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Sharpes Lösegeld

Sharpes Lösegeld

Titel: Sharpes Lösegeld
Autoren: Bernard Cornwell
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Licht.«
    »Sie werden ihnen befehlen, wegzugehen, Madame!«, beharrte Lorcet.
    »Was?«, rief Lucille mit großen Augen. »Ich soll meinen Nachbarn sagen, dass sie mir an Heiligabend keine Weihnachtslieder singen sollen? Nein, Monsieur, das bringe ich nicht übers Herz.«
    »Dann lassen wir einfach das Tor verriegelt«, entgegnete Sergent Challon. »Sollen sie sich doch zu Tode frieren. Die haben bald keine Lust mehr. Und Sie, Madame, sollten lieber beten, dass Ihr Engländer das Gold bringt.«
    Lucille stieg die Treppe hoch. »Beten werde ich, Sergent«, versicherte sie Challon, »aber nicht darum.« Sie ging hinauf zu ihrem Kind.
    »Miststück«, sagte Challon und folgte ihr. Während draußen der Chor weitersang.

    »Hier gab es mal eine dritte Brücke über den Graben«, erklärte Jacques Malan. »Sie führte zur Kapelle, aber die haben sie schon vor Jahren abgerissen. Die Steinpfeiler sind aber noch da, sehen Sie? Sie reichen noch bis knapp unter den Wasserspiegel.«
    Malan hatte nicht nur seine Muskete geholt, sondern auch seine alte Uniform angelegt, sodass er nun das prächtige Blau, Weiß und Scharlachrot von Napoleons Alter Garde trug, auch wenn sich Weste und Jacke über dem dicken Bauch nicht mehr zuknöpfen ließen. Dennoch sah er gut aus in der Uniform, und so gewappnet hatte er Sharpe auf einem weiten Bogen durch die Wälder geführt. Sie näherten sich dem Château von Osten, durch das Haupthaus und das Dach der Kapelle vor der Entdeckung vom Wachturm aus geschützt.
    Malan zerstörte mit dem Musketenkolben vorsichtig die dünne Eisschicht auf dem Graben. »Hier«, sagte er, als der Kolben auf Stein traf. Er trat vorsichtig hinüber und stand auf dem Pfeilerstumpf. Eine Handbreit Wasser umspielte seine Stiefel. Er tastete nach dem nächsten Stein. »Insgesamt waren es fünf Pfeiler«, erklärte er Sharpe. »Wenn Sie einen verfehlen, fallen Sie natürlich ins Wasser.«
    »Aber was machen wir, wenn wir drüben sind?«, wollte Sharpe wissen, denn die Pfeiler führten nur zu einer nackten Steinmauer.
    »Wir klettern aufs Dach«, sagte Malan. »Da ragt ein Stein heraus, sehen Sie ihn?« Er zeigte darauf. »Wir werfen ein Seil darüber und klettern.«
    Und sobald sie auf dem Dach der Kapelle waren, dachte Sharpe, kamen sie an ein Fenster zu einer alten Dachkammer mit Gerümpel aus achthundert Jahren. Die Dachkammer führte hinüber zum Haupthaus, wo es eine Falltür in das große Schlafzimmer gab. Er war bisher nur ein Mal in der Dachkammer gewesen und hatte verwundert die Kramsammlung der Familie Lucilles betrachtet. Es gab dort eine komplette Ritterrüstung und kistenweise verschimmelte Kleider, uralte Pfeile, eine Armbrust, einen Wetterhahn, der vom Giebel der Kapelle gefallen war, einen ausgestopften Hecht, den Lucilles Großvater gefangen hatte, und ein Schaukelpferd, das Sharpe für Patrick herunterzuholen gedachte, obwohl er sich insgeheim sorgte, das Spielzeug könnte dem Jungen die Idee in den Kopf setzen, zur Kavallerie zu gehen.
    »Die Schande würde ich nicht überleben«, sagte er laut.
    »Was für eine Schande?«, fragte Malan. Er stand auf dem dritten Pfeilerstumpf und stocherte nach dem vierten.
    »Wenn Patrick zur Kavallerie geht.«
    »Mon Dieu! Das wäre entsetzlich!«, stimmte Malan zu, dann sprang er über die letzten Steine auf den schmalen Sims, der die Kapelle umlief. Er streckte die Muskete aus und half Sharpe über die letzten beiden Pfeiler. »Sie singen gut!« Er meinte den Chor der Dorfbewohner. »Singen Sie auch in England so etwas wie Weihnachtslieder?«
    »Selbstverständlich tun wir das.«
    »Aber mein Capitaine sagte immer, die Engländer glauben nicht an Gott.«
    »Sie glauben aber an Essen und Trinken gratis«, erwiderte Sharpe.
    »Vielleicht sind sie ja doch nicht so verrückt«, räumte Malan ein. »Aber haben Sie was zu trinken im Haus, Monsieur? Nicht, dass ich ein Trinker wäre, keineswegs.«
    »Ich habe guten Calvados«, sagte Sharpe und sah zu, wie Malan ein Seil aus einer Tasche seines Gardistenmantels zog. »Ich gehe zuerst«, sagte Sharpe.
    »Sie werden mir folgen!«, widersprach Malan und warf das Seil in einer Schlaufe über den vorstehenden Stein. »Ich mache das nicht zum ersten Mal. Sie halten die Muskete.«
    Für einen so großen Mann war Malan erstaunlich behände, doch als er das Kapellendach erreichte, atmete er schwer. »Das habe ich früher in ein paar Sekunden geschafft«, brummte er.
    »Ich dachte, Sie hätten es nur ein Mal gemacht?«, fragte
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