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Sharpes Lösegeld

Sharpes Lösegeld

Titel: Sharpes Lösegeld
Autoren: Bernard Cornwell
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Vicomte de Seleglise.« Sie lachte. »Aber Jacques ist kein schlechter Mensch. Er ist nur enttäuscht.«
    »Er ist ein fauler Hund«, erwiderte Sharpe. »Ich habe das Holz für den Pfarrer geschlagen, und Jacques sollte es abholen, aber hat er das getan? Teufel, er tut nichts weiter, als das Geld seiner Mutter zu versaufen.« Wenn Sharpe an Jacques Malan dachte, wurde er jedes Mal wütend, denn Malan schien entschlossen zu sein, Sharpe durch seine Unfreundlichkeit aus dem Dorf zu ekeln. Der große Kerl war geschlagen von Waterloo heimgekehrt und saß seitdem schmollend im Dorf herum. Er arbeitete nicht, er hatte keine Einkünfte, er hockte nur herum und betrachtete wütend die Welt, die an ihm vorüberzog, träumte von der Zeit, als die Soldaten des Kaisers durch ganz Europa marschiert waren. Das übrige Dorf hatte Angst, sich mit ihm anzulegen, denn Jacques Malan besaß zwar weder Land noch Vermögen, aber er hatte einen unleugbar zwingenden Charakter und war stark wie ein Ochse. »Er war Sergent, richtig?«, fragte Sharpe.
    »Ein Sergent der Kaiserlichen Garde«, bestätigte Lucille. »Der Alten Garde sogar.«
    »Und ich bin der einzige Feind, der ihm geblieben ist, also besteht keine große Hoffnung, dass er mir hilft, den Graben zu säubern. Zur Hölle mit ihm«, sagte Sharpe. »Schläft Patrick?«
    »Tief und fest«, sagte Lucille, dann runzelte sie die Stirn. »Warum sagt ihr, jemand schläft fest? Warum schlafen sie nicht locker? Ich finde eure Sprache verrückt.«
    »Fest oder locker, wen kümmert es? Solange das Kind schläft, ist alles gut, oder? Also, was machen wir heute Abend?«
    Lucille löste sich aus seinen Armen. »Erst einmal essen wir.«
    »Und danach?«
    Lucille ließ sich von ihm fangen. »Wer weiß?«, fragte sie, obwohl sie es wusste. Sie schloss die Augen und betete, dass Sharpe in der Normandie blieb, denn sie befürchtete, dass das Dorf ihn doch noch vertrieb. Ein Mann konnte ohne Freunde nicht leben, und Sharpes Freunde waren weit weg, zu weit weg, und sie wollte, dass er glücklich war.
    Doch es war ihr Hof und das Haus ihrer Ahnen, und sie konnte den Gedanken, Seleglise zu verlassen, nicht ertragen. Lass uns bleiben, lieber Gott, betete sie, mach Richard hier glücklich und lass uns bleiben.

    An Heiligabend wachte Sharpe frühmorgens auf. Er schwang sich aus dem Bett, nahm seine Kleidung vom Stuhl neben der Tür, blieb stehen und warf einen Blick auf seinen Sohn, der in seiner Wiege am Fußende des Bettes schlief, dann verließ er das Zimmer auf Zehenspitzen, um Lucille nicht zu wecken. Er eilte in die Küche, wo er sich, noch immer nackt, vor den Herd kauerte, am Aschenrost rüttelte und Holz nachlegte.
    »Bonjour, Monsieur!« Die alte Marie, die einzige Dienstbotin, die sie noch beschäftigten, sah ihn aus der Speisekammer an.
    »Du bist aber früh auf«, erwiderte Sharpe und bedeckte seine Blöße mit dem Hemd.
    »Wer früh aufsteht, bekommt das Beste zu sehen«, entgegnete die alte Frau, »und ziehen Sie sich warm an, Monsieur, es wird schneien.«
    »Hier schneit es nie«, sagte Sharpe.
    »Genug, um des Teufels Schritte zu dämpfen«, sagte Marie unheilvoll und schloss die Tür der Speisekammer, damit Sharpe sich anziehen konnte.
    Er zog sich sehr warm an, denn er wusste, dass die Kälte draußen brutal sein würde. Er nahm sein Gewehr vom Kaminsims und steckte ein paar Patronen ein.
    Dann streifte er sich eine Wollmütze über, entriegelte die Hintertür und trat in den Hof, wo die Kälte ihn traf wie ein Keulenschlag. Er zog die Stalltür auf und ließ Nosey hinaus. Der Hund tollte und sprang, bis Sharpe ihm den Befehl zuknurrte, bei Fuß zu gehen. Gemeinsam überquerten sie den Graben, auf dem eine Eisschicht lag. Die Binsen am Ufer waren spröde und scharf vom Frost, und in den kahlen Bäumen auf dem Hang über dem Hof hing ein perliger Nebel. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, die Welt lag grau im dünnen Licht zwischen Nacht und Tag, jenem Halblicht, in dem sich die Vorposten Bewegung in den Schatten einbildeten und die Lagerfeuer alles in Rauchnebel zu tauchen schienen. Alte Zeiten, dachte Sharpe, alte Zeiten und Vergangenheit. Auf der Welt herrschte Frieden, und er war jetzt ein Bauer.
    Er stieg den Hang hoch, und der Hund trottete hinter ihm her. Als er den Kamm erreichte, blickte Sharpe zurück und bemerkte, dass der Rauch aus den Schornsteinen des Hauses nach Osten trieb. Er musste also einen Bogen um den großen Wald schlagen, damit er gegen den Wind ins Tal kam, wo
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