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Shit

Shit

Titel: Shit
Autoren: Joerg Schmitt-Killian
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starrte Marco wütend an.
    Ein stechender Blick.
    Bedrohlich. Angsterregend.
    „Ich warne dich, Freundchen. Wenn du was nimmst, dann kannst du deine Koffer packen!“
    Dann ließ er sich mit seiner Flasche Bier wieder in den Sessel fallen und starrte auf den Fernseher.
    Marco drehte sich um, lief die Treppe hinauf und sah, dass seine Mutter weinte.
    Sie streckte ihre Hand aus, aber Marco machte eine abwehrende Handbewegung, lief weiter und schlug die Tür seines Zimmers hinter sich zu.
    Mit der Wut stiegen auch die Tränen in seine Augen.
    Keiner sollte seinen Gefühlsausbruch miterleben.
    Der da unten schon gar nicht.
    Und Mama tat ihm nur leid.

    Am Montagmorgen tauschten die Freunde auf dem Schulhof unter dem großen Kastanienbaum erneut ihre Erfahrungen mit den Reaktionen der Eltern aus. Dieser Gedankenaustausch schien wie das Kiffen inzwischen ein fester Bestandteil ihres Alltags zu sein.
    „Mein Vater würde ausrasten und mich kaputtschlagen, wenn er was herausbekommen würde“, seufzte Anja. Das konnte sielocker sagen, denn sie hatte am Samstag wieder nicht mitgekifft.
    Ihr Trick funktionierte weiterhin, aber sie fühlte sich wieder wie eine Verräterin.
    Irgendwann würden die anderen es merken und vor diesem Tag hatte Anja Angst.
    Kais Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
    „Meine Mutter wollte nur wissen, ob ich Bier getrunken habe und wenn ja, dann sollte ich bitte in den Eimer und nicht aufs Bett kotzen.“
    Alle lachten.
    „Und, Alldah, hast du auch schön gekotzt?“, fragte Andy.
    „Nö, aber ich hatte nachts einen wahnsinnigen Kohldampf und habe den halben Kühlschrank leergefressen!“, antwortete Kai. „Und du?“
    „Na ja, meine Eltern haben schon gemerkt, was mit mir los war.“ Andy zuckte mit den Schultern. „Aber sie waren echt cool. Mein Vater hat sogar zugegeben, dass er früher selbst mal Haschisch probiert hat. Trotzdem findet er, ich soll nicht weiterrauchen, denn jeder Mensch reagiere unterschiedlich auf Drogen. Ich könne auch zu ihm kommen, wenn ich mal Mist gebaut habe.“
    Irgendwie war Andy erleichtert, dass er mit seinem Vater darüber reden konnte. Er glaubte in den Augen der anderen zu erkennen, dass sie ihn beneideten und einige sich auch mehr Verständnis und Gespräche ohne Vorwürfe gewünscht hätten.
    Nur der sonst so stille Marco flippte plötzlich völlig aus. „Und wenn der jetzt mit unseren Eltern redet?!“, schrie er. „Hey, das war echt scheiße, dass du es zugegeben hast!“
    „Bleib cool, Brauner! Mein Alter wird sich da nicht einmischen. Er sagt, das müssten eure Eltern schon selbst regeln. Also keine Panik, okay?“
    Bereits kurze Zeit später fanden die meisten es stinklangweilig, bloß über Kiffen und Eltern zu reden. Einige wollten nur noch selten oder nie mehr Haschisch rauchen. Okay, ab und zu mal auf ’ner Fete, aber nicht regelmäßig.
    Nur Marco rauchte mehrmals in der Woche. Die Androhungen seines Vaters hatten ihn nicht abgeschreckt. Im Gegenteil.
    Am Anfang hatte Marco hauptsächlich geraucht, weil er in der Clique nicht das Gesicht verlieren wollte. Seit die anderen nur noch selten kifften, zog er sich seine Joints alleine rein. Conny versorgte ihn weiterhin mit Shit. Und Marco zog sich immer mehr aus der Clique zurück. Er hatte einfach keinen Bock mehr, irgendetwas gemeinsam zu unternehmen.
    Außerdem war er sowieso dauermüde.
    Na ja, und in der Schule sah es auch nicht rosig aus: Seine Noten waren unterirdisch schlecht.
    Aber das war Marco egal, shitegal.
    Es stimmte scheinbar, dass Haschisch gleichgültig machte.
    Er hatte keinen Bock mehr.
    Auf nichts. Nur Bock auf breit sein.

    Conny vertickte inzwischen immer häufiger 100-Gramm-Platten, portionierte nur noch selten Rauchpieces und kaufte bei Volker jeweils ein Kilo Haschisch ein.
    Marco hatte die letzten Euro von seinem Sparbuch abgehoben. Nun musste er alle Dinge verkaufen, die ihm als Kind sehr viel bedeutet hatten und an denen sein Herz immer noch hing: Loks, Züge und Schienen seiner Märklin-Modelleisenbahn, Faller-Häuser, Wiking-Autos, das alte Standfernrohr von Opa, das handgeschnitzte Schachspiel von Onkel Max, das Tischfussballspiel und den ferngesteuerten Geländewagen.
    Es fühlte sich für Marco an, als wäre dies der Ausverkauf seiner Kindheit.

    Anjas Vater war fest davon überzeugt, dass seine Tochter einen „schlechten Umgang“ hatte. Sie verhielt sich in der letzten Zeit so widerspenstig und irgendwie seltsam. Aufmüpfig war sie und protestierte ständig gegen
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