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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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das Oberhandnehmen der Schalentiere verhindern. Sie und ich Watson, wir haben unsere Pflicht getan. Soll trotzdem die Welt von Austern überflutet werden? Nein, nein, grässlich! Nun gehen Sie und berichten Mr Smith getreulich, wie es hier steht.«
    Ich verließ ihn, erfüllt von dem Eindruck dieses großartigen Intellekts, der jetzt kindisch vor sich hin redete. Er hatte mir den Schlüssel gegeben und ich kam auf den guten Gedanken ihn einzustecken, damit er sich nicht etwa einschlösse. Draußen fand ich Mrs Hudson zitternd und weinend. Als ich die Treppe hinunterging, hörte ich Holmes’ hohe dünne Stimme unmelodisch singen. Unten auf der Straße, als ich eine Droschke herbeipfiff, kam ein Mann zu mir durch den Nebel.
    »Wie geht es Mr Holmes?«, fragte er.
    Es war ein alter Bekannter, Inspektor Morton von Scotland Yard, in Zivilkleidung.
    »Es geht ihm sehr schlecht«, antwortete ich.
    Er sah mich auf eine sehr eigentümliche Art an. Es schien mir fast, als leuchte das Gesicht vor Schadenfreude auf.
    »Ich hatte etwas davon gehört«, sagte er.
    Die Droschke fuhr heran, und ich verließ ihn.
    Lower Burke Street erwies sich als eine Zeile feiner Häuser in der ansprechenden Gegend zwischen Notting Hill und Kensington. Das gesuchte Haus, vor dem der Kutscher mich absetzte, war von ernstem, aber nicht unschönem Aussehen, mit altmodischem eisernen Gitterwerk, einer schweren Doppeltür und blankgeputztem Messing. Auf mein Klingeln erschien ein feierlicher Diener.
    »Jawohl, Mr Smith ist zu Hause.« Er las meine Karte. »Herr Doktor Watson! Ich bitte, sich einen Augenblick zu gedulden, ich werde Sie anmelden.«
    Mein bescheidener Name und Titel schienen auf Mr Culverton Smith keinen Eindruck zu machen. Durch die halboffene Tür vernahm ich eine hohe, ärgerliche, durchdringende Stimme.
    »Wer ist das? Was will er? Mein Gott, Staples, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich zu meinen Studierzeiten nicht gestört sein will!«
    Ich hörte den Diener ein paar besänftigende Entschuldigungen sprechen.
    »Schon gut, aber ich empfange jetzt niemand. Ich kann meine Arbeit nicht einfach im Stich lassen. Ich bin nicht zu Hause. Sagen Sie ihm das. Er soll morgen früh wieder kommen, wenn er mich wirklich so dringend sprechen muss.«
    Wieder hörte ich die leise Stimme des Dieners.
    »Alles schön und gut, aber ich lasse mich nicht in meiner Arbeit stören. Sagen Sie ihm das! Er kann ja morgen früh kommen oder meinetwegen lieber wegbleiben.«
    Ich dachte an Holmes, wie er in seinem Bett nach Atem rang und wahrscheinlich die Minuten zählte, bis die erhoffte Hilfe erscheine. Hier musste alle zeremonielle Höflichkeit weichen. Sein Leben hing von meinem Erfolg ab. Ehe mir noch der Diener den ablehnenden Bescheid seines Herrn überbracht hatte, war ich an ihm vorbei in das Zimmer getreten.
    Mit einem ärgerlichen Ausruf erhob sich ein Mann von einem Stuhl neben dem Kaminfeuer. Ich sah ein großes gelbes Gesicht, grob geschnitten, mit starkem Doppelkinn und zwei drohend blickenden grauen Augen, die unter buschigen, gelben Brauen hervor Blitze nach mir schossen. Auf dem kahlen Schädel saß, beinahe kokett zur Seite geschoben, eine kleine Samtmütze. Dieser Schädel musste ein ungewöhnlich großes Gehirn bergen, und doch, als ich die ganze Gestalt ins Auge fasste, erschien mir der Körper des Mannes klein und schwächlich, mit vorgebeugten Schultern, wie bei jemand, der als Kind an Rachitis gelitten hat.
    »Was soll das?«, schrie er mit hoher Stimme. »Was erlauben Sie sich, hier einzudringen? Habe ich Ihnen nicht sagen lassen, ich sei morgen früh für Sie zu sprechen?«
    »Es tut mir leid, aber die Sache duldet keinen Aufschub. Mein Freund Sherlock Holmes ...«
    Die Erwähnung dieses Namens war von außerordentlicher Wirkung auf diesen kleinen Mann. Der Ärger verschwand sogleich aus seinem Blick. Sein Gesicht verriet gespannte Neugier.
    »Sie kommen von Sherlock Holmes?«, fragte er.
    »Ich habe ihn soeben erst verlassen.«
    »Was macht Mr Holmes, wie geht es ihm?«
    »Es geht verzweifelt schlecht. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.«
    Der Mann bot mir einen Stuhl an, und wir setzten uns. Bei dieser Gelegenheit sah ich einen Augenblick lang sein Gesicht in dem Spiegel über dem Kaminsims. Ein boshaftes, gemeines Lächeln schien sich darüber zu breiten. Aber ich überredete mich, es müsse ein nervöses Zucken gewesen sein, das ich zufällig gewahrte, denn im nächsten Augenblick wandte er sich mir zu mit vollendeter

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