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Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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ich meine Geschichte beendet hatte. »Was
    werden Sie jetzt anfangen?«
    »Wohnung suchen, antwortete ich. »Ich muß versuchen, eine bequeme Bleibe zu einem
    annehmbaren Preis zu finden.«
    »Das ist mal eine seltsame Sache«, sagte daraufhin mein Begleiter nachdenklich, »Sie sind heute schon der Zweite, der mir gegenüber den gleichen Wunsch ausspricht.«
    »Und wer war der erste?« fragte ich neugierig.
    »Ein junger Akademiker, der viel im chemischen Laboratorium des Krankenhauses arbeitet.
    Er beklagte sich heute morgen, daß er niemanden finden könne, der eine schöne Wohnung, die er gefunden hatte, mit ihm teilen will. Für ihn alleine ist sie zu teuer.«
    »Lieber Gott«, rief ich, »wenn das wirklich der Fall ist, dann bin ich der richtige Mann. Ich möchte viel lieber mit einem Kameraden zusammen wohnen, als alleine zu leben.«
    Über sein Weinglas hinweg sah mich der junge Stamford mit einem merkwürdigen Blick an.
    »Sie kennen Sherlock Holmes noch nicht«, sagte er. »Vielleicht haben sie gar keine Lust, ihn als ständigen Partner um sich zu haben.«
    »Wieso, was gibt es gegen ihn zu sagen?«
    »Oh, das habe ich nicht gemeint — aber er hat ein paar außergewöhnliche Ideen - Enthusiast in gewissen Zweigen der Naturwissenschaft, ja, aber soviel ich weiß, ist er ein anständiger Kerl.«
    »Medizinstudent?«
    »Nein, ich habe keine Ahnung, was er studiert. Ich glaube, er ist ganz gut in Anatomie und ein erstklassiger Chemiker ist er auch. Aber soviel ich weiß, hat er nie die Seminare der systematischen Medizin besucht. Seinen Studienplan hat er punktuell und exzentrisch
    zusammengestellt. Aber er hat großes Wissen in einigen Grenzgebieten der Medizin
    angehäuft, womit er seine Professoren ständig in Erstaunen versetzt.«
    »Haben Sie ihn niemals gefragt, was er eigentlich werden will?« fragte ich.
    »Nein, er ist nicht der Typ, den man leicht ausfragen kann, obgleich er auch ein guter Kumpel sein kann, wenn er gerade Lust dazu hat.«
    »Ich möchte ihn gerne kennenlernen«, sagte ich, »wenn ich schon mit jemandem
    zusammenziehe, dann würde ich einen Akademiker mit ruhigen Lebensgewohnheiten
    vorziehen. Ich bin noch nicht wieder gesund genug, um viel Lärm und Aufregung vertragen zu können. Von beidem hatte ich in Afghanistan so viel, daß es mir bis ans Ende meines Daseins langt. Wo kann ich Ihren Freund treffen?«
    »Er ist jetzt sicherlich im Laboratorium«, erwiderte mein Begleiter. »Entweder sieht man ihn dort wochenlang nicht, oder er arbeitet Tag und Nacht. Wenn Sie wollen, können wir gleich nach dem Essen hinfahren.«
    »Gewiß«, antwortete ich. Danach unterhielten wir uns über andere Dinge.
    Auf dem Weg vom Holborn zum Krankenhaus erzählte mir Stamford ein paar Einzelheiten
    über meinen eventuellen Wohnungspartner.
    »Sie dürfen mir aber nicht die Schuld geben, wenn Sie sich nicht vertragen«, sagte er. »Ich habe ihn nur ein paarmal im Labor getroffen und weiß nicht viel von ihm. Sie haben das Arrangement vorgeschlagen, also trage ich keine Verantwortung. «
    »Wenn wir uns nicht vertragen sollten, wird es leicht sein, uns wieder zu trennen«, antwortete ich.
    »Es scheint mir, Stamford«, fügte ich hinzu und sah meinen Begleiter scharf an, »daß Sie Gründe haben, Ihre Hände derart in Unschuld zu waschen. Hat der Mann ein so fürchterliches Temperament oder was ist es? Reden sie nicht so drum herum.«
    »Es ist nicht leicht, das Unsagbare auszudrücken«, sagte er lachend. »Holmes ist ein bißchen zu wissenschaftlich für meinen Geschmack — er wirkt fast kaltblütig. Ich könnte mir gut vorstellen, daß er einem Freund eine kleine Prise eines neugefundenen Giftes gibt. Nicht, daß er etwas gegen ihn hat, nein, das wirklich nicht, sondern nur, um die genaue Wirkung dieses Giftes festzustellen. Man muß ihm allerdings Gerechtigkeit widerfahren lassen, denn ich glaube, daß er ein neues Medikament ebenso selbstverständlich an sich selber ausprobieren würde. Er scheint eine große Vorliebe für gründliches und exaktes Wissen zu haben.«
    »Und das mit Recht.«
    »Ja, aber er übertreibt es. Wenn es dahinkommt, daß er mit Stockhieben auf die Leichen im Anatomiesaal einprügelt, dann nimmt sein Forschungseifer sicherlich bizarre Formen an.«
    »Was, er prügelt auf Leichen ein?«
    »Ja, um sich zu vergewissern, inwieweit man jemandem blaue Flecken und Wunden noch
    nach dem Tode beibringen kann. Ich habe das mit eigenen Augen gesehen.«
    »Und trotzdem ist er kein
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