich hätten viel Geld. In Wirklichkeit hatte ich nichts.
    Der Polizist nahm mir meinen Schmuck ab und legte ihn in einen weiteren Plastikbeutel, dann gab er mir ein Formular, auf dem vermerkt war, was sie mir abgenommen hatten. Danach führte man mich in eine Zelle, und dann wurde die Tür verriegelt.
    Ich sah mich um. Der Raum war kahl, es gab nur eine Kunststoffmatratze auf einer Art Podest, ein Kissen und eine dunkelblaue Decke. Durchs Fenster konnte ich nicht sehen, denn es hatte eine Milchglasscheibe; und dann war da noch eine Toilette in der Ecke. Jetzt war es also doch nochpassiert: Wie eine Verbrecherin hatte man mich ins Gefängnis gesperrt. Ich setzte mich auf das Bett und fing an zu weinen. Jetzt bekam ich es allmählich mit der Angst zu tun. Wieso war ich hier? Ich musste wieder in die Sauna zurück und Geld für Sascha und Luda verdienen, musste zurückzahlen, was sie gestohlen hatten.
    Ich presste mir das Kissen aufs Gesicht, als ich auf den Boden glitt, doch selbst meine stummen Schreie konnten meine Angst nicht vertreiben. Dies war nun wohl das Ende. Es war jetzt das dritte Mal, dass die Polizei mich geschnappt hatte, und mit meinem Glück war es offenbar vorbei. Diesmal würden sie mich nicht wieder laufen lassen. Sie würden mich in die Ukraine zurückschicken, wo ich meinen Kindern beim Verhungern zusehen konnte, ehe ich dann selber starb. Ich schlug den Kopf gegen die Wand, als meine Gedanken wild durcheinandergingen. Ich wollte, dass es aufhörte, wollte, dass meine Angst verschwand. Ich musste tapfer sein.
    »Geht es Ihnen gut?«, hörte ich eine Stimme, und ich schaute hoch und sah einen Polizisten vor mir stehen.
    »Ja.«
    »Wieso sitzen Sie denn auf dem Fußboden?«
    »Ich mag das.«
    »Na ja, wenn Sie meinen.« Er beugte sich zu mir runter. »Möchten Sie irgendwas trinken?«
    »Einen Kaffee? Stark, ohne Zucker.«
    »Na gut.«
    Ein paar Minuten später kam der Mann mit einem Kaffee zurück.
    »Sie sollten sich keine Sorgen machen«, sagte er und gab mir den Kaffee. »Es ist schon spät, und Sie sollten ein bisschen schlafen.«
    »Aber was passiert denn jetzt mit mir? Ich verstehe das alles nicht.«
    »Wir warten noch auf einen Anwalt und einen Dolmetscher. Sie haben keinen Pass und auch keine Reisedokumente, also ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie illegal hier sind.«
    Der Mann machte einen sehr freundlichen Eindruck, wie er so mit mir sprach. In der Ukraine hatte ich mich vor Polizisten immer gefürchtet, denn die schlugen einen oder zwangen einen, Papiere zu unterschreiben, auf denen man bestätigte, etwas getan zu haben, was man in Wirklichkeit gar nicht getan hatte. Doch dieser Mann schien anders zu sein. Nach einer Weile ging er wieder.
    Ich weiß nicht, wie lange ich in dieser Zelle war – jede Minute kam mir wie Stunden vor, und bald geriet ich in Panik. Ich hämmerte gegen die Tür.
    »Bitte, kann ich eine Zigarette haben?«
    Diesmal kam ein anderer Polizist. »Eine Zigarette? Da muss ich nachfragen.« Er war ein paar Minuten weg, dann kam er wieder, schloss die Zelle auf und holte mich raus. Er gab mir ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug.
    Dankbar zündete ich eine Zigarette an und blies den Rauch aus. Mir war so kalt, ich konnte einfach nicht aufhören zu zittern. Als ich zwei Zigaretten geraucht hatte, kam der Polizist auf mich zu, um mich zurück in die Zelle zu bringen.
    »Na, dann wollen wir mal wieder reingehen«, sagte er.
    »Bitte lassen Sie mich noch ein bisschen draußen bleiben«, bat ich. »Ich will nicht wieder in diesen Raum.«
    Der Mann blieb stehen. »Noch fünf Minuten dann«, sagte er freundlich.
     
    Die Zellentür ging auf, ich schaute hoch und sah eine Frau an der Tür stehen. Wieder
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